Ich habe zuletzt die ersten 20 Folgen der ersten Staffel
The Mentalist wieder gesehen (zuvor bereits ca. 2010 gesehen).
Für eine Fall-des-Tages Krimi-Serie ist sie immer noch ziemlich unterhaltsam und auf die Aufklärung des Mordes fixiert. Um eine ordentliche Krimi-Kurzgeschichte hinzukriegen ist dies auch nötig, spätere Serien wie Hawaii-Five-O und Navy CIS LA nutzen den Fall nur noch als Aufhänger für ihre komödiantischen Dialoggefechte zwischen den Hauptcharakteren.
Im Gegensatz zu damals ist mir nun eine
neue Ebene der Serie (oder der ersten Staffel) aufgefallen:
Fast jeder Fall von The Mentalist findet in einer wohlhabenden bis superreichen Umgebung statt. Früher dachte ich, dass es dabei um die höheren Schauwerte geht und sich die Serie von anderen Krimis abheben möchte (machte NCIS mit seinem Militär-Setting ebenfalls). Hawaii-Five-O hat die Opulenz von Hawaii sogar in den Vordergrund gerückt und Geld von der lokalen Tourismusbehörder dafür bekommen (finde die Quelle nicht mehr
).
Bei
The Mentalist gibt es aber eine zweite Ebene, die das Super-Reichen Setting ermöglicht:
Die Kritik an der Ungleichbehandlung bei der Aufklärung von Kriminalität zwischen Arm und Reich in den USA (und besonders Kalifornien).
Die Problematik wird mit verschiedenen Beispielen untermauert:
1. Das CBI (die spezialisierte Kriminaleinheit, vergleichbar vlt. mit dem Landeskriminalamt, außerdem ist sie die beste des Landes) wird häufig aktiv vom Gouverneur eingesetzt, wenn einer seiner (reichen, vermutlich gut spendenden) Günstlinge einen Gefallen einfordert
2. Daraus folgt, dass Mordfälle weniger privelegierter Personen mit schlechterem Personal durchgeführt wird
3. Sobald Superreiche ins Visir kommen, kontaktieren sie oft vorgesetzte des CBI, welche den Druck aufbauen, um eine effiziente Mördersuche behindern
4. Oder die Superreichen verklagen die Leute des CBI wegen angeblichen Fehlverhaltens
5. Oft wird eine unschuldige Person in Gewahrsam genommen, die nicht reich ist - der Druck wird von Außen aufgebaut
6. Viele der Reichen werden als unsympathisch dargestellt, während die normalen Leute sympatisch sind, aber von diesen mit Schweigegelder oder Klagen gesilenct werden.
Diese Kritik fand ich interessant. Vielleicht war The Mentalist ein Kind seiner Zeit (Finanzkrise 2008) und man hat sich mit der offensichtlicheren Kapitalismus- und Reichenkritik bessere Quoten erhofft. Der Hass auf die "Kapitalisten" war damals groß. Anderseits ist die Kritik der rechtlichen Gleichbehandlung im Hintergrund. Ich würde sie daher als kritische künstlerische Auslebung bewerten, weil Kritik an den USA nicht gerne gesehen ist. Z.B. wurde NCIS (die damals erfolgreichste Krimi Serie) in den späteren Staffeln zur patiotischen USA-Selbstbeweihräucherung. Wobei einer der bekanntesten "patriotischen" Schriftsteller, Tom Clancy, den inneren, korrumpierten Feind als den stärksten Feind ansieht.
Trump stieg auf diese Argumentation ein und bekam damit viel Wählerzuspruch, obwohl er zur wirtschaftlichen Elite gehörte.
Die Weg von progressiver Systemkritik zu verschwörungstheoretischem Systemhass ist nicht weit.
The Mentalist schafft, ironischerweise, das kapitalistische Kunstwerk beide Gruppen zu bedienen.