limericks hat geschrieben: ↑14. Jun 2020, 23:46Sehe das tatsächlich nicht so dramatisch. Der Großteil der Spiele die da verschwindet, genau wie im Appstore, sind Sachen die doch eh niemand mit der Kneifzange anfassen würde. Wenn es ein Publikum gibt, wird das Spiel schon einen Weg auf eine Plattform finden, notfalls als (Fan)-Remake/Mod. Die eine oder andere Ausnahme mag es geben, aber der Markt ist so groß dass ich sofort was vergleichbares zum spielen finden werde.
„Was vergleichbares“ ist aber nicht dasselbe. Mal Beispiele:
- Kennst Du
Adrian Barritt? Der Mann hat in den 90ern großes geleistet: Nämlich die
Pro Pinball Reihe. Das waren die ersten digitalen Pinball-Spiele, die eine sehr realistische Ballphysik geboten haben, während in den digitalen Pinballspielen davor
die Kugeln unrealistisch umhersprangen. Der Mann hat das Genre wesentlich nach vorn gebracht auf Computern und seine Pro Pinball Spiele waren richtig gut spielbar. Waren damals durchaus auch veritable Erfolge. Für Nintendo kam später dann
Metroid Prime Pinball. Das wurde auch von den alten Pro Pinball Team programmiert und designt. War ein sehr erfolgreiches Spiel, kommerziell wie in der Kritik.
Aber es ist doch eine Schande, dass die letzten beiden Flipperspiele, die dieses Team gemacht hat, legal nicht mehr erhältlich sind:
Pinball Pulse, weil man die DSiWare Spiele nicht mehr legal bekommt. Und
Frogger Pinball für Konami, weil das Spiel von Konami schon vor vielen Jahren wieder aus dem App Store genommen wurde. War eines der am besten designten Pinball-Spiele, die ich je auf einem iOS Gerät gespielt habe! Weil da 20 Jahre Erfahrung im Pinball-Genre drinsteckten!
- Excitebike gehört zu einem der prägendsten Titeln von Nintendo. Leider bekommt man die grandiose Neuauflage
World Rally eben nicht mehr legal, da kein WiiWare Shop mehr online ist.
-
Contra ReBirth kam ebenfalls 2009 für WiiWare. Entwickelt von M2 war es das zwölfte und bislang letzte 2D Spiel der erfolgreichsten Run n Gun Reihe der Videospielgeschichte. Wurde bislang nie irgendwo wiederveröffentlicht.
- Nachfolgend noch ein paar Mobile-Spiele von vor über 10 Jahren, die es wohl nie wieder legal irgendwo geben wird.
Indiana Jones & The Lost Puzzles,
Double Dragon (
REMAKE des ersten Teils aus den 80ern!),
Wolfenstein RPG &
Doom II RPG,
Crystal Defender - Vanguard Storm (Final Fantasy Tactics Spin Off).
Nur mal wenige Einträge aus bekannten Reihen, die es nie wieder so geben wird. Die auf legalem Weg wohl für immer verschwunden sein werden.
Das wären alles Spiele, die spielekulturell durchaus eine Bedeutung hätten. Schon allein weil sie Teile von existierenden Spielreihen sind. Waren sie immer sooo mega erfolgreich? Nein, vielleicht nicht.
Aber dieses Argument mit dem Erfolg ist für mich auch ganz schön kunst- und kulturfeindlich. Weil dann könnte man auch sagen:
Ach, von Queen brauchen wir nur „We Are The Champions“, „We Will Rock You“, „Bohemian Rhapsody“ und vielleicht noch „Radio Ga Ga“ - der Rest kann weg. So würde natürlich keiner reden. Um Queen historisch korrekt einordnen zu können, braucht es
alle Songs, auch die B-Seiten und die Songs von den Alben die keine Singles wurden. Oder würde jemand über Alfred Hitchcock sagen wollen „Wichtig waren eh nur Vertigo, Psycho und Die Vögel - der Rest ist irrelevant“? Natürlich nicht!
Und wenn wir von Spielen als Kultur und Kunst sprechen wollen, dann
müssen wir auch dahin kommen, dass wir einzelne Spieledesigner und Teams zu würdigen wissen. Das fängt bei deren Ludografie an. Und um eine Spielereihe wie Wolfenstein oder Doom historisch einordnen zu können, dann müssen
alle je offiziell erschienen Titel berücksichtig werden - auch die RPG-Spinoffs, die damals übrigens technische Wunderwerke waren. Nicht die iOS Versionen, die waren nur Ports von Java-Handys. Da wurde damals in den 2000ern eine sehr mächtige RPG Engine von den Entwicklern gebaut. Das ist total interessant sich da reinzulesen.
Nun kann man natürlich auch sagen: Was solls, Spiele sind halt nur Unterhaltungs- und Konsumobjekte. Ich kehre nicht zu alten Spielen zurück und ich bin zufrieden mit dem jeweils aktuellen Angebot.
Kann man so machen. Kein Problem damit. Dann kommt aber bei den nächsten Diskussionen rund um Förderung, Zensur oder Gewalt nicht mit „Spiele sind doch Kunst und Kultur!!!1“ um die Ecke. Entweder man nimmt Spiele als solche ernst oder nicht.