Nahost-Konflikt

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Rince81
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Rince81 »

Jon Zen hat geschrieben: 6. Mär 2024, 18:16 Aber gleichstellen kann man die beiden "Chartas" nicht. Die Charta der Hamas geht weit über einen Widerstand gegenüber der Macht Israels hinaus. Da sind wir uns, glaube ich, einig. :)
Das war mein Punkt.
Klar, ich hoffe das ist durch meine Einleitung auch klar gewesen. Ich mag nur die Grunddiskussion auf Basis von Chartas nicht. Letztlich ist Hamas ein (logisches) Ergebnis des Nahostkonflikts, keine der Ursachen, was imho ein wichtiger Punkt ist.
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Jon Zen
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Jon Zen »

Rince81 hat geschrieben: 6. Mär 2024, 19:44 Letztlich ist Hamas ein (logisches) Ergebnis des Nahostkonflikts, keine der Ursachen, was imho ein wichtiger Punkt ist.
Dass eine extremistische Partei eine Folge des Nahostkonflikts ist, dem würde ich zustimmen - die Fatah kann man als zweite extremistische Fraktion ebenfalls hernehmen.
Dass aber eine islamistische Gruppe, die aus der Muslimbruderschaft entstand, die aktuell führende Kraft ist, ist keine logische Folge des Israel-Palästina-Konflikts.
Da muss man den Nahost-Konflikt schon weiterfassen, die islamistischen Bewegungen in Ägypten (Muslimbruderschaft), Iran und Saudi-Arabien (Wahabismus) sind hierfür die stärkeren Auslöser - besonders die Islamisierung und Abkehr von der Säkularität im wichtigen Nachbarland Ägypten in den letzten - vlt. 30 - Jahren.

Den ganzen Unsinn über Weltverschwörungen und der Bevormundung der Frau kann man auch der fehlenden Bildung zuschreiben, die eine Kombination aus dem Konflikt (--> Armut & extreme politische Parteien an der Macht) und der Islamisierung ist.

Auch könnte man die die Huthi und den IS als Beispiel nehmen, dass es überhaupt kein Israel benötigt, damit solche Vereinigungen entstehen und Terrorismus verursachen. Bei der Hisbollah ist es "kompliziert".
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Rince81 »

Jon Zen hat geschrieben: 7. Mär 2024, 01:38 Dass eine extremistische Partei eine Folge des Nahostkonflikts ist, dem würde ich zustimmen - die Fatah kann man als zweite extremistische Fraktion ebenfalls hernehmen.
Dass aber eine islamistische Gruppe, die aus der Muslimbruderschaft entstand, die aktuell führende Kraft ist, ist keine logische Folge des Israel-Palästina-Konflikts.
Da muss man den Nahost-Konflikt schon weiterfassen, die islamistischen Bewegungen in Ägypten (Muslimbruderschaft), Iran und Saudi-Arabien (Wahabismus) sind hierfür die stärkeren Auslöser - besonders die Islamisierung und Abkehr von der Säkularität im wichtigen Nachbarland Ägypten in den letzten - vlt. 30 - Jahren.
Stimmt. Aber auch dafür dass das so funktioniert wie es funktioniert und die Narrative so verfangen ist der ungelöste Israel-Palästina Konflikt.
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Rince81 »

https://www.haaretz.com/israel-news/202 ... 868638a4eb
27 Gaza detainees have died in custody at Israeli military facilities since the outbreak of the war, according to figures obtained by Haaretz.

The detainees died at the Sde Teiman and Anatot facilities or during questioning in Israeli territory. The IDF Spokesperson's Office said the Investigative Military Police has opened investigations into the deaths. The IDF did not detail the circumstances of the deaths, but said that some suffered from prior health conditions or were wounded during the war.
Kann mir jemand das mit dem "died during questioning" genauer erklären?
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Crenshaw
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Crenshaw »

Rince81 hat geschrieben: 7. Mär 2024, 16:12 https://www.haaretz.com/israel-news/202 ... 868638a4eb
27 Gaza detainees have died in custody at Israeli military facilities since the outbreak of the war, according to figures obtained by Haaretz.

