Hallo allerseits - ich hoffe, ihr hattet eine schöne Weihnachtszeit!
Eprom hat geschrieben: ↑19. Dez 2018, 16:01
Nina hat geschrieben: ↑18. Dez 2018, 15:26
Wenn überhaupt würde ich aber sagen, dass Pick-Up-Artistry tendenziell eher
nicht mit einer feministischen Grundhaltung zu vereinbaren ist, weil a) das Vertrauen in die Wirksamkeit der vermittelten Techniken die Annahme voraussetzt, dass Frauen im Kern alle gleich seien und zuverlässig auf bestimmte Reize anspringen und b) eine intensive, persönliche Auseinandersetzung mit dem Gegenüber dadurch mindestens verzögert, wenn nicht verhindert wird.
Zu A: Auch beim Pick-Up gibt es eine Einteilung in verschiedene Frauentypen. Diese basieren auf der sexistischen Fantasie des Autors, stereotypen Rollenvorstellungen, Evolutionspsychologie etc.
Hier ist ein Video von Neil Strauss in der er eine Routine präsentiert, wie man mehr über die Wünsche & Werte einzelner Frauen herausfindet.
https://youtu.be/DscdGjN5WLc
Zweierlei Gedanken hierzu: Die Fragen finde ich nicht per se uninteressant, sehe aber auch hier die komplett durchgeplante und auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtete Vorgehensweise kritisch (die besonders deutlich wird, als er den spontan wirkenden Witz zum bereits erfüllten "Lebensziel" als Teil der Routine präsentiert). Auf bloßer Grundlage dieses Videos kann ich allerdings beim besten Willen nicht nachvollziehen, warum Strauss eine solche Bedeutung in der Szene innehat(te). Er wirkt fahrig, spricht überwiegend undeutlich, hat am Ende schon wieder vergessen, wie seine Lektion begann. Das wirkt alles auf mich nicht sonderlich professionell, reflektiert und selbstbewusst. Handelt es sich dabei womöglich auch um eine Taktik, die er nutzt, um zugänglicher und menschlicher auf die Frau (neben ihm) zu wirken, oder ist er tatsächlich eher ein kompetenter Theoretiker als Praktiker?
Die Aufwertung des Selbst ist übrigens gängig im Pick-Up, wie in anderer Selbsthilfe Literatur. Stichwort 'Inner game'.
Also, mit viel Wohlwollend läßt sich da evtl. eine kompatibilität zum Feminismus hinbiegen.
Das sehe ich anders, weil das "inner game" ja nur ein Teilaspekt ist. Läge der Fokus ganz klar darauf, würde ich Dir noch eher zustimmen, aber solange die gezielte Manipulation des Gegenübers eine größere Rolle spielt als die langfristige Stärkung des Selbstbewusstseins und die Entwicklung von Selbstliebe, kann aus meiner Sicht von dezidierter "Selbsthilfe" keine Rede sein.
Ein Mindestinteresse muss natürlich vorhanden sein an der Verführung ansetzen kann.
Man muss aber unterscheiden zwischen Intention und Wille. Beides ist nicht das gleiche, und ein 'Nein' kann sich auf eine Intention beziehen, oder einen festehenden Willen.
...
'Nein heißt nein' ist eine gut anwendbare Faustregel, aber kein valides psychologisches Konzept oder eine philosophische Detailanalyse über den Willensbegriff.
Logisch, letzteres kann diese Aussage ja schon ihrer Kürze wegen nicht sein. Ich sehe das "nein" aber in beiden Fällen - Intention und Wille - prinzipiell als valide an. Inwiefern hältst Du es für erforderlich, hier weiter zu differenzieren?
Nina hat geschrieben: ↑18. Dez 2018, 15:26
Gerade letzteres kann ich auf der Basis persönlicher Erfahrungen und von Erfahrungsberichten anderer Frauen klar verneinen. Das muss aber nicht heißen, dass diese Männer bewusst aufdringlich werden - viele merken es schlichtweg nicht, sind nicht ausreichend sensibilisiert.
Ich würde dem zustimmen, möchte aber noch einen anderen Aspekt betonen. Wenn wir Frauen zugestehen, verschieden zu sein, dann muss man auch davon ausgehen, dass das was bei dieser weiblichen Person gut ankommt, bei der anderen vielleicht Ärger & Ablehnung hervorruft. Man(n) kann es nicht jeder oder jedem recht machen. Mit Kritik muss man also wohl oder übel leben, wie gut mans auch meint.
Mit dieser Argumentation könntest Du jede erdenkliche Herangehensweise (theoretisch) rechtfertigen. Es gibt sicher auch vereinzelte Menschen, die es anturnt, im Zug von wildfremden Personen begrapscht zu werden, aber deshalb ist derartiges Verhalten doch nicht zu akzeptieren. Gleiches gilt für "anzügliche Witze" (aka, im Falle des Blowjob-Spruchs, verbale Übergriffigkeit): Auch die mögen ihre Zielgruppe haben, doch ist es weitaus wahrscheinlicher, jemandem damit deutlich zu nahe zu treten. Generell sollte man sich fragen, welchen Schaden das eigene Verhalten potenziell anrichten kann - und ob man dieses Risiko in der jeweiligen Situation wirklich eingehen sollte. Anders verhält es sich natürlich, wenn das Gegenüber ganz klar signalisiert hat, offen für bestimmte Verhaltensweisen zu sein - wie etwa die Sexistin aus Deinem Beispiel.
Nun sind das Extremfälle, aber sie lassen sich auf harmlosere Situationen übertragen: Läuft eine Person weiter, nachdem Du sie angesprochen hast? Klar kann es sein, dass sie schüchtern ist, überredet werden möchte, sich bewusst ziert. Weitaus wahrscheinlicher jedoch ist, dass sie kein Interesse hat und/oder in Eile ist. Das sollte man respektieren - auch auf die Gefahr hin, damit eine Chance zu verpassen.
Und noch eine Ergänzung:
Im Idealfall finden sich so Herr und Frau Sexist*in und werden miteinander glücklich, während der Rest sich konsterniert abwendet.
So einfach ist es halt nicht immer. Was, wenn die angesprochene Person der Situation nicht ohne Weiteres entkommen kann (etwa auf einer Party oder in der Bahn)? Was, wenn sie sich bedroht fühlt? Insbesondere, wenn man von einem wildfremden Menschen auf eine hochsexualisierte Art berührt oder angesprochen wird, kann das
extrem beängstigend sein und die betroffene Person womöglich nachhaltig verstören.
Nina hat geschrieben: ↑18. Dez 2018, 15:26
Ich verstehe nicht recht, wie Du zu diesem Schluss gekommen bist, aber "die Feministinnen" stellen sich das meinen Erkenntnissen nach ganz und gar nicht so vor.
Dazu nur ein Hinweis auf einen längeren Text aus der antideutschen Zeitschrift 'Bahamas'.
http://www.redaktion-bahamas.org/auswahl/web32-4.html
Du verstehst sicher, dass der Link zu einer obskuren Nischenzeitschrift nicht wirklich als Argumentationsgrundlage für eine derart allgemeine Aussage taugt. Magst Du dennoch kurz anreißen, inwiefern der Artikel aus Deiner Sicht relevant ist? Gegegebenenfalls arbeite ich mich dann auch gerne durch die riesige Textwand.
Nina hat geschrieben: ↑18. Dez 2018, 15:26Ich verstehe immer noch nicht... wie dieser Ansatz mit dem Grundgedanken von Pick-Up-Artistry zusammenpasst. Mark Mason befürwortet also eine offene Auseinandersetzung mit der eigenen Verletzlichkeit und interpretiert Ablehnung als Geschenk, richtig? Nur: Wozu bewirbt man dann noch PUA-Techniken? Ist deren Anwendung überhaupt noch erstrebenswert, wenn man durch sie - so die Behauptung -
alle Menschen um den Finger wickeln kann - auch solche, die sonst vielleicht nicht positiv auf Avancen reagieren würden?
Nach meinem Verständnis ist der Grundgedanke von Pick-Up, die eigenen Chancen beim anderen Geschlecht durch Psychologische (Verhaltenstherapie, Gesprächspsychotherapie) und pseudowissenschaftliche Ansätze (Nlp) zu verbessern.
Das man damit alles und jeden manipulieren kann, glauben wohl die wenigsten. Das wäre offensichtliche Scharlatanerie und wer darauf reinfällt, kann wenig Mitleid von mir erwarten.
Letztere Aussage finde ich interessant, gerade angesichts des kurzen Absatzes über Deine persönlichen Erfahrungen. Ich würde es verzweifelten Menschen nie verargen, Scharlatanen auf den Leim zu gehen. Gerade Einsamkeit kann sehr verletzlich und empfänglich für Botschaften machen, die von außen betrachtet offensichtlicher Unsinn sind, daher halte ich Mitleid auf jeden Fall für angemessen. Kritik ist vor allem an jene zu richten, die die Verletzlichkeit Anderer bewusst ausnutzen, und das tun zahlreiche Pick-Up-Artists (insbesondere jene, die viel Geld für ihre Ratschläge verlangen).
An dieser Stelle möchte ich Dir übrigens nochmal für Deine Offenheit und die angeregte Diskussion danken. Ich freue mich sehr, mit einer ganz anderen Perspektive auf das Thema konfrontiert zu werden.
Laflamme hat geschrieben: ↑20. Dez 2018, 15:07
Was ich so verstanden habe beschäftigt sich das Thema wirklich nur, Frauen für eine Nacht irgendwie herumzubekommen und nichts längerfristiges aufzubauen. Womit sich für mich auch erklärt, warum Sex in diesen Spielen kein großes Thema ist -> das Ziel ist zu diesem Zeitpunkt eh schon erreicht, und da es wohl nur um die eigene Bedürfnisbefriedigung geht muss der wohl auch nicht sonderlich gut sein solange man selbst auf die Kosten kommt.
Mit gesteigertem Selbstbewusstsein, das hier an den Tag gelegt wird, kann man sich ja auch einreden, dass man der tollste Hengst vor dem Herrn ist.
Und ich glaube, dass genau das nicht funktioniert. Gerade, wenn das eigene Selbstbewusstsein auf einer feinsäuberlich zurechtgebastelten Persona aufbaut, wird man sich doch höchstwahrscheinlich in einem Moment absoluter Verletzlichkeit, nackt vor einem anderen Menschen, mit den Scherben desselbigen konfrontiert sehen. Mir scheint, dass diese Gefahr einfach nicht bedacht wird bzw. manche Pick-Up-Artists aufgrund ihres sehr einfachen Menschenbildes davon ausgehen, dass in dieser Situation das "Tier im Manne" das Steuer übernimmt und der Sex als instinktiver Akt gewissermaßen von selbst funktioniert. Ich äh... kann aber wiederum aus eigener Erfahrung berichten, dass das
nicht zuverlässig klappt.
Kommen wir zu meinem üblichen Spieletip, von dem ich mich gewundert habe, warum dieses "Kleinod" aus dem Jahr 2005 nicht im Cast vorgekommen ist. Ich habe mich jedenfalls über diese "Datingsim" namens "
Seven Sins" köstlichst amüsiert als ich ein Let's Play angeschaut und es mir dann selbst, äääääh, organisiert habe. Aber worum es geht lasse ich Christian Schmidt am besten selbst erklären:
https://www.youtube.com/watch?v=wQBvHKk16z0
Das Spiel steht schon seit Ewigkeiten in meiner Sammlung und setzt Staub an. Reingespielt habe ich bereits, hatte bisher aber noch keine wirkliche Gelegenheit, darüber zu sprechen. Das wird beizeiten nachgeholt!
Tengri Lethos hat geschrieben: ↑23. Dez 2018, 12:56
Dabei stelle ich mir immer wieder die Frage, ob es nicht so ist, dass jeder Mensch in irgendeiner Form Manipulationsversuchen von frühester Kindheit an ausgesetzt ist. Eltern versuchen das bei ihren Kindern und auch umgedreht. Das erfolgt mal mehr oder weniger subtil und (hoffentlich) bei Eltern oftmals wenigstens mit guten Absichten.
Guter Punkt! Schon die bisweilen sehr kreativen Methoden, Kindern Gemüse unterzujubeln, könnte man theoretisch entsprechend deuten. Das Eltern-Kind-Verhältnis ist aber für mich nicht mit der hier besprochenen Interaktion zwischen erwachsenen Menschen vergleichbar, schließlich tragen Eltern die Verantwortung für das Wohlergehen ihrer Kinder und folgen einem expliziten Erziehungsauftrag, der sich gerade in den frühen Lebensjahren einfach nicht auf Augenhöhe verhandeln lässt, während Kindern je nach Alter gar nichts anderes übrig bleibt, als gewissen manipulativen Mustern zu folgen (etwa dem Schreien als Möglichkeit, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen). Die Form der Manipulation ist hier also eine ganz andere (im Hinblick sowohl auf Motivationen als auch Ziele).
Gleichzeitig musste ich natürlich auch etwas schmunzeln, wenn ich an die eigene Jugend zurückdenke: Da hat man natürlich dem / der Angeschwärmten auch mal erzählt, dass man sich total für das Hobby XY, die Musik o.ä. interessiert. Jugendsünden eben, weshalb ich es wichtig finde, dass gerade unsicheren Menschen auch deutlich gemacht wird, was von den Aussagen der Pick Up Artists ok ist und was (und vor allem warum) problematisch ist.
Haha, stimmt! Diese Situation haben sicher die meisten von uns irgendwann einmal durchlebt und das ist völlig okay, schließlich befindet man sich in der Jugend noch in einer Lernphase. Wichtig ist aber, wie Du sagst, dass man dieses Verhalten klar dieser Lebensphase zuordnet und es danach ablegt.
Etwas geschockt war ich über die Verkaufszahlen von Super Seduce 1 + 2, die man so im Netz findet. Mich würde total interessieren, wieviele der Käufer sich das Spiel geholt haben, weil sie wirklich Hilfe davon erwarteten und wieviele, weil sie dachten: "Diesen Unfall muss man gesehen haben"
Gerade bei "Super Seduce 2" gehe ich davon aus, dass die meisten Käufe letzterer Kategorie zuzuordnen sind, weil hier der Käsefaktor so bewusst hochgeschraubt und vorab auch in der PR kommuniziert wurde. Im Falle des ersten Teils weiß ich es schlichtweg nicht, nehme aber an, dass zumindest ein nicht unerheblicher Teil der Absatzzahlen Scherzkäufen zuzuschreiben ist. Schließlich zogen die Verkäufe meines Wissens erst richtig an, als das Spiel in etlichen Artikeln und Videos verrissen wurde.
Eprom hat geschrieben: ↑23. Dez 2018, 20:37
Tengri Lethos hat geschrieben: ↑23. Dez 2018, 12:56
Sehr schöne Folge, besonders möchte ich loben, dass ihr euch differenziert mit dem Thema auseinandergesetzt und nicht einfach nur "draufgehauen" habt, etwas was a)
Fand ich auch. Trotz meiner Kritik möchte ich die Folge hier dennoch nochmal loben, weil sie sehr diffrenziert und objektiv rüberkam, und die Psychologin einzelnen Männern eine Stimme gegeben hat, die sich evtl. zu Pick-Up hingezogen fühlen.
Vielen Dank euch beiden!