Rince81 hat geschrieben: ↑4. Nov 2022, 16:50
[...] wenn man aber einen Schritt zurückgeht und mal drüber schaut scheint die Förderung zu einem Gründungsboom bei Indies geführt zu haben, die ganz krass gesprochen erwartet haben, dass ihnen der Staat ihr "Hobby" finanzieren wird und nun aus allen Wolken fallen.
Ja, das kann irgendwie man schon so formulieren. Wobei ich mich auch frage, woher das von dir zitierte Extrembeispiel mit dem 85-prozentige Anteil Bundesförderung kommt. So wie ich das verstehe, werden ja eigentlich maximal 50% der Produktionskosten gefördert. Was dann für viele Publisher ein paralles Investement sehr attraktiv gemacht hat - ich investiere meine 100.000€ natürlich lieber in ein Spiel mit einem Gesamtbudget von 200.000€ als in eines, wo mein Geld die komplette Produktion finanzieren müssen, denn das teurere Spiel hat ganz grundlegend erst einmal eine größere Chance auf Erfolg. Zumal bei vielen Studios dann ja teilweise noch Eigenmittel oder anderweitige Förderungen (z.B. von den Ländern) dazu kommen dürften, und der Anteil der Publisher folglich nochmal gut unter den 50% liegen könnte. Irgendwo las ich heute auch, vermutlich bei Dom, dass die Zusage von Publishern häufig an die Bundesförderung gekoppelt ist, weswegen durch den Antragsstopp hier leider noch zusätzliche Kaskadeneffekte erwartbar sind.
Andererseits gehe ich mit deiner Formulierung auch nicht ganz mit, denn diesen Gründungsboom finde ich eigentlich sehr unterstützungswert (bzw. dass einige Teams durch die Bundesförderung wohl den Sprung von "klein" zu "mittel" schaffen konnten). Noch vor kurzem ich nämlich darüber nachgedacht, dass aus der deutschen (Indie-)Szene zuletzt einige sehr interessante Produktionen gekommen sind, die dem Anschein nach auch am Markt recht erfolgreich sind (z.B. Dome Keeper, Signalis). Ich kann nicht sagen, inwiefern das jeweils direkt mit der Gamesförderung des Bundes zusammenhängt (oder es sich hier um Survivorship Bias oder bessere Kuration durch die tollen journalistische Angebote - oder dieses Forum
- handelt), aber diese jetzt von vielen Entwickler:innen zitierten Aufbruchstimmung habe ich persönlich zuvor ganz ehrlich ebenfalls irgendwie gespürt.
Andre Peschke hat geschrieben: ↑4. Nov 2022, 16:55
Aber man muss sich auch mal vorstellen: Einfach die Antragsformalitäten / Voraussetzungen erfüllen und es gibt Geld, dass man nichtmal zurückzahlen muss. Wo kriegt man das? Wo ist die Podcast-Förderung, wo ich das machen kann?
Das ist schon echt ne krasse Nummer und es wundert eher, dass der Run nicht viel größer und die Töpfe viel schneller leer waren.
Da hast du recht, diese Förderbedingungen sind schon eine enorme Luxussituation für die deutsche Gamesbranche, das war mir vorher auch nicht in dieser Form bewusst. Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung (allerdings keine Wirtschafts- oder Kulturförderung sondern Infrastrukturförderung, also ganz anderes Themenfeld) aber berichten, dass inzwischen einige Fördermittelgeber ähnliche Wege gehen und die Anforderungen enorm zurückfahren. Denn das Problem besteht hier oftmals darin, dass die Fördermittel nicht abgerufen werden und die Ministerien auf ihrem Geld sitzen bleiben. Hohe Hürden bei der Antragsstellung sind da sicher ein Grund - diese muss man nicht nur erfüllen können, die potenziellen Fördermittelnehmer brauchen auch Personal, dass diese komplexeren Anträge stellen kann. Außerdem bedeuten strengere Anforderungen gleichzeitig auch einen erhöhten Bearbeitungs- und Prüfaufwand für die Fördermittelgeber. Letztendlich ist das ein für alle Seiten erhöhter Aufwand, den man ggü. dem Gießkannen- und Windhundprinzip rechtfertigen muss. Ansonsten ist es einfach Bürokratie um der Bürokratie willen. Bei der Wirtschaftsförderung kenne ich mich weniger aus, aber bei den Coronahilfen sowie dem Wumms und dem Doppelwumms ist das Prinzip ja ganz ähnlich. Die Gamesförderung bewegt sich damit zumindest meiner Einschätzung nach nicht komplett außerhalb des Rahmens.