Darstellung und Potenzial von Naturwissenschaft in Videospielen

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Alienloeffel
Beiträge: 1970
Registriert: 9. Feb 2017, 14:35

Darstellung und Potenzial von Naturwissenschaft in Videospielen

Beitrag von Alienloeffel »

Liebe POD Gemeinde,

Mich treibt ein Thema seit längerer Zeit um und jüngst stieß ich wieder darauf und fragte mich, wie andere (in dem Fall ihr) das seht: Es geht um Naturwissenschaften in Videospielen. Warum interessiert mich das? Ich bin angehender Naturwissenschaftler und dementsprechend begegnet mir das gelegentlich und immer wenn das passiert wäge ich ab ob die vorliegende Erklärung mehr oder weniger hanebüchen ist aber gleichzeitig (und das finde ich viel wichtiger) frage ich mich, wie der Versuch "echt" zu wirken bei anderen ankommt die nicht so sehr im Thema stecken.
Gerade im Science Fiction Genre, seien es Spiele, Serien, Filme etc. wird oft Fachvokabular herangezogen um die Strukturen zu erklären oder ein erfundener Umstand stellt die Basis für die Spielwelt oder den Hintergrund dieser (Beispiel Mass Effect mit deren Relays, der Sporedrive in Star Trek: Discovery, Vigors in Bioshock und und und).

Wie wichtig ist euch eigentlich das akkurate Darstellen von diesen herangezogenen Strukturen, stört es euch, wenn diese völlig ad absurdum geführt werden um einen komplexen Hintergrund zu erzeugen und wie seht ihr das Potenzial für die Vermittlung "echter" wissenschaftlicher Konzepte in Videospielen?

Ich persönlich empfinde es nicht als störend wenn wild Vokabeln genutzt werden um Hintergründe, Mechaniken etc. zu erklären. Natürlich gibt es da mehr oder weniger elegante Beispiele und bei guten Vertretern gefällt mir das dann durchaus, bei schlechteren ist das aber trotzdem ok für mich. Ich halte allerdings das Potenzial, den aktuellen Stand der Wissenschaft in spielerischer Form zu vermitteln durchaus gegeben. Gerade in der jetzigen Zeit, in der Gentechnik, Gene etc. als Teufelswerk gieriger Pharma- und Agrarkonzerne verschrien ist, wäre es eine elegante Lösung, die wirklichen Hintergründe in Spielen zu vermitteln. Ich denke da weniger an Spiele, die extra dafür gemacht werden, sondern eher das Nutzen von bestehendem Wissen als Zusatzfaktor in einem bestehenden Spiel. Zum Beispiel: Was ist ein Gen, wie funktionieren Viren und Bakterien eigentlich und vor allem wie funktioniert Gentechnik?
Fundamentale Grundlagen dieser Themen werden in öffentlichen Debatten durchaus gebraucht und ich persönlich habe nicht das Gefühl, dass diese gezielt oder überhaupt vermittelt werden. Dadurch verschwendet man viel Potenzial und geht an den entscheidenden Debatten vorbei, da man sich um Halbwahrheiten streitet und so oft nicht zum wirklichen strittigen Punkt kommt.

Wie seht ihr das?
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Desotho
Beiträge: 5566
Registriert: 13. Dez 2016, 19:05
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Re: Darstellung und Potenzial von Naturwissenschaft in Videospielen

Beitrag von Desotho »

Mir fällt aus dem Stand gerade kein herkömmliches Spiel an, bei dem ich eine solche Darstellung vermisst hätte. Mag aber auch an meinem Spiele-Geschmack liegen.
Bei z.B. geschichtlichen Hintergründen finde ich das interessanter und es gibt mehr Gelegenheiten wo das Sinn macht wie z.B. bei Valiant Hearts.
El Psy Kongroo
Diveti
Beiträge: 22
Registriert: 16. Okt 2017, 00:31

Re: Darstellung und Potenzial von Naturwissenschaft in Videospielen

Beitrag von Diveti »

Ich finde es wichtig, dass Medien und damit auch Spiele einen soliden Unterbau bei der Erzählung haben. Wenn von vornherein kein Aufwand in die Recherche geflossen ist und es zu bloßer Esoterik verkommt, stört mich das schon. Außerdem sollten die erzählten Geschichten bzw. die konstruierten Welten konsistent bezüglich der wissenschaftlichen Grundlagen sein, ob diese fiktiv sind oder real ist dabei egal.

Was mich allerdings vielfach tatsächlich stört, ist die Darstellung der Herleitung wissenschaftlicher Errungenschaften. Das gilt für sämtliche Medien. Denn wo das Erreichte in der Realität fast immer das Ergebnis von viel Ausdauer, Hingabe und auch sozialer Interaktion ist, wird in der Unterhaltung der wissenschaftliche Erfolg meistens als spontanes Resultat eines genialen und eigenbrötlerischen Einzelgängers dargestellt. Das finde ich deshalb so schlecht, weil das suggeriert, dass man für wissenschaftliche Erfolge - insbesondere im naturwissenschaftlichen Bereich - besondere Gaben und ein einzigartiges Genie benötigt. Dass es stattdessen zu 95% Fleiß und Hingabe ist und dann erst irgendwann auch Talent den Unterschied machen kann, wird übergangen. Das Blöde dabei: Wenn junge Menschen das sehen, schreckt das unter Umständen ab, in eine solche Richtung zu gehen.

