Rane hat geschrieben: ↑14. Nov 2024, 19:10You had me at "Wildbow".Tolotos hat geschrieben: ↑14. Nov 2024, 12:56 Kein Buch, sondern eine Web-Serie drei Kapitel von Seek (https://seekwebserial.wordpress.com/about/), der neuen Web-Serie von Wildbow (Autor von Worm, Pact, Twig, Ward, Pale & Claw) - diesmal eine Sci-Fi-Geschichte mit folgender Beschreibung des Autors:
Ich hab Worm vor knapp 2 Jahren angefangen und immer morgens ein Kapitel gelesen, bis die Kapitel zu lang wurden.
Es hat mich aber echt krass gefesselt.
Muss es auch noch irgendwann weiter lesen, habe in Teil 15 aufgehört, da war grade eine sehr, sehr grosse Storyline "abgehakt".

Ich hatte Worm damals zweimal in einem Jahr gelesen, weil ich erst nach dem ersten Lesen einen begleitenden Podcast von Fans (We've got Worm) gefunden hatte, den dann im Nachhinein hören wollte, und so angefixed war, dass ich es einfach nochmal gelesen habe. Für 5.000 Seiten eine beachtliche Leistung des Werks. Beim zweiten Lesen fand ich es auch nochmal deutlich besser, es hat im Mittelteil (S9/Echidna/Coil) sicherlich leichte Pacing-Probleme, aber ist trotzdem extrem gelungen, auch sehr rund. Ich grabe mal meine Bewertung nach dem zweiten Lesen aus einem anderen Forum aus, um auch andere anzufixen.
Noch ein kurzer Teaser, wenn die Beschreibung unten zu lang ist:
Für mich ