Super Timing mit diesem Altbier, ich habe bei den Reviews nämlich ganz große Lust auf Alan Wake 2 bekommen, aber mein PC in mit einer RX 5700 XT leider unter den Mindestanforderung. Also habe ich stattdessen den erst am letzten den ersten Teil nochmal durchgespielt (bzw. den Durchgang beendet, den ich Anfang des Jahres schon begonnen hatte).
Ich mag das Spiel echt gern, sogar heute noch mehr als bei meinem ersten Playthrough vor Jahren. Finde mich da sehr bei Dom wieder, weil ich andersrum wie er auch Pauls Position nachvollziehen kann. Zum Beispiel hatte ich beim ersten Mal auch so Probleme mit der "versetzten" 3rd-Person-Kameraperspektive oder mit dem verzerrenden Nebel-Effekt in "gefährlichen" Gebieten und damit verbunden der Übersicht. Diesmal hat mich das aber nicht gestört. Im Gegenteil, die Kämpfe haben mir großen Spaß gemacht. Klar, es fehlt doch schon ein bisschen das Trefferfeedback sowie für die Anzahl der Kämpfe und die Dauer des Spiels auch die Abwechslung. Gerade im letzten Kapitel leidet das Pacing etwas. Aber das grundsätzliche System mit dem Fokus auf Crowd Control gefällt mir super. Dom hat das sehr gut beschrieben: Es ist IMO gar nicht vorgesehen, alle Gegner zu besiegen. Teilweise respawnen die ja auch unendlich, z.B. in vielen Waldabschnitten. Der Fokus liegt darauf, irgendwie das "rettende Ufer" - also meist die nächste Straßenlaterne, die dank der tollen Levelarchitektur auch schon immer ganz schelmisch aus der Ferne zu einem herüber blitzt - in dem dunklen Meer aus Bäumen zu erreichen. Und währenddessen so gut es geht um die Gegner zu manövrieren bzw. diese mit geschicktem Einsatz der Taschenlampe, der weiteren Gadgets sowie seiner Umgebung auf Abstand zu halten. Dass die Batterien nach fünf Sekunden Fokus leergelutscht sind, ist natürlich Quatsch; dass Alan nach zehn Metern Sprint ein Sauerstoffzelt braucht, kann richtig nervig sein. Aber es passt, Logik beiseite geschoben, alles echt gut zusammen. Und dazu kommt dann noch die stimmungsvolle Mystery-Atmosphäre in den Wäldern, der Kleinstadt, dem verlassenen Bergbaudorf etc. Ist schon rund! Wobei ich Andres und Jochens Position aus dem En Detail vor einigen Jahren auch nachvollziehen kann; mich stört es aber gar nicht, dass das Spiel viele Vorbilder nur zitiert und in gewisser Weise oberflächlich bleibt. Obwohl der Ansatz grundsätzlich schon "High Concept" ist, nimmt es sich bei alldem nie zu ernst, deswegen funktioniert das für mich.
Ich habe den Playthrough übrigens auf dem "Nightmare"-Schwierigkeitsgrad begonnen und hatte eigentlich erwartet, dass es furchtbar wird. Denn ich muss schon gestehen, dass ich diesen zweiten Durchgang gebraucht habe, um komplett zu verstehen, was das Spiel in den Kampfsequenzen von mir möchte. Beim ersten Playthrough hatte ich wie gesagt auf der Skala etwas mehr in Richtung Paul tendiert als jetzt. Meine Befürchtung war, dass extreme Bulletsponges nur zu noch mehr Frust führen, der beim ersten Mal teilweise schon da war. Die Gegner haben auch in der Tat ziemlich viele Schüsse gefressen. Aber: Das war der oben beschriebenen Crowd-Control-Mechanik letzten Endes total zuträglich, weil man sich in Bedrängnis nicht doch eben schnell den Weg freischießen konnte, sondern stets noch einen kühlen Kopf bewahren und die mächtige Ausweichfunktion sowie Notfall-Flares geschickt einsetzen musste. Ich bin btw. der Meinung, dass sich das Spiel mit Tastatur deutlich angenehmer steuert als mit Gamepad, was bei einem Timed-Exclusive für die XBox natürlich irgendwie seltsam ist. Und noch ein letztes übrigens: Von dem diesem Schwierigkeitsgrad vorbehaltenen Manuskriptseiten empfand ich keine als essenziell wichtig zum Verständnis der Story; in den letzten beiden Kapiteln waren es zum größten Teil Lyrics der beiden "Original-Songs" der Old Gods of Asgard. Wie cool diese Art der Einbindung von Musik in die Story einfach generell ist, hab die Songs gerade beim Tippen nebenbei wieder gehört.
Bei einer Sache würde ich jedoch widersprechen: Aus meiner Sicht will Alan Wake kein
Surival-Horror sein, auch wenn einige Elemente vorhanden sind. Zum einen fehlt für meinen Geschmack dazu ein Inventar (mit begrenztem Platz für Schlüssel, Heilitems und Munition) und zum anderen geht das Spiel zu großzügig mit Munition um. Vielleicht würde ich es am ehesten als Horror-Mystery-Action-Adventure beschreiben? Sehr griffig, ich weiß
Aber Genrediskussionen sind natürlich eh immer subjektiv und letztlich müßig. Edit: Hm, wo ich nochmal drüber nachgedacht und ein bisschen quergelesen habe, kann man das wohl doch schon so durchgehen lassen. Meine ganz persönliche "genredefinierende Benchmark" bei Surival Horror, einfach weil es meinen Sweet Spot so perfekt getroffen hat, ist das Remake von Resi 2. Aber eben nur meine!
Bei Doms Kritik zu den beiden Bonus-Episoden am Ende dachte ich mir dann nur "Verdammt!". Die wollte ich nämlich heute Abend spielen
Ich glaube aber, ich werde gleich trotzdem reingucken.
PS: Um das nochmal zu unterstreichen, der Cast hat mir hervorragend gefallen!