Wieder eine tolle Folge eines hochinteressanten Formats. Und zu dem Umgang mit dem Ende (nur als Kontrast, da es ja nun schon oft genug kam und von euch vermerkt wurde): Fand es nicht so schlimm wie andere hier. Konnte das auch mit Kenntnissen vom Ende gut einordnen.
Meiner Meinung nach wird das Spiel zu sehr auf einen Sockel gehoben, aber erst mal das Positive:
Shadow of the Colossus ist ein spielenswerter Titel. Gerade im PS4-Remake. SotC besteht fast nur aus Landschaft, Kolossen und Musik und wenn die optischen Faktoren nicht nur besser sondern zum Teil – dieser Wald! – einfach nur fantastisch aussehen, lohnt sich das Spiel heute mehr denn je, wenn es einen interessiert. Schon der erste Koloss kommt noch schöner, mit den ganzen Vögeln, die ihn umschwärmen. Diese Folge En Detail hat zudem den Blick schön auf die Feinheiten der Inszenierung gelenkt. Dafür bin ich wirklich dankbar, denn ich hatte diesen Anfang schon zu oft gesehen und empfand ihn nur noch als überlanges Vorspiel. Generell hat die Folge mit ihrer kleinteiligen Analyse für mich die ganze handwerklich sehr gute Ästhetik quasi wieder restauriert. Danke dafür!
Konträre Meinungen zu Andre und Jochen, die zugleich Kritik an SotC beinhalten:
Die Tragik der Kolosse: Ehrlich gesagt tun mir die Kolosse überhaupt nicht leid. Die zu bezwingen ist toll! Deswegen spiele ich das Spiel circa ein Mal im Jahr. Ich genieße die Epik dieses David-gegen-Goliath-Kampfes. Wenn diese enormen schwarzen Blutschwaden aus den Wunden der Kolosse regnen ist das für mich eine optische Belohnung. Dazu diese hervorragende Musik von Kow Otani, ohne die das Spiel nur halb so gut wäre, so viel macht sie von der Atmosphäre aus (Ausnahme ist „Ressurected Power“. Der Track spielt z.B. beim Erklimmen des zweiten Kolosses und klingt irgendwie unpassend, als wollte ich auf meinem Koloss-Freund in ein magisches Land reiten).
Natürlich ist das nicht gut, was ich mit Wander da tue. Um das zu verstehen reicht die Prämisse – wann ist es schon einmal in einem Mythos oder anderen Geschichte gut ausgegangen, Tote wiedererwecken zu wollen? – und die melancholische Musik, wenn der Riese fällt wie eine Marionette mit durchgeschnittenen Fäden. Aber das Spiel selbst vermittelt mir nicht den Eindruck, das solle keinen Spaß machen oder mir ein schlechtes Gefühl vermitteln, wenn es mich die Kämpfe an den Überresten jederzeit wiederholen lässt und sogar einen Zeitangriffs-Modus bietet.
Wegen dieser En-Detail-Folge habe ich darüber nachgedacht, weshalb ich kein Mitleid empfinde: Das Spiel ist mir zu durchschaubar bzw. mechanisch. Eben weil der jeweilige Koloss erst in der Spielwelt auftaucht, wenn Wander ihn erlegen soll, ist das für mich kein schützenswertes Naturwunder, das ich töte. Ohne Wander wären die Kolosse offensichtlich gar nicht da. Warum zeigt mir das Spiel nicht mal einen Koloss in der Ferne Staub aufwirbeln oder lässt zumindest die Silhouetten der fliegenden Kolosse am Himmel erscheinen, damit zumindest die Illusion entsteht, es wäre nicht so? Auch die lahme Gegenwehr der Kolosse zerstört für mich eher die Glaubhaftigkeit – sollen doch bitte mit ihren Händen schlagen, sich richtig umherwerfen oder den Kopf gegen die Wand rammen!
Jump and Run trifft SotC für mich nicht, auch wenn das Klettern etwas Geschicklichkeit verlangt. Es ist ein Action-Adventure wie Uncharted oder Enslaved eines ist. Das Klettern verläuft nur nicht so auf Schienen und es gibt keinen Standard-Gegner. Auch trifft Andres Beschreibung in Richtung von Plattform zu Plattform springen und sich auch mal fallen lassen eigentlich nur auf einen einzigen Koloss im größeren Maße zu.
Auch die häufige Beschreibung
"jeder Boss ist ein Level" ist für mich schon immer ein wenig irreführend gewesen. Das trifft nur auf den einen besagten Koloss zu, an dem man wirklich sehr lange klettern und hüpfen muss. Auf der PS4 war ich aktuell noch nicht so weit, aber auf der PS3 war das damals der allergrößte Graus, weil präzises Springen in SotC mit der Steuerung echt keinen Spaß gemacht hat. Ansonsten ist man bei jedem Koloss innerhalb weniger Minuten an seinem Schwachpunkt, wenn man erst mal das Rätsel gelöst hat, wie man da hin kommt – bei einigen wenigen Kolossen ist das sogar nervig, weil deren gewünschtes Verhalten sich für mich nur unzuverlässig triggern lässt.
Ich meine besonders das Pferd und auch den Koloss bei den Geysiren.
Bei „der Boss ist das Level“ stelle ich mir aber vor, ich klettere wirklich eine halbe Stunde und länger auf (oder in) einem berghohen Ungetüm herum. Das Gefühl vermittelten mir eher die Titanen in Breath of the Wild.
So viel SotC ästhetisch richtig macht, es ist kein unfehlbares Meisterwerk. Mir hat Jochen aus der Seele gesprochen, wenn er meinte, dass Reviews zu zögerlich auf die Schwächen von SotC eingehen, als hätten sie Angst vor Majestätsbeleidung. Finde sogar die 77% vertretbar, die damals die Maniac dem Original gegeben hat und dafür später öfter Unkenrufe aushalten musste.
SotC ist momentan einzigartig und da liegt das Poblem: Ich würde mich über weitere Spiele freuen, die das doch so gut zu Spielen passende David-gegen-Goliath-Thema in Reinform auf andere, eigene Weise interpretieren. Die Chancen dafür sehe ich aber geringer, wenn sich solch ein Titel an diesem übertriebenen SotC-Idealbild messen lassen muss. Mal sehen, wie es Prey to the Gods ergeht, wenn es denn mal erscheint.