Guthwulf hat geschrieben: ↑20. Aug 2022, 12:53
Vinter hat geschrieben: ↑20. Aug 2022, 11:48
Ich bin nur hier um das alte Mantra zu wiederholen: F2P(-Elemente) machen
jedes Spiel schlechter. Immer. (...)
Falsches Mantra. Das richtige Mantra ist: "Wirtschaftliche Interessen machen
jedes Spiel schlechter. Immer."
Aber F2P setzt für den Entwickler ein völlig anderes Anreizsystem und das ist das Problem.
Wenn ich ein reines B2P-Spiel habe, dann gibt es nur eine Möglichkeit, den Gewinn zu maximieren: Ein möglichst gutes Spiel abliefern, bei dem viele Leute bereit sind, den Eintrittspreis im Vorfeld zu bezahlen. Natürlich können wir uns nun lang und breit darüber streiten, was "möglichst gutes Spiel" bedeutet. Das ist zu einem nicht unwesentlichen Teil Geschmackssache und folgt natürlich auch Trends und Zielgruppen. Das ist überhaupt keine Frage. Dennoch ist das Ziel am Ende immer, in diesem Rahmen ein möglichst gutes Spiel zu produzieren, weil sonst niemand den Eintrittspreis bezahlt.
Wenn aber F2P-Elemente verwendet werden, ist der Anreiz für den Entwickler plötzlich ein völlig anderer. Nämlich nicht mehr "Wie kriege ich viele Leute dazu, den Eintrittspreis zu zahlen" sondern "Wie kriege ich viele Leute dazu, den Shop zu nutzen". Und dadurch werden die Antworten auf Fragen, die man sich während der Entwicklung stellt, sofort völlig andere sein.
Man kann sich zum Beispiel eine Erfahrungspunktekurve vorstellen: Wie viele XP brauche ich bei jedem Levelaufstieg, bis zum Maximallevel. Und dann ist leicht einsehbar, dass es so etwas wie die
ideale Erfahrungspunktekurve geben muss, die den Spieler maximal motiviert, fordert und unterm Strich am meisten Spaß macht.
Das Anreizsystem von F2P sorgt nun aber dafür, dass ich gerade
nicht diese ideale Kurve verwende, sondern eine, die über Gebühr Grind erfordert, denn ich will ja Erfahrungspunktebooster für Echtgeld verkaufen. Ich muss also verhindern, dass der Spieler durchgängig aus dem Spiel heraus motiviert ist und Spaß hat, damit er sich nach Alternativen umsieht, die ich ihm dann im Echtgeldshop anbiete.
Leicht einsehbar ist auch, dass solchen Entscheidungen augenblicklich zu einem Rattenschwanz an Folgeentscheidungen führt, die das Spiel ebenfalls schlechter machen. Ich kann zum Beispiel während der Entwicklung feststellen, dass ich mit meinen Gameplaysystemen, dem Budget, den Entwicklungstools etc etc in der Lage bin, 25 interessante und abwechslungsreiche Nebenquests zu designen. Mehr sollten es nicht sein, irgendwann wird der Gameplayloop öde, wiederholt sich der Kram zu häufig etc etc.
Jetzt habe ich aber meine nicht-ideale Erfahrungspunktekurve von oben und ich muss sicherstellen, dass genügend Möglichkeiten vorhanden sind, um aufzuleveln. Ergo muss ich nun - weil es die Produktionsbedingungen nun einmal nicht anders gestatten - 75 langweilige 08/15 Nebenquests einbauen statt der 25 interessanten, die mein Spiel stattdessen haben könnte.
Und so wird sich diese Entscheidungsfindung, die sich aus dem F2P Modell ergibt quer durch das gesamte Spiel ziehen. Und natürlich ist es nicht so, dass aus B2P-Produktionen immer nur perfekte Spiele entstehen, dass wissen wir ja alle. Aber bei B2P kann ich als Spieler wenigstens vertrauen, dass das Anreizsystem, mit dem der Entwickler arbeitet, ein faires ist und dass in diesem Rahmen, mit Blick auf die Zielgruppe, dem Budget etc tatsächlich versucht wurde, ein bestmögliches Spiel zu designen und nicht eines, dass in Wahrheit nur ein trojanisches Pferd für den Echtgeldshop ist.