Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?
Verfasst: 10. Apr 2021, 16:09
The Host
2006; Regisseur: Bong Joon-ho; DarstellerInnen: Song Kang-ho, Byun Hee-bong, Go Ah-sung; Genre: Monsterdrama
Im Jahr 2000 in einer US-amerikanischen Basis in Südkorea: Ein amerikanischer Forscher befehligt einen südkoreanischen Mitarbeiter giftige Chemikalien in den Abfluss eines Waschbeckens zu entsorgen. Trotz der Bedenken, dass das Zeug dann im nahen Fluss landet, wird dem Folge geleistet. 2 Jahre später entsteigt ebenjenem Fluss ein Monster, dass die Menschen auf der Promenade angreift. Unter ihnen ist auch Gang-du, der dort zusammen mit seinem Vater eine Essensbude betreibt. Seine Tochter Hyun-seo gerät in die Fänge des Monsters und wird für tot gehalten. Doch während Gang-du mit seinem Vater und herbeigeeilten Geschwistern in Quarantäne ausharrt ruft ihn plötzlich seine Tochter an und es stellt sich heraus, dass sie noch lebt. Keiner glaubt ihm und seiner Familie und sie brechen aus um Hyun-seo auf eigene Faust aus den Fängen des Monsters zu befreien.
Bong Joon-ho, der 2019 mit dem gesellschaftskritischen Drama "Parasite" bei Kritikern und Publikum einen Megahit landete und 2020 bei der Oscarverleihung Geschichte schrieb, ist der Regisseur dieses Monsterfilms. Das weckt natürlich Erwartungen, gerade wenn man auch noch zu der Hälfte der Menschheit gehört, die Snowpiercer von ihm nicht hasst, sondern für einen außergewöhnlich guten Film hält.
"The Host" enttäuscht auf hohem Niveau. Natürlich ist das keiner dieser vielen stumpfen Vertreter des Genres, denn Joon-ho findet auch hier wieder seinen ganz eigenen Dreh: Anstatt auf ausladende Actionsequenzen, Zerstörung und Bombast zu setzen, steht hier der Zusammenhalt der Familie im Mittelpunkt, die trotz aller Differenzen alles füreinander tut und natürlich besonders die Liebe eines Vaters zu seiner Tochter. Dass das einen emotional erreicht, liegt zunächst einmal an den tollen Darstellern, allen voran Song Kang-ho, der auch fast 15 Jahre später in "Parasite" die Hauptrolle spielte. Aber auch Byun Hee-Bong liefert eine herausragende Leistung als Opa ab. Und der Regisseur und Drehbuchautor Bong Joon-ho schafft es auch, dass jeder in der Familie sein ganz eigenes markantes Profil bekommt: Der trottelige und tollpatschige, aber liebenswerte Vater; der aufgrund seines Aktivismus als Student gescheiterte Bruder; die Schwester, die als Sportlerin aufgrund von Komplexen viel erfolgreicher sein könnte, als sie ist; die aufgeweckte und selbstbewusste Tochter und der weise und überraschend tatkräftige Opa, der die ganze Truppe zusammen hält. Die wachsen einen alle sofort ans Herz und man bangt um sie. Das ist eine Sache, die "The Host" wirklich vielen Vertretern seines Genres weit voraus hat: Einen interessieren die Menschen und es ist einen nicht egal, ob sie, aufgefressen oder zertreten werden.
Auch ist diese Hatz einfach sehr spannend inszeniert. Unsere Protagonisten stehen nicht nur unter dem ständigen Druck rechtzeitig zu kommen, um die in ständiger Gefahr schwebende Hyun-seo zu befreien, sie sind auch noch in der Gefahr selber vom Monster angegriffen zu werden und werden oben drauf noch von den Behörden gejagt, weil sie ja aus der Quarantäne ausgebrochen sind. Denn angeblich verbreitet das Monster auch einen tödlichen Virus.
Das besagte Monster sieht übrigens erstaunlich gut aus. Wenn man bedenkt, dass der Film 2006 entstanden ist und asiatische Filme gerne mal beim CGI gegenüber US-amerikanischen Produktionen zurückhängen, ist das sehr beachtlich. Aber die größte Stärke ist das Design, denn das ist schwer einzuordnen. Auf vielen Bildern und DVD/Blu-ray-Covern des Films sieht man diesen einen Tentakel aus dem Wasser ragen und ich hatte schon befürchtet, dass das schon wieder ein Lovecraft-Cthulu-Klon wird, aber der Tentakel stellt sich lediglich als Schwanz eines ziemlich eigenen und eklig aussehenden Viechs heraus. Und es ist auch nicht so unfassbar groß und die Gefahr entsteht eher durch seine Schnelligkeit.
Auf der anderen Seite ist das Monster aber auch der größte Kritikpunkt und ein Grund dafür, dass ich am Ende sage, dass meine – vielleicht zu hohen – Erwartungen nicht ganz erfüllt worden sind: Es steckt nicht mehr dahinter als das, was ich oben in die Storyzusammenfassung geschrieben habe. Ich hatte mir irgendwie erhofft, dass auch da mal ein etwas tiefsinnigerer Ansatz gefunden wird, aber das Ungeheuer ist lediglich Bedrohung. Natürlich hat das die Ebene einer Umweltbotschaft... allerdings einer ziemlich platten.
Auch diese ganze Geschichte um das Virus wird immer wieder angeteast und entpuppt sich als ziemliche Luftnummer ohne Konsequenz.
Und in einer Hinsicht erfüllt der Film ein sehr gängiges Klischee, wenn es um die Schwester des Hauptprotagonisten geht, nämlich den des sportlichen oder sonst irgendwie gearteten Komplexes, der dann in der Extremsituation gelöst wird. wenn Sie als Bogenschützin hat nämlich das Problem, dass ihre Nerven es nicht mitmachen,wenn sie den letzten Pfeil schießen muss. Ich habe diese Szene am Anfang gesehen und wusste wirklich sofort, dass das irgendwann in einer wichtigen und knappen Situation mit dem Monster wieder aufgegriffen wird und so kam es auch. Am lächerlichsten hat dieses Trope allerdings Jurassic Park 2 aufgenommen, als die Tochter von Ian Malcolm (Jeff Goldblum) mit ihrer Turnerei einen Velociraptor abwehrt.
Dennoch würde ich sagen, dass der Film in diesem Genre - das so viel beabsichtigten und unbeabsichtigten Trash produziert - aufgrund seiner Charaktere und Inszenierung deutlich heraus sticht und am Ende mit seiner Konsequenz ziemlich überrascht und berührt.
3,5 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/the-host/
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=1HRTy26s4hw
2006; Regisseur: Bong Joon-ho; DarstellerInnen: Song Kang-ho, Byun Hee-bong, Go Ah-sung; Genre: Monsterdrama
Im Jahr 2000 in einer US-amerikanischen Basis in Südkorea: Ein amerikanischer Forscher befehligt einen südkoreanischen Mitarbeiter giftige Chemikalien in den Abfluss eines Waschbeckens zu entsorgen. Trotz der Bedenken, dass das Zeug dann im nahen Fluss landet, wird dem Folge geleistet. 2 Jahre später entsteigt ebenjenem Fluss ein Monster, dass die Menschen auf der Promenade angreift. Unter ihnen ist auch Gang-du, der dort zusammen mit seinem Vater eine Essensbude betreibt. Seine Tochter Hyun-seo gerät in die Fänge des Monsters und wird für tot gehalten. Doch während Gang-du mit seinem Vater und herbeigeeilten Geschwistern in Quarantäne ausharrt ruft ihn plötzlich seine Tochter an und es stellt sich heraus, dass sie noch lebt. Keiner glaubt ihm und seiner Familie und sie brechen aus um Hyun-seo auf eigene Faust aus den Fängen des Monsters zu befreien.
Bong Joon-ho, der 2019 mit dem gesellschaftskritischen Drama "Parasite" bei Kritikern und Publikum einen Megahit landete und 2020 bei der Oscarverleihung Geschichte schrieb, ist der Regisseur dieses Monsterfilms. Das weckt natürlich Erwartungen, gerade wenn man auch noch zu der Hälfte der Menschheit gehört, die Snowpiercer von ihm nicht hasst, sondern für einen außergewöhnlich guten Film hält.
"The Host" enttäuscht auf hohem Niveau. Natürlich ist das keiner dieser vielen stumpfen Vertreter des Genres, denn Joon-ho findet auch hier wieder seinen ganz eigenen Dreh: Anstatt auf ausladende Actionsequenzen, Zerstörung und Bombast zu setzen, steht hier der Zusammenhalt der Familie im Mittelpunkt, die trotz aller Differenzen alles füreinander tut und natürlich besonders die Liebe eines Vaters zu seiner Tochter. Dass das einen emotional erreicht, liegt zunächst einmal an den tollen Darstellern, allen voran Song Kang-ho, der auch fast 15 Jahre später in "Parasite" die Hauptrolle spielte. Aber auch Byun Hee-Bong liefert eine herausragende Leistung als Opa ab. Und der Regisseur und Drehbuchautor Bong Joon-ho schafft es auch, dass jeder in der Familie sein ganz eigenes markantes Profil bekommt: Der trottelige und tollpatschige, aber liebenswerte Vater; der aufgrund seines Aktivismus als Student gescheiterte Bruder; die Schwester, die als Sportlerin aufgrund von Komplexen viel erfolgreicher sein könnte, als sie ist; die aufgeweckte und selbstbewusste Tochter und der weise und überraschend tatkräftige Opa, der die ganze Truppe zusammen hält. Die wachsen einen alle sofort ans Herz und man bangt um sie. Das ist eine Sache, die "The Host" wirklich vielen Vertretern seines Genres weit voraus hat: Einen interessieren die Menschen und es ist einen nicht egal, ob sie, aufgefressen oder zertreten werden.
Auch ist diese Hatz einfach sehr spannend inszeniert. Unsere Protagonisten stehen nicht nur unter dem ständigen Druck rechtzeitig zu kommen, um die in ständiger Gefahr schwebende Hyun-seo zu befreien, sie sind auch noch in der Gefahr selber vom Monster angegriffen zu werden und werden oben drauf noch von den Behörden gejagt, weil sie ja aus der Quarantäne ausgebrochen sind. Denn angeblich verbreitet das Monster auch einen tödlichen Virus.
Das besagte Monster sieht übrigens erstaunlich gut aus. Wenn man bedenkt, dass der Film 2006 entstanden ist und asiatische Filme gerne mal beim CGI gegenüber US-amerikanischen Produktionen zurückhängen, ist das sehr beachtlich. Aber die größte Stärke ist das Design, denn das ist schwer einzuordnen. Auf vielen Bildern und DVD/Blu-ray-Covern des Films sieht man diesen einen Tentakel aus dem Wasser ragen und ich hatte schon befürchtet, dass das schon wieder ein Lovecraft-Cthulu-Klon wird, aber der Tentakel stellt sich lediglich als Schwanz eines ziemlich eigenen und eklig aussehenden Viechs heraus. Und es ist auch nicht so unfassbar groß und die Gefahr entsteht eher durch seine Schnelligkeit.
Auf der anderen Seite ist das Monster aber auch der größte Kritikpunkt und ein Grund dafür, dass ich am Ende sage, dass meine – vielleicht zu hohen – Erwartungen nicht ganz erfüllt worden sind: Es steckt nicht mehr dahinter als das, was ich oben in die Storyzusammenfassung geschrieben habe. Ich hatte mir irgendwie erhofft, dass auch da mal ein etwas tiefsinnigerer Ansatz gefunden wird, aber das Ungeheuer ist lediglich Bedrohung. Natürlich hat das die Ebene einer Umweltbotschaft... allerdings einer ziemlich platten.
Auch diese ganze Geschichte um das Virus wird immer wieder angeteast und entpuppt sich als ziemliche Luftnummer ohne Konsequenz.
Und in einer Hinsicht erfüllt der Film ein sehr gängiges Klischee, wenn es um die Schwester des Hauptprotagonisten geht, nämlich den des sportlichen oder sonst irgendwie gearteten Komplexes, der dann in der Extremsituation gelöst wird. wenn Sie als Bogenschützin hat nämlich das Problem, dass ihre Nerven es nicht mitmachen,wenn sie den letzten Pfeil schießen muss. Ich habe diese Szene am Anfang gesehen und wusste wirklich sofort, dass das irgendwann in einer wichtigen und knappen Situation mit dem Monster wieder aufgegriffen wird und so kam es auch. Am lächerlichsten hat dieses Trope allerdings Jurassic Park 2 aufgenommen, als die Tochter von Ian Malcolm (Jeff Goldblum) mit ihrer Turnerei einen Velociraptor abwehrt.
Dennoch würde ich sagen, dass der Film in diesem Genre - das so viel beabsichtigten und unbeabsichtigten Trash produziert - aufgrund seiner Charaktere und Inszenierung deutlich heraus sticht und am Ende mit seiner Konsequenz ziemlich überrascht und berührt.
3,5 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/the-host/
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=1HRTy26s4hw