Verdammt. Ich wollte mir die ME Madness eigentlich aufsparen, bis ich die Spiele selbst mal wieder anpacke, aber die Neugier war zu groß und ich fühle mich bisher hervorragend unterhalten. Das binge-taugliche Format kam mir auch sehr entgegen und ich kann nicht ganz nachvollziehen, warum sich das nicht jeder selbst einteilen kann, wie es passt, anstatt eine erzwungene Portionierung einzufordern.
Einige eurer Einschätzungen haben bei mir allerdings Unverständnis hervorgerufen oder zumindest Diskussionsbedarf erzeugt, allen voran eure Äußerungen zu Liara in ME1. Da der erste Teil bei mir schon zu lange her ist, um mich noch daran zu erinnern, habe ich mich erstmal mit euch über die unfähige Wissenschaftlerin amüsiert, da ich eure Aussagen für bare Münze genommen hatte, bis GoodLord das ganze ganze hier zurechtgerückt hat:
GoodLord hat geschrieben: ↑5. Jul 2021, 12:09
Ich hab mir jetzt übrigens extra noch mal die ersten Szenen mit Liara auf Youtube angesehen (
https://www.youtube.com/watch?v=4o91uvdPasg) und vertehe echt nicht, warum ihr da so auf dem Wissenschaftsbild in Mass Effect generell oder in Bezug auf Liara im speziellen rum hackt.
... (gekürzt)
Dann ist es ja auch nicht so, dass Liara sagt, die hätte keine Anhaltspunkte, die sie zu ihrer Theorie geführt haben. Sie sagt halt, dass sie über die Jarhzente sehr viele Indizien gesammelt hat und bloß, weil sie in einem 10 Menütigen Gespräch den wissenschaftlichen/archäologischen Laien auf der Normandy keine "Smoking Gun" präsentieren kann bedeutet das ja nicht, dass da keine Substanz dahintersteckt.
Gleichzeitig sagt sie ja auch selbst, dass es eben noche eine Theorie ist und sie noch nach Beweisen sucht. Auch das scheint mir alles andere als unwissenschaftliches Vorgehen. Und dass man nach 50 Jahren Forschung/Suche (vermutlich weitgehend alleine) in einem schier endlosen Universum noch keine harten Beweise für etwas gefunden hat, was eine extrem fortschrittliche Zivilisation vor zehntausend Jahren versucht hat zu verheimlichen kann man jetzt auch nicht undbedingt dem einzelnen Wissenschaftler vorwerfen.
Jetzt kann man sich natürlich darüber lustig machen, dass sie das Wort "feeling" verwendet (nachdem sie übrigens auch von "findings", "scraps of evidence", "patterns" spricht), aber das Ausmaß, in dem ihr euch darüber auslasst steht meiner Meinung nach in keinem Verhältnis zu dem, was gesagt wird. Im übrigen ist es ja auch nicht so, als ob sie hier ein Paper auf ner wissenschaftlichen Konferenz verteidigt auf der sie wahrscheinlich auch wesentlicher detaillierter ausführen würde, was sie denn Konkret zu ihren Schlussfolgerungen geführt hat. Sie ist halt überzeugt von ihrer Theorie und hält sie in dem Kontext der Runde für relevant genug um sie mit den anderen zu Teilen.
Dem stimme ich nach mehrmaligem Anhören auf youtube vollständig zu und möchte noch ergänzen, dass es auch kein Zeichen von Unfähigkeit ist, dass sie sich in das Kraftfeld eingesperrt hat, sondern ein Zeichen von Panik. Sie sagt ja, dass sie sich vor den Geth versteckt und dann das Sicherheitssystem aktiviert hat, um die Geth draußen zu halten und dabei scheinbar einen Fehler gemacht hat. Kann ich in dieser Stresssituation vollkommen nachvollziehen.
Zusätzlich werft ihr die Frage auf, ob Liara nicht vielleicht noch zu jung für Shepard ist (als Romanze) und das scheinbar primär auf Grund ihrer Aussage "Among the Asari I'm barely considered more than a child", aber ich denke, auch da gallopiert ihr in die falsche Richtung. Wenn sie 106 ist und seit 50 Jahren forscht und vorher studiert und ihren Doktor gemacht hat, geht ihr dann davon aus, dass Asari im jungen Kindesalter mit dem Studium anfangen? Das ergibt so keinen Sinn. Vielmehr denke ich, dass ihre oben zitierte Aussage eher plakativ (und vielleicht etwas sarkastisch) verdeutlichen soll, dass sie als junge Asari allgemein und speziell in ihrem Job nicht ernst genommen wird (was sie ja danach auch direkt anspricht). Kommt mir eigentlich sehr bekannt vor aus Deutschland, inklusive Aussagen wie "der/die ist ja fast noch ein Kind" von meist älteren Leuten über solche in ihren 20ern, oft mit dem Zweck, eine irgendwie geartete Befähigung abzusprechen oder einfach nur eine Meinung zu diskreditieren. Gab es nicht auch eine Debatte, ob Frau Baerbock mit ihren 40 Jahren nicht vielleicht zu jung für das Kanzleramt wäre? (hab das nicht so mitverfolgt). Für mich ist das in ME eher ein Hinweis darauf, dass die Gesellschaft der Asari ähnlich überaltert ist wie unsere, obwohl das auf den ersten Blick nicht so aussieht.
