Streaming: Wer denkt an die Musik?

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HerrReineke
Archduke of Banhammer
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Re: Streaming: Wer denkt an die Musik?

Beitrag von HerrReineke »

Pan Sartre hat geschrieben: 16. Aug 2018, 09:39 Und wenn ich HerrReineke richtig verstanden habe, deckt eine Lizenz mit der GEMA nicht zwangsläufig alle Nutzungsrechte ab. Wenn ich also ein geschütztes Lied regelmäßig als Intro nutze und die Leute meine Streams damit verbinden (Markenzeichen?), müssten weitere Rechte eingeholt werden (vermutlich mit dem Label/Urheber).
Die GEMA kann halt auch nur lizensieren, was sie selbst lizensiert hat - also kommt es darauf an, welche (urheberrechtlichen) Nutzungsrechte der Urheber an die GEMA abgegeben hat. Theoretisch könnten das alle sein, es kann aber auch nur etwas sehr Spezielles sein - da kann ich leider keine Details zu nennen welche Nutzungsrechte das üblicherweise sind und ob es davon Ausnahmen gibt etc.

Vollkommen unabhängig davon sind andere Schutzrechte, z.B. das Markenrecht. Theoretisch könnte ein Jingle z.B. als Markenzeichen (sog. "Hörmarke") geschützt sein - das wiederum kann man beim EUIPO oder auch dem DPMA nachgucken (bei Musik relativ schwierig, da man nicht einfach den Jingle hochladen und vergleichen kann wie mit Shazam oder sowas, sondern sich da mit Namen etc. durchhangeln muss :doh: Andererseits gibt es insgesamt nur 672 Einträge, wovon nur 437 eingetragen oder beantragt sind (z.B. das Intro vom Morgen Magazin des ZDF)).

Diese Rechte müsste man (für eine markenmäßige Verwendung) vom jeweiligen Rechteinhaber (zusätzlich) erwerben - es dürfte in der Praxis aber eigentlich nicht vorkommen, dass die GEMA urheberrechtliche Nutzungsrechte an einem markenrechtlich geschützten Werk hält - jedenfalls wäre mir auch kein Beispiel bekannt und die Chance an Überschneidungen ist erkennbar gering bei gerade einmal 437 Hörmarken (dabei ist sogar teils nur gesprochener Text, z.B. von HEXAL, was keinen urheberrechtlichen Schutz genießen dürfte).
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Pan Sartre
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Re: Streaming: Wer denkt an die Musik?

Beitrag von Pan Sartre »

HerrReineke hat geschrieben: 16. Aug 2018, 11:43
Pan Sartre hat geschrieben: 16. Aug 2018, 09:39 Und wenn ich HerrReineke richtig verstanden habe, deckt eine Lizenz mit der GEMA nicht zwangsläufig alle Nutzungsrechte ab. Wenn ich also ein geschütztes Lied regelmäßig als Intro nutze und die Leute meine Streams damit verbinden (Markenzeichen?), müssten weitere Rechte eingeholt werden (vermutlich mit dem Label/Urheber).
Die GEMA kann halt auch nur lizensieren, was sie selbst lizensiert hat - also kommt es darauf an, welche (urheberrechtlichen) Nutzungsrechte der Urheber an die GEMA abgegeben hat. Theoretisch könnten das alle sein, es kann aber auch nur etwas sehr Spezielles sein - da kann ich leider keine Details zu nennen welche Nutzungsrechte das üblicherweise sind und ob es davon Ausnahmen gibt etc.

Vollkommen unabhängig davon sind andere Schutzrechte, z.B. das Markenrecht. Theoretisch könnte ein Jingle z.B. als Markenzeichen (sog. "Hörmarke") geschützt sein - das wiederum kann man beim EUIPO oder auch dem DPMA nachgucken (bei Musik relativ schwierig, da man nicht einfach den Jingle hochladen und vergleichen kann wie mit Shazam oder sowas, sondern sich da mit Namen etc. durchhangeln muss :doh: Andererseits gibt es insgesamt nur 672 Einträge, wovon nur 437 eingetragen oder beantragt sind (z.B. das Intro vom Morgen Magazin des ZDF)).