The detainees died at the Sde Teiman and Anatot facilities or during questioning in Israeli territory. The IDF Spokesperson's Office said the Investigative Military Police has opened investigations into the deaths. The IDF did not detail the circumstances of the deaths, but said that some suffered from prior health conditions or were wounded during the war.
Kann mir jemand das mit dem "died during questioning" genauer erklären?
ganz spontan würde ich sagen, beim Verhör gestorben, erstmal ohne Angabe von Gründen und der Artikel (habe ihn nur überflogen und mein Englisch ist vieles, aber nicht gut) gibt zwei Möglichkeiten bzw. Aussagen wieder, einmal durch Gewalt (nur indirekt, spricht aber mehrmals von Gewalt bei Verhören, wobei immer nur explizit von Gewalt und nirgends von Folter geschrieben wird, soweit ich das verstehe) und vorher schon gesundheitliche Probleme und dann dadurch (wobei ich da sagen würde, muss man halt rechtzeitig aufhören) und allgemein natürlich der Klassiker, gefangene Person medikamentenpflichtig und die hat sie nicht bekommen (aus welchen Gründen auch immer)
auf jeden Fall alles Sachen die nicht passieren dürfen, bei Tod mit Vorerkrankungen würde ich im Einzelfall nachsichtiger sein
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Leonard Zelig
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Leonard Zelig »

President Biden will announce in his State of the Union on Thursday that he is ordering the U.S. military to build a floating pier off Gaza, in what the White House called an “emergency mission” that would allow hundreds of truckloads of additional aid to be delivered by sea to Gazans who are on the brink of starvation.

The project will take several weeks, involving hundreds or thousands of U.S. troops on ships just off shore, in keeping with Mr. Biden’s mandate that no American soldiers be on the ground inside Gaza as the conflict rages. Briefing reporters, administration officials said that the port would be constructed in cooperation with other countries in the region, but it was unclear whether Israel would be joining the effort.
https://www.nytimes.com/live/2024/03/07 ... &smtyp=cur
"The whole problem with the world is that fools and fanatics are always so certain of themselves, but wiser people so full of doubts."

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Jon Zen
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Jon Zen »

Rince81 hat geschrieben: 7. Mär 2024, 16:12 https://www.haaretz.com/israel-news/202 ... 868638a4eb
27 Gaza detainees have died in custody at Israeli military facilities since the outbreak of the war, according to figures obtained by Haaretz.

The detainees died at the Sde Teiman and Anatot facilities or during questioning in Israeli territory. The IDF Spokesperson's Office said the Investigative Military Police has opened investigations into the deaths. The IDF did not detail the circumstances of the deaths, but said that some suffered from prior health conditions or were wounded during the war.
Kann mir jemand das mit dem "died during questioning" genauer erklären?
Wie viele von den 27 gestorbenen unter "died during questioning" fallen, steht im Artikel ja nicht. Möglichkeiten dort gäbe es viele von Hinrichtung, über zu weit getriebene Folter, bis zu an Vorerkrankungen oder Verletzungen gestorben, oder sogar Selbstmord - und Kombinationen davon.
Die Zahl der Toten müsste in Relation zu den Inhaftierten gestellt werden. 27 erscheint mir sogar sehr wenig unter diesen Bedingungen, besonders wenn Verwundete darunter fallen würden.
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Rince81 »

Leonard Zelig hat geschrieben: 7. Mär 2024, 19:01
President Biden will announce in his State of the Union on Thursday that he is ordering the U.S. military to build a floating pier off Gaza, in what the White House called an “emergency mission” that would allow hundreds of truckloads of additional aid to be delivered by sea to Gazans who are on the brink of starvation.

The project will take several weeks, involving hundreds or thousands of U.S. troops on ships just off shore, in keeping with Mr. Biden’s mandate that no American soldiers be on the ground inside Gaza as the conflict rages. Briefing reporters, administration officials said that the port would be constructed in cooperation with other countries in the region, but it was unclear whether Israel would be joining the effort.
https://www.nytimes.com/live/2024/03/07 ... &smtyp=cur
Der Gaza Streifen ist gerade mal 11-16km breit und 45km lang. Da ist keine Naturkatastrophe in einem völlig abgelegenen Teil der Erde, der für Hilfslieferungen auf normalem Weg nicht erreichbar wäre. Was heißt es, dass die USA neben Airdrops nun extra einen Hafen errichten wollen, um (überhaupt) Hilfsgüter in das Gebiet zu bekommen? Das klingt eigentlich völlig absurd und unnötig, da es viel, viel einfacher sein müsste - die Güter ganz normal über Israel einzuführen - vor allem weil das Monate dauern wird und Menschen bereits jetzt verhungern. Das Problem der Verteilung stellt sich dann eh in beiden Fällen... Und wie das laufen soll, die Antwort darauf ist auch Biden schuldig geblieben - nur das keine US-Truppen Gaza betreten sollen hat er bereits klargestellt. Und da die Israelis sich weder für eine alternative Administration nach Hamas kümmern, noch sich sonderlich für das Schicksal der Zivilbevölkerung interessieren sehe ich da schwarz...

Langfristig kann das eine gute Sache sein, weil es Gaza unabhängiger von Ägypten und Israel macht und man nicht mehr reiner Spielball von deren Goodwill für Lieferungen ist - und das mit Rückendeckung der USA - für humanitäre Hilfe muss Hilfe aber viel schneller und direkt aus Israel kommen.
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Rince81 »

https://x.com/geertwilderspvv/status/17 ... 60177?s=20 *

Wirklich beeindruckend, mit welchem Talent sich israelische Politiker ihre internationalen "Freunde" aussuchen. Ich warte geradezu auf die Photogelegenheit mit Gauland...

*wer nicht klicken mag, Geert Wilders postet ein Foto mit dem israelischen Staatspräsidenten Herzog.
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Rince81 »

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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Rince81 »

Was für eine Satire/Farce...
https://www.spiegel.de/ausland/saudi-ar ... 8a15938c6e
Ein Besuch der US-Kommission für internationale Religionsfreiheit in Saudi-Arabien fand ein abruptes Ende: Ein jüdischer Vertreter der Delegation ist aufgefordert worden, seine Kippa abzusetzen. Die Reise wurde daraufhin abgebrochen.
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Rince81 »

https://www.haaretz.com/israel-news/202 ... ff14c50000

The Israel Defense Forces is planning to "flood" Gaza with supplies, spokesperson, Rear-Admiral Daniel Hagari said in a briefing to foreign reporters on Wednesday.

The decision comes after intense international pressure on the Netanyahu government, including stern admonishments in Washington and London to visiting minister Benny Gantz, who was told that Israel needs to do much more to alleviate the hunger in the Gaza Strip.
Gut. Wenn auch viel zu spät. Es war eine unglaubliche strategische Dummheit, diese Situation überhaupt erst entstehen zu lassen, ob nun aus Vorsatz oder Gleichgültigkeit. Israel hat es damit in einer atemberaubenden Geschwindigkeit geschafft, weltweite Sympathien zu verspielen und selbst an die Grenzen der Solidarität der USA zu kommen - und das nach einem beispiellosen Terrorangriff.

Jetzt machen.
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Jon Zen
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Jon Zen »

Ein Interview mit und Islamwissenschaftler dem ehemaligen Leiter des Berner Nahost-Instituts Reinhard Schulze, welches unter und wegen seiner Nachfolgerin, auch aufgrund eines menschenverachteten Tweets bzgl. der Hamasmorde, geschlossen wurde. Es habe eine Politisierung der Islamwissenschaft gegeben, genauer: von einer "ideengeschichtlichen, philologischen Ausrichtung" in "eine Art sozialwissenschaftliche «Islamologie engagée»", also "eine eine stärkere Berücksichtigung postkolonialer, kulturrelativistischer Perspektiven".
Darüber hinaus geht es um die Schwierigkeiten der sachlichen Darstellung des Islams und dessen Differenzierung gegenüber der Öffentlichkeit.

https://www.nzz.ch/schweiz/islamforsche ... ld.1820130

Die misratene Überschrift lässt schließen, dass die nzz (oder der "Überschriften-Zensor" ;) ) ihr eigenes Interview nicht verstanden hat.
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Rince81 »

Apropos Zensor.
Omer Bartov gehört zu den renommiertesten Forschern zum Thema Holocaust. Das scheint die Bundeskunsthalle nicht davon abgehalten zu haben, die Aufzeichnung einer Gesprächsrunde mit ihm zu "bearbeiten"...

https://twitter.com/bartov_omer/status/ ... 5GXng&s=19
It has been pointed out to me that some of my words in this conversation around min 38, apparently referring to potential genocide in Gaza, were edited out. I checked and that is indeed the case. This is very troubling and will hopefully be corrected.
Edit, die Kunsthalle sagt, das sei eine technische Störung.
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Mauswanderer »

Rince81 hat geschrieben: 14. Mär 2024, 11:34 Gut. Wenn auch viel zu spät. Es war eine unglaubliche strategische Dummheit, diese Situation überhaupt erst entstehen zu lassen, ob nun aus Vorsatz oder Gleichgültigkeit. Israel hat es damit in einer atemberaubenden Geschwindigkeit geschafft, weltweite Sympathien zu verspielen und selbst an die Grenzen der Solidarität der USA zu kommen - und das nach einem beispiellosen Terrorangriff.
Es zeichnet sich auch langsam ab, woher dieser scheinbar so plötzliche Turnaround kommt:
Es muss viel im Argen liegen, wenn ein Mann wie Dan Goldfuß mit den Regeln seiner Armee bricht. Mitglieder der Israeli Defense Forces (IDF) dürfen sich nicht politisch äußern − je höher der Rang, desto strenger haben sie das Protokoll zu befolgen. Goldfuß führt mit der hoch angesehenen 98. Division der israelischen Streitkräfte die Bodenoffensive in Gaza an.
Am Mittwoch richtete sich der Kommandeur bei einem Pressetermin im Gazastreifen direkt an die Regierung in Jerusalem.
[...]
Goldfuß' Vorstoß zeigt, wie groß der Frust innerhalb der Armee im Gaza-Krieg ist.
[...]
Gleich noch ein Tabubruch am Mittwoch: Armeesprecher Daniel Hagari kündigte einen radikalen Strategiewechsel seitens Israel an. Ab sofort würde Gaza mit Hilfsgütern "geflutet", sagte Hagari während eines Pressebriefings vor ausländischen Journalistinnen und Journalisten. Solche Strategiefragen sind eigentlich Sache der Regierung, nicht des Militärs.
Die Generäle der Armee wissen, dass ein Krieg wie der gegen die Hamas nur dann gerechtfertigt ist, wenn er sich nicht zum Krieg gegen die Menschen in Gaza entwickelt. Genau diesen Unterschied hat Israel versäumt zu machen, viel zu lange wurden die so dringend benötigten Hilfsgüter verweigert.
[...]
Klar ist: Die Armee hatte zwar viele Waren in den Lastwagen, aber zu wenige Soldaten im Einsatz. Auch das erklärt den nun angekündigten Strategiewechsel. Erst erklärte sich jüngst das Militär bereit, die Luftbrücke und den Hafenbau der USA insofern zu unterstützen, als sie die Verteilung der Waren sicherstellen wollen. Vergangene Woche organisierte die Armee zudem eine Lieferaktion direkt mit den Vereinten Nationen.
[...]
Netanjahu selbst schweigt bisher dazu. Er und Verteidigungsminister Joaw Galant sollen vor einigen Wochen aber aneinandergeraten sein in der Frage, wie eigentlich eine sichere Verteilung der Hilfen gewährleistet werden könne. Galant, wie Netanjahu Mitglied in der Likud-Partei, habe darauf bestanden, dafür mit der das besetzte Westjordanland regierenden Fatah-Partei zu kooperieren. Das habe Netanjahu abgelehnt − aber auch keine andere Alternative vorgelegt. Solange das nicht geklärt ist, bleibt die Verteilung in der völkerrechtlich verankernden Verantwortung Israels. Besser gesagt: in der Verantwortung jener Soldatinnen und Soldaten, für die wiederum Generäle wie Dan Goldfuß verantwortlich sind.
[...]
Wie die israelische Zeitung Ha'aretz vergangene Woche mit Verweis auf die hamasnahe Website Hamas Al-Majd Security berichtete, will die Terrorgruppe verhindern, dass palästinensische Einzelpersonen oder Gruppen Israels Armee bei der Verteilung der Hilfsgüter helfen.
[...]
General Goldfuß machte trotz des Risikos klar, dass er und die Armee hinter der neuen Strategie stehen, mit allen Konsequenzen. Er sagte: "Keine Sorge, wir, die Angehörigen des Militärs, die Kommandeure und Truppen, haben die Verantwortung für jede Aktion übernommen, übernehmen sie und werden sie übernehmen", sagte Goldfuß. "Wir werden nicht vor der Verantwortung davonlaufen."
https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... g-militaer, Hervorhebung und Kürzungen durch mich
(Relativ umfangreiches Zitat, weil Bezahlartikel)