Zu guter Letzt erwarte ich, dass Medien hinsichtlich naturwissenschaftlicher Forschung die Rolle eines moralischen Kompasses einnehmen. So sehr ich den Fortschritt mag, schätze ich es von den von mir konsumierten Medien geerdet zu werden und auf eventuellen Schattenseiten der Modernisierung aufmerksam gemacht zu werden.
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Puschkin
Beiträge: 556
Registriert: 5. Jun 2016, 11:26

Re: Darstellung und Potenzial von Naturwissenschaft in Videospielen

Beitrag von Puschkin »

Diveti hat das mit der Esoterik schon angesprochen, mir geht das ähnlich:

Ich muss da spontan an Quantenphysik denken, die oft herangezogen wird für allerlei schwurbeligr esoterische Weltanschauungen, wobei mir dazu kein Spiel einfällt.

Etwa in dieser Art:
https://www.psiram.com/de/index.php/Quantenmystik" onclick="window.open(this.href);return false;
"Die Quantenphysik hat gezeigt, dass wir Menschen nicht aus fester Materie, sondern aus Schwingungen und Energie bestehen."
"Die Quantenphysik hat gezeigt, dass unsere Welt völlig anders beschaffen ist als wir sie wahrnehmen. Alles ist Energie."
"Die Quantenphysik hat gezeigt, dass das Universum wie ein Hologramm aufgebaut und alles miteinander verbunden ist."
"Die Quantenphysik hat gezeigt, dass der Beobachter am Ergebnis beteiligt ist."

Quantenphysik verstehen ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Wenn damit soetwas wie "Beamen" oder "Überlichtgeschwindigkeit" erklärt werden sollen ist das für mich ok. Was mir aufstößt ist diese Unsinnige Analogie-Bildung zwischen der Atomaren Welt auf die Makrowelt und wie wir Menschen die Welt wahrnehmen können oder sollten.
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and are currently representing Satan in a court of law.
meisterlampe1989

Re: Darstellung und Potenzial von Naturwissenschaft in Videospielen

Beitrag von meisterlampe1989 »

Ich glaube sobald man in irgendetwas eine Expertise hat, fühlt sich eine inkorrekte Darstellung immer falsch an. Aber es gibt ja die Suspension of Disbelief. Solange das Werk nicht behauptet, es wäre pädagogisch gemeint, soll mir das egal sein.

Ich bin interessierter Laie von Physik, ich versteh ein bisschen was davon. Trotzdem kann ich mir die abgefahrenste Science Fiction anschauen.

Ich kann das ausblenden, was natürlich nicht für jeden gilt.
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Strandigel
Beiträge: 17
Registriert: 11. Jan 2018, 17:46

Re: Darstellung und Potenzial von Naturwissenschaft in Videospielen

Beitrag von Strandigel »

Mich stört es immer extrem wenn Dinge offensichtlich idiotisch und unmöglich sind, also keine sinnvolle Erklärung finden. Ich liebe gerade Scifi und ebsonders dort werden sich viele Freiheiten genommen, mich stört das dann nicht wenn das Spiel in sich logisch und schlüssig erklärt. Wenn auf irgendwelche bisher unentdeckten Elemente oder Kräfte zurückgegriffen wird bin ich damit schon einverstanden (Wurmlöcherreisen, Antimaterieantriebe etc.).

Beispiel was mir gut gefällt wären Bücher von Peter F. Hamilton, ich mag die Reihen "Der Armageddon-Zyklus" uns ganz besonders "Die Commonwealth-Saga". Wie da Veränderungen der menschlichen Kultur und Technik dargestellt werden finde ich total faszinierend und durchaus im Rahmen des vorstellbaren.
Don Mchawi
Beiträge: 414
Registriert: 8. Nov 2017, 08:44

Re: Darstellung und Potenzial von Naturwissenschaft in Videospielen

Beitrag von Don Mchawi »

meisterlampe1989 hat geschrieben:Ich glaube sobald man in irgendetwas eine Expertise hat, fühlt sich eine inkorrekte Darstellung immer falsch an. Aber es gibt ja die Suspension of Disbelief. Solange das Werk nicht behauptet, es wäre pädagogisch gemeint, soll mir das egal sein.

Ich bin interessierter Laie von Physik, ich versteh ein bisschen was davon. Trotzdem kann ich mir die abgefahrenste Science Fiction anschauen.

Ich kann das ausblenden, was natürlich nicht für jeden gilt.
Genau das wollte ich auch schreiben.
Ich glaube auch, dass das 'Problem' immer dann auftritt, wenn man sich selbst mit etwas auskennt und dieses dann falsch oder abweichend dargestellt wird.
Fängt mit Orten an, stellt zB der A-Team-Film den Kölner Dom nach Frankfurt, wirkt das für Kenner der Orte störend. Die meisten Zuschauer allerdings kennen beides nicht und stören sich entsprechend nicht daran.
Beispiele für Begrifflichkeiten hat Alienloeffel genannt. Kettenhemden und Morgensterne in Gladiator wären auch so ein Beispiel für historisch Interessierte. Sobald man sich in einem Gebiet überdurchschnitllich auskennt, fallen einem solche (vermeidbare) Fehler auf.
Ich kann das auch gut ausklammern, solange es nicht Handlungsrelevant wird. Bei Gladiator zB störte mich das nicht weiter, bei der Serie Vikings, in der irgendwann maschinengewhrartige Armbrüste auftauchen aber schon, da die Handlung darauf aufbaute.

Ich glaube, dass man selbst einfach lernen muss, damit zu leben und den inneren Besserwisser zu unterdrücken. :D
Und vielleicht von Beginn an Medien mit Themen, in denen man sich selbst auskennt, mit einer gewollt höheren Fehlertoleranz anschaut.
Danach kann man ja immer noch darüber lästern. :D
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