Diese Rechte müsste man (für eine markenmäßige Verwendung) vom jeweiligen Rechteinhaber (zusätzlich) erwerben - es dürfte in der Praxis aber eigentlich nicht vorkommen, dass die GEMA urheberrechtliche Nutzungsrechte an einem markenrechtlich geschützten Werk hält - jedenfalls wäre mir auch kein Beispiel bekannt und die Chance an Überschneidungen ist erkennbar gering bei gerade einmal 437 Hörmarken (dabei ist sogar teils nur gesprochener Text, z.B. von HEXAL, was keinen urheberrechtlichen Schutz genießen dürfte).
Also so viel ich mitbekommen habe, ist die GEMA nur für die öffentliche Vorführung von Musik in Deutschland zuständig. Dabei erwirbt die GEMA aber keine Lizenzen vom Musiker oder von der Plattenfirma, sondern diese beauftragen (bezahlen also) die GEMA, ihre Rechte zu vertreten. Das geht nur im Ganzen. Alle Werke eines Künstler fallen dann unter die GEMA, selbst wenn er einen Song beispielsweise für Charity GEMA-frei veröffentlichen wollen würde (eine der Gründe, warum ich nicht viel von der GEMA halte :D )
Wenn ein Autohersteller jetzt ein Musikstück für einen Werbespot nutzen will, wird es nicht reichen in Deutschland bei der GEMA die Nutzungsrecht für öffentliche Vorführung von Musik zu erwerben, sondern der Autohersteller wird die Nutzungsrechte für diesen Spot bei der Plattenfirma oder vom Musiker einholen müssen. Genau so wäre es doch, wenn ein Streamer/YTer seine Streams/Videos immer mit mit dem gleichen Song einleitet, und die Viewer rechtbald die Musik mit ihm verbinden.
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HerrReineke
Archduke of Banhammer
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Re: Streaming: Wer denkt an die Musik?

Beitrag von HerrReineke »

Pan Sartre hat geschrieben: 16. Aug 2018, 13:06 Dabei erwirbt die GEMA aber keine Lizenzen vom Musiker oder von der Plattenfirma, sondern diese beauftragen (bezahlen also) die GEMA, ihre Rechte zu vertreten.
Jaein. Das ist ein Wahrnehmungsvertrag, in dem die Rechte an die GEMA abgetreten werden und diese die Lizensierung quasi im Namen und Auftrag der Rechteinhaber durchführt. Die Mitgliedschaft bei der GEMA kostet wohl 50€ im Jahr und einmalig ca. 100 € Aufnahmegebühr. Ja, man bezahlt die GEMA quasi dafür, aber in anbetracht der Tatsache, dass die GEMA dann die ganze Arbeit für einen macht sollte das für die meisten professionelen Urheber gleichwohl sehr lohnenswert sein.

Für Kleinere könnte es sich dadurch lohnen, dass ihre Musik so automatisch mit im Pool ist und gespielt und lizensiert wird, während ansonsten keiner zu ihnen käme um die fürs Radio zu lizensieren. Und selbst wenn, dann wäre das eine ziemlich unfaire Verhandlungsposition ("dir ist schon klar, dass wir dir nicht soviel zahlen können wie Madonna, dass wir dein Lied spielen?"). Auch das ist ein Vorteil der GEMA: Egal welcher Künstler, es kostet alles das identische. Einen positiven Grundgedanken kann ich dem also durchaus abgewinnen, auch für kleinere Urheber. Ob der Verteilungsschlüssel am Ende unfairer Dreck ist ist wiederum eine andere Frage und würde ich vom Grundprinzip trennen wollen.
Also so viel ich mitbekommen habe, ist die GEMA nur für die öffentliche Vorführung von Musik in Deutschland zuständig. [...]
Das geht nur im Ganzen. Alle Werke eines Künstler fallen dann unter die GEMA, selbst wenn er einen Song beispielsweise für Charity GEMA-frei veröffentlichen wollen würde (eine der Gründe, warum ich nicht viel von der GEMA halte :D )
Die GEMA schreibt dazu:
"Im Berechtigungsvertrag übertragen Sie der GEMA als Treuhänderin weltweit alle Ihnen gegenwärtig zustehenden und während der Vertragsdauer noch zuwachsenden, zufallenden, wieder zufallenden oder sonst erworbenen Rechte an Ihren Werken zur Wahrnehmung."

Im Detail findet sich das im Berechtigungsvertrag.
Automatisch rausfallen tun damit Rechte, die der Künstler zum Abgabezeitpunkt gar nicht mehr hat (denn die kann er logischerweise auch nicht mehr weggeben).

Dass es keine Rosinenpickerei gibt, sondern nur "pauschal alles" geht ist im Prinzip auch sinnvoll: Sonst könnten große Künstler ihre Singles z.B. alle ausnehmen und einzeln für mehr Geld lizensieren und das gesamte Prinzip einer Verwertungsgesellschaft (dass ja durchaus gerade auch kleinere Kunstschaffende im Blick haben will) wäre ad absurdum geführt. Aber ja, diese Kritik kann ich sehr gut nachvollziehen, weshalb ich die Gründung der C3S sehr positiv fand. Wie die sich entwickelt haben, habe ich aber ehrlicherweise nicht so richtig weiter mitverfolgt.