Ich finde generell die Ansichten zu den möglichen Romanzen aus ME1 und ME2, die sowohl im Podcast als auch hier im Forum die Vorherrschenden zu sein scheinen, nicht ganz nachvollziehbar:
Einmal ist da die Aussage, dass alle in Frage kommenden Personen Untergebene oder Schutzbefohlene sind. Für Ashley und Kaidan trifft das in ME1 sicher zu, da Shepard dort noch ihr militärischer Vorgesetzter ist. Bei Jacob und Kelly müsste man schon drüber diskutieren, wie das bei Cerberus geregelt ist (z.B. ob sie einfach gehen dürfen ohne Repressalien zu befürchten) und Miranda steht imho auf einer Ebene mit Shepard. Die Aliens und Jack sind freiwillig dabei und können imho jederzeit verschwinden, wenn ihnen Shepards verhalten nicht passt.
Weiterhin scheint Tali den meisten zu jung zu sein. Schwamm drüber, dass sie offiziell in ME2 24 (ME1 22) sein soll, denn da kann man ja viel hinschreiben, aber ich stimme auch nicht zu, dass sie wie "barely legal" wirkt. Sie ist als Nerd angelegt und da hab ich schon sozial unsicherere in dem angedachten Alter erlebt und bei einer Person wie Shepard wäre ich in dem Alter vielleicht auch ins Stottern gekommen. Warum sollte gerade das gegen eine Romanze sprechen?
Bei Jack wird angeführt, dass sie wegen ihrer Vergangenheit verletzlich ist und Shepard deshalb eher Distanz wahren sollte. Was gibt es denn besseres für eine verletzte Seele, als einen geeigneten Partner (egal welchen Geschlechts) an seiner Seite zu haben? Ich kann hier eigentlich nur vermuten, dass ihr Shepard nicht als geeignet anseht. Warum? Ich verstehe auch nicht, warum der fast nackte Oberkörper problematisch sein sollte. Passt doch genauso zu ihrer lma Attitüde wie ihr geschorener Kopf und ihr Verhalten. Nacktheit ist nicht gleichbedeutend mit Sexualisierung.
Bei Miranda stört mich ihr sexualisiertes Aussehen nicht im geringsten, denn das passt zum Hintergrund des Charakters (auf Perfektion gezüchtet und sie nutzt ihre Reize bewusst zur Manipulation), aber dass sie direkt dahinschmilzt, wenn Shepard mal nett zu ihr ist, ist völlig unglaubwürdig und daneben.
Bei Samara finde ich das Outfit dagegen auch völlig unpassend weil unglaubwürdig, aber in dem einen Punkt scheinen sich ja ohnehin alle einig zu sein.
Generell empfinde ich die Romanzen nicht wirklich als gelungen. Mein Problem ist aber nicht die Grundanlage der möglichen Partner sondern der Ablauf der Romanzen, sei es, dass die generell Interessierten immer zur Verfügung stehen, egal wie man Shepard sonst im Spiel handeln lässt, dass Shepard (fast?) nie abblitzt (der von Andre genannt rote Teppich), oder dass jede Romanze scheinbar mit Sex enden muss (vermute ich). Gerade bei Tali hätte ich mir die Option zu einer Liebesbeziehung gewünscht, bei der Sex erstmal auf nach der Rettung der Welt verschoben wird (falls überhaupt), um sie nicht zu gefährden und bei Jack ist Sex imho zu diesem Zeitpunkt auch völlig unpassend wegen ihrer Historie. Generell wirken Beziehungen in Spielen immer so gehetzt und zielgerichtet auf Sex oder Ehe ausgerichtet und dann kommt nix mehr. Ich würde mir als "Belohnung" eher mehr (und teils andere) Dialoge mit den Geliebten wünschen, aber vielleicht bin ich da auch seltsam (für einen Mann?). Gerade Tali könnte ich stundenlang zuhören...
Was mich aber ziemlich befremdet - dass ihr das bloße Vorhandensein eines weichen Kerns bei Miranda und Jack kritisiert und im Gegensatz Typen wie Grunt und Zaeed (harte Schale, harter Kern) eher lobt und euch scheinbar weibliche Charaktere nach ihrem Vorbild wünscht. Für mich sind das durchgeknallte Gewalttäter und/oder Psychopathen, die mir nur in Ausnahmefällen in die Gruppe kommen. Dann doch lieber den weichen Kern als Standard für beide Geschlechter. Ob das glaubwürdig umgesetzt wurde, ist natürlich eine andere Geschichte.
Generell finde ich das Männerbild, dass vor allem in Spielen oft vermittelt wird, unabhängig vom Aussehen ziemlich problematisch und viel zu selten erwähnt. Wie da die Romanzenoptionen für Femshep umgesetzt sind, weiß ich nicht, aber generell scheinen männliche Charaktere grundsätzlich eine geringe emotionale Bandbreite zu bekommen und warum ist der einzige Intellektuelle (Mordin) eigentlich keine Romanzenoption?