Als jemand, der mit Jörg Luibls Schrift nie viel anfangen konnte, war ich sehr überrascht, dass er sich in der Rede (für mich) deutlich angenehmer und interessanter ausdrückt. Vielleicht hätte ich auf 4players doch mal ein paar Videos schauen sollen anstatt nur zu lesen. Als es hieß, man müsse jetzt mal langsam zum Ende kommen, dachte ich jedenfalls: nö, da gäbe es noch mehr zu hören.
Ich fand's sehr schön, dass auch bei den kritischeren Themen recht nüchtern und sachlich gesprochen wurde, anstatt die Bühne zu nutzen für eine Art Abrechnung oder so. Mich hat es allerdings deprimiert zu hören, wie wichtig Suchalgorhitmen & Co tatsächlich sind. Nicht dass man das nicht eigentlich wüsste, aber nochmal so knallhart dargelegt, wie man seine Artikel verfassen muss, um überhaupt Reichweite zu haben, war gut. Vielleicht ist die Verweigerung dessen genau der Grund gewesen, warum 4players die einzige deutschsprachige Games-Seite war, die ich überhaupt noch aufgerufen habe, auch wenn ich inhaltlich nicht immer begeistert war. (Was aber letztlich auch wertvoller ist als eine Seite, auf der ich allem zustimme.) Nicht dass es das im englischsprachigen Raum nicht auch gäbe, aber da kenne ich halt entsprechende Alternativen. In D fallen diese für mich mit 4players aus und weg.
Denn da hat Jörg auch Recht: es ist ein Unding, dass wir im Spielebereich eine Erwartungshaltung an Webseiten kennen, was für eine Wertung ein bestimmter Titel zu bekommen hat, und so ein/e Review/Kritik wie ein Schulzeugnissehen sehen, wo jeder Ausreißer nach oben oder unten nicht ernstgenommen und evtl. noch als Aufmerksamkeitsgeheische verschrien wird, anstatt sich über jede abweichende Meinung als Bereicherung des Diskurses zu freuen.
Als Beispiel der im Podcast genannte Inquisition-Test. Ich finde den tonal zu negativ und da passt dann auch die Wertung zu. Er wirkt wie ein Frust-Test, aber er zeigt halt auch deutlich, warum der Tester gefrustet war, und jeder einzelne Kritikpunkt ist für sich genommen auch wahr. Wem wäre hier mit einem weiteren "Geil, Monster niederknüppeln in riesiger Spielwelt"-Test gedient gewesen? Was hat man als Leser davon? Gar nichts. Mir hat Inquisition trotz seiner Schwächen viel Spaß gemacht und meine Wertung läge deutlich höher, müsste ich eine geben. Aber die lesenswerte Kritik ist halt dann doch eher die von Jörg.
Dahinter steckt das Problem, dass die Spielepresse eben doch oft wie ein verlängerter Arm der PR-Abteilungen funktioniert und keine fachmännische Auseinandersetzung mit einem Kunstwerk, sondern eine Kaufberatung o.ä. erwartet wird; eben auch von Seiten der Publisher, wo sich die Vermarktungsetage weit mehr für die Reviews zu interessieren scheint als diejenigen, die das Spiel tatsächlich gemacht haben. Und solange Spiele in der Presse hauptsächlich als Produkt und nicht als Werk untersucht werden, müssen wir uns eben auch nicht wundern, wenn die Diskussion eben auch hauptsächlich monetär motiviert geführt und das Medium Videospiel von außen nicht ernstgenommen wird bzgl. allem was über "da kann man was dran verdienen" hinaus geht. (Weshalb übrigens auch die meisten Spieleverfilmungen Mist sind. Es wird eine Franchise gemolken, nichts weiter. Dahinter steckt in etwa soviel künstlerisches Herzblut wie im Schlabberburger von McDonalds Liebe zum Kochen steckt.)
Und dass eine Seite wie 4players deswegen in Ungnade fällt, weil sie genau diesen geistigen Bankrott nicht mitmacht, sagt schon einiges über die Branche Spielejournalismus aus.
Dass zumindest von außen gesehen nach dem kritischen Herbst auch schon wieder Schluss war mit dem Thema, war zwar schade, aber ich kann auch verstehen, dass da ein Magazin sowas nicht zum Dauerfeuer hochpeitschen will, eben auch aus den im Podcast genannten Gründen. Ich glaube aber schon, dass der kritische Herbst nachhaltig gutes bewirkt hat, selbst wenn er ohne Nennung von Namen eher ein Warnschuss blieb. Reicht auch manchmal.
Nun hat Jörg Luibl ja gesagt, er hat noch viele Geschichten über Spiele zu erzählen. Ich wünsche ihm viel Erfolg dabei, schon alleine, weil ich die gerne hören möchte. (Und ich ihm abseits davon als Mensch natürlich gutes wünsche, aber ich bin ja nicht die Wohlfahrt.
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