Allerdings habe ich von Anwaltsseite auch Zweifel dahingehört, dass die GEMA wirklich (jedenfalls bei den Großen) immer so streng ist bzw. dass es andersrum inzwischen wohl Labels gibt, die (ganz oder teilweise) auf die GEMA verzichten. Allerdings wussten die auch nicht, wie die Labels das an die Radios etc. aktuell lizensieren. Genaueres kann ich dazu also nicht sagen; nur diese "Gerüchteküche" weitertragen.
Wenn ein Autohersteller jetzt ein Musikstück für einen Werbespot nutzen will, wird es nicht reichen in Deutschland bei der GEMA die Nutzungsrecht für öffentliche Vorführung von Musik zu erwerben, sondern der Autohersteller wird die Nutzungsrechte für diesen Spot bei der Plattenfirma oder vom Musiker einholen müssen.
Der Autohersteller wird diese Nutzugnsrechte (Senderechte) nicht von der GEMA erwerben, weil er nicht sendet - er produziert nur den Werbespot. Dass sind andere Nutzungsrechte, die ja potenziell nicht bei der GEMA liegen. Also ja, der Autohersteller rennt zum Label und sagt "ich würde gerne Lied X für meine Werbung nutzen" und lizensiert das dann dafür. Das GEMA-Mitglied (also Künstler und Label) meldet der GEMA ganz normal das Lied (das in der Werbung genutzt wird) und die Radiosender zahlen der GEMA Tantiemen für die Sendung des Songs - die GEMA schüttet die Tantiemen wiederum an das Mitglied aus. Es gibt also zwei Nutzungsrechte, die von unterschiedlichen Akteuren an unterschiedliche Akteure lizensiert und bezahlt werden.

Zum Beispiel der Werbung gibt es von der GEMA sogar ein wenig an Informationen, z.B. eine Pressemitteilung zur Musiknutzungsanlayse in der TV-Werbung mit entsprechender Inforgrafik.
Genau so wäre es doch, wenn ein Streamer/YTer seine Streams/Videos immer mit mit dem gleichen Song einleitet, und die Viewer rechtbald die Musik mit ihm verbinden.
Wenn jetzt Streamer X das macht, sich einen Song beim Künstler/Label lizensiert und Twitch Geld an den Künstler zahlt, weil die GEMA das trackt und abrechnet (höhö :ugly:), dann wäre das damit urheberrechtlich wie oben beschrieben durch. Dass hat aber mit einem Markenrecht erstmal nichts zu tun. Und wenn daraus tatsächlich eine Benutzungsmarke erwachsen sollte (was sehr schwer ist; aber der Streamer könnte es als Marke anmelden), dann gehört diese Marke dem Streamer, nicht dem Künstler/Label, von dem die Musik stammt!

Eine Marke ist ein Zeichen, das die Herkunft einer bestimmten Ware oder Dienstleistung darstellt. Also hier: Eine Tonfolge die eine Unterhaltungsdienstleistung von Streamer X kennzeichnet. Die Marke gehört also zum Streamer. Künstler/Label werden die Lizenz für sowas tendenziell höherpreisig bewerten, aber ansonsten haben die mit der Marke an sich nichts zu tun.

Die Komponisten und Musiker der Melodie vom Morgen Magazin des ZDF sind auch keine Markeninhaber. Die sind Urheber an dem Musikstück, aber Markeninhaber ist allein das ZDF. Das wiederum hat urheberrechtliche Nutzungsrechte von den Künstlern erworben.
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HerrReineke
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Re: Streaming: Wer denkt an die Musik?

Beitrag von HerrReineke »

Aus dem in einem anderen Thread vorgestellten DLF-Podcast weil es so gut passt hier noch ein Zitat zu dem Thema:
Ich heiße Kai Rosenkranz, bin seit 1998 in der Computerspiele-Musikbranche unterwegs. Ich habe mich, was das GEMA-Thema angeht, sozusagen dem Branchenstandard untergeordnet, dass nämlich von den Komponisten erwartet wird, dass sie nicht in der GEMA sind. Das liegt daran, dass in der Computerspielebranche die Strukturen für die Verwertung und ich sage mal sinnvolle Nutzung der Verwertungsorganisationen nicht existiert.
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