Felidae hat geschrieben: ↑7. Aug 2021, 09:37
Weshalb die oft gehörte Forderung "Die sollen sich doch was neues überlegen statt an alten Stoffen rumzupfuschen" aus rein künstlerischer Sicht sogar kontraproduktiv ist. Egal, ob es um ein kubanisches Schneewittchen, weibliche Ghostbuster oder einen schwarzen/weiblichen James Bond geht. Entscheidend ist, was bei der ungewohnten Besetzung rauskommt. Nicht, dass sie stattfindet.
Exakt. Allerdings ist eine diverse Besetzung noch lange kein Selbstläufer und ich habe das Gefühl, dass der ein oder andere Produzent dieser Meinung ist. Man vermarktet sich dann gerne als progressiv, aber das Writing hat man definitiv vernachlässigt. Und leider sieht man, dass diverse Casts auch als Schutzschild gegen Kritik verwendet werden. Kritiker des 2016er Ghostbusters wurden von Paul Feig und Konsorten gerne in einen Topf mit den "beleidigten Nerds" gesteckt, die keine Frauen in ihren Filmen ertragen. Auch bei "Captain Marvel" hat Disney immer wieder durchblitzen lassen und in Medien gestreut, dass sie Kritik im Grunde für sexistisch halten.
So geht es auch nicht, auch wenn sicherlich - wie auch bei den Amazon Studios jetzt - gute Absichten dahinter stecken.
Übrigens auch wenn ich mit dem einen Punkt der Amazon Richtlinien massive Probleme habe, heißt das nicht, dass ich einer dieser Menschen bin, die dann "Boykott!" oder sowas rufen. Was am Ende dabei rauskommt sehe ich davon getrennt und kann immer noch ziemlich gut sein - eben im Rahmen von Großproduktionen.
Wobei ich vielleicht initial etwas zu einseitig war: Die Amazon Studios haben auch coole kleine Filme produziert wie "The Big Sick", "Paterson", "Suspiria" oder "Sound of Metal". Also die sind jetzt kein Warner, Disney oder Sony.
Und auch noch ein Aspekt: Eine diverse Besetzung nützt nichts, wenn man die Rollen stereotyp belässt. Was meine ich damit? Gerade rühmt sich Disney in "Jungle Cruise" die erste offen homosexuelle Figur zu haben. Ich habe den Film selber noch nicht gesehen, aber ich habe es jetzt schon vermehrt von Leuten gehört, dass der eigentlich eine typische und stereotype Frauenrolle spielt. Er ist die Damsel in Distress, sensibel, ängstlich und schreit nur rum. Wenn man man böse ist, ist das eine ganz schöne Ladung an homophoben Klischees gegenüber Homosexuellen.
Parallel dazu soll Emily Blunt eben eine stereotype Männer-Action-Rolle spielen.
Was nützt die diverseste Besetzung, wenn sich die Dynamiken nicht entsprechend ändern und der Effekt eintritt, dass sich Filme wieder frischer anfühlen, neue Perspektiven zeigen. Oder reicht es den Leuten wirklich einfach eine Vertretung dieser Gruppen zu haben? Da müsste man wahrscheinlich wirklich mit Betroffenen sprechen.