Netanjahu treibt sein Wahlvolk gerade in die Entscheidung, ob sie ihm oder der IDF mehr vertrauen. So problematisch ich grundsätzlich einen zu starken Einfluss des Militärs in Demokratien sehe, hier erscheint er gerechtfertigt, wenn nicht gar überfällig. Das hat schon beinahe leichte Türkei-Post-Atatürk-Vibes, bis vor kurzem hätte ich das für nahezu unmöglich gehalten.
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Rince81 »

Vor allem, da Netanjahu nach wie vor ganz stabil im Sattel sitzt. Aber der IDF vertrauen? Den Generälen eher ja, den Truppen vor Ort? Naja, da scheint es mit dem generellen Disziplin Probleme zu geben.

Bellingcat hat eine interessante Analyse über die Entwaldung von Gaza durch Palästinenser auf der Suche nach Brennstoff und durch die IDF, die auch in großem Umfang Agrarland zerstört.
https://www.bellingcat.com/news/2024/03 ... ce=twitter
A Withering Landscape
Far from being merely examples of environmental destruction during conflict, the satellite images in this article tell the story of that damage from two angles. One is that of the Palestinian civilian victims who do not have the daily fuel or food required and and must create makeshift shelters on any land available.

The other angle is that of the IDF whose attacks against Gaza are targeting not just its civilian population, but also the landscape and vegetation that people need to survive.
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Rince81 »

https://www.dissentmagazine.org/online_ ... ber-alles/

Eine interessante Analyse über die Entwicklung der deutschen Erinnerungskultur und der Staatsräson.
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Jon Zen
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Jon Zen »

Rince81 hat geschrieben: 18. Mär 2024, 06:30 https://www.dissentmagazine.org/online_ ... ber-alles/

Eine interessante Analyse über die Entwicklung der deutschen Erinnerungskultur und der Staatsräson.
Ich hätte es als Meinungsbeitrag eingeordnet. Das fiese dabei ist, dass er so tut, als wäre es eine Analyse. Im Artikel sind auch einige gute Beobachtungen und Ausführungen. Mir geht es im Folgenden um den Stil und einige Stolpersteine.
Stark scheint die Meinung durch, dass dies der heutige Stand ist:
Even philosopher Susan Neiman, who five years ago wrote a book celebrating Germany’s memory culture as a model for the United States, now thinks it has gone “haywire.” Neiman speaks of a particularly German “philosemitic McCarthyism”
In diesem Fall mit dem billigen Argument "Früher hatte diese Expertin diese Meinung, nun denkt SELBST SIE, dass die deutsche Israelpolitik durchgedreht sei. :lol:
"McCarthyism" ist eine obzöne Übertreibung der deutschen Realität, aber durch den Kunstgriff des Zitats sind es nicht seine Worte.
West Germany’s first chancellor, the Christian Democrat Konrad Adenauer, had effectively suppressed any real engagement with Nazism. Many of those involved in the Nazi regime were rehabilitated and reinstated to their former positions
Hier vereinfacht er die deutsche Geschichte, um einen Beitrag zu spinnen, welcher von greifbaren Personen getragen wird (später u.a. Fischer, Merkel und die Partei der Grünen). Dass die ganzen Alt-Nazis wieder an öffentliche Ämter gelangen konnten, hatte komplexe Gründe und Adenauer konnte - meines Wissens nach - wenig dagegen machen. Trotzdem trägt er eine Mitschuld.
The Springer media corporation’s stance on Israel has effectively become the position of the entire German political establishment—including the successors of the New Leftists who were radicalized by Springer’s support for Israel in 1967.
Es wird nicht erklärt, woher die Israel-Affinität von Axel Springer kommt, um den Kontext verstehen zu können. Dieser böse Herr Springer, wollte unbedingt Buße dafür tun, dass er seine halbjüdische Frau verlassen musste, um so nicht seine Karriere aufgeben zu müssen, weil die Nazis ihn dazu zwangen.

Natürlich ist der 1. Satz des Zitats kein echtes Argument, sondern nur eine Parallele. In anderen Fragen haben die Politiker eine gegenteilige Position zu der des Springer Verlags. Wer am weitesten von dieser "Pro-Israel-Politik" entfernt liegt ist übrigens die AFD, die ansonsten viele Positionen der Bild teilt.
Der 2. Satz ist natürlich Bullshit. Die neuen Linken wurden sicherlich nicht vom Axel Springer Verlag "radikalisiert", um israelfreundlich zu sein. Ich jedenfalls würde in Deckung gehen, nachdem ich einem Alt-68er diese These an den Kopf werfe.

Durch den Artikel lernt man mMn mehr über die intelektuellen "Lefties" der USA (laut https://www.dissentmagazine.org/about-dissent-magazine/ ist das das Selbstverständnis des Magazins) als über die deutsche Israelpolitik . Man hat das Gefühl, dass diese Gruppe nicht versteht, warum ihre deutschen Genossen, hier nicht der gleichen Meinung sind und sie suchen nach einem Grund.
Vielleicht kommen sie dabei einen Schritt weiter, wenn sie sich besser mit der McCarthy-Ära auseinander setzen würden. :P
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Rince81 »

Jon Zen hat geschrieben: 18. Mär 2024, 07:53 Durch den Artikel lernt man mMn mehr über die intelektuellen "Lefties" der USA (laut https://www.dissentmagazine.org/about-dissent-magazine/ ist das das Selbstverständnis des Magazins) als über die deutsche Israelpolitik . Man hat das Gefühl, dass diese Gruppe nicht versteht, warum ihre deutschen Genossen, hier nicht der gleichen Meinung sind und sie suchen nach einem Grund.
Vielleicht kommen sie dabei einen Schritt weiter, wenn sie sich besser mit der McCarthy-Ära auseinander setzen würden. :P
Wobei der Autor selbst Brite ist einen Hintergrund bei renommierten Think Tanks und Hochschulen hat. ich finde die Analyse/Meinungsbeitrag spannend und gut, um mal die eigenen Gedanken einzunorden, dann da ist imho viel richtiges drin. Insbesondere die Punkte sind etwas, was mich selbst auch erstaunt:
In the last few decades, however, converging political forces have produced a bizarre alignment between the German center-left and the American and Israeli right. Germany today is led by a coalition government of Social Democrats, Greens, and Free Democrats that, on Israel, seems to be “somewhere to the right of AIPAC,” as Neiman writes.
Unlike American conservatives, however, they see their unconditional support for Israel as an expression of anti-Nazism—in other words, as a progressive position. Fischer is remembered for his clash with American neoconservatives in the run-up to the 2003 invasion of Iraq, which he opposed. But today, some Greens are closer to neoconservatives than to the left.
Das ist ein Punkt, den ich auch so empfinde und denn ich wirklich nicht verstehe bzw. nicht verstehe, wie wir "da" rausgekommen sind. Ich bin Grünen Wähler und sortiere mich da auch im Weltbild ein. Ich bin völlig dabei, wen es darum geht, dass Deutschland eine historische Verantwortung durch den Holocaust hat - nur warum gilt die gefühlt(!) primär der Regierung Netanjahu? Dafür liefert der Artikel imho Antworten über die es Wert ist nachzudenken.

Man sieht, wie Scholz und die Bundesregierung auch in Bezug auf Israel und Gaza argumentativ ins schwimmen kommen.
In diesem Fall mit dem billigen Argument "Früher hatte diese Expertin diese Meinung, nun denkt SELBST SIE, dass die deutsche Israelpolitik durchgedreht sei. :lol:
Das würde ich weniger politisch und mehr gesellschaftlich lesen - und auch da hat er einen Punkt. Hat man imho gut an der völlig überzogenen Kritik nach der Berlinale gesehen. Oder am deutschen Twitter Diskurs, der manchmal einfach nur "schräg ist
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Re: Nahost-Konflikt

Beitrag von Rigolax »

Jon Zen hat geschrieben: 18. Mär 2024, 07:53
Even philosopher Susan Neiman, who five years ago wrote a book celebrating Germany’s memory culture as a model for the United States, now thinks it has gone “haywire.” Neiman speaks of a particularly German “philosemitic McCarthyism”
In diesem Fall mit dem billigen Argument "Früher hatte diese Expertin diese Meinung, nun denkt SELBST SIE, dass die deutsche Israelpolitik durchgedreht sei. :lol:
Das ist imho nicht gut geschrieben in der Quelle, eigentlich bezieht sich Neiman mit "it has gone haywire", also dem "it" auf die deutsche Erinnerungskultur und nicht die Israelpolitik, vgl.: https://www.nybooks.com/articles/2023/1 ... an-neiman/ "Historical Reckoning Gone Haywire": "Germans’ efforts to confront their country’s criminal history and to root out antisemitism have shifted from vigilance to a philosemitic McCarthyism that threatens their rich cultural life." In jedem Fall sieht sie einen starken Zusammenhang zwischen deutscher Erinnerungskultur und verfehlter Israelpolitik.

Kritik an der deutschen Erinnerungskultur gab es kontrovers ja auch mal von Gauck: https://taz.de/Kommentar-Gauck/!5100009/ Gauck sagte u.a.: "Unübersehbar gibt es eine Tendenz der Entweltlichung des Holocausts. Das geschieht dann, wenn das Geschehen des deutschen Judenmordes in eine Einzigartigkeit überhöht wird, die letztlich dem Verstehen und der Analyse entzogen ist. Offensichtlich suchen bestimmte Milieus postreligiöser Gesellschaften nach der Dimension der Absolutheit, nach dem Element des Erschauerns vor dem Unsagbaren. Da dem Nichtreligiösen das Summum Bonum – Gott – fehlt, tritt an dessen Stelle das absolute Böse, das den Betrachter erschauern lässt."

Das geht in Richtung sogenannter "Zivilreligion", teils wird die Erinnerungskultur ja auch (polemisch) als "Katechismus der Deutschen" bezeichnet (von links) oder gar als "Schuldkult" (von extremrechts). Das ist m.E. auch etwas merkwürdig, einerseits sind es die politischen Ränder, von rechts und teils links, die gegen die Erinnerungskultur in der jetzigen Form/Ausprägung Stimmung machen, andererseits sind es politisch eher unverdächtige Akademiker (Neiman) bzw. intellektualisierte Politiker (so bezeichne ich mal Gauck). Liegt vielleicht daran, dass es ein ziemlich heißes Eisen ist, wozu man nichts falsches sagen möchte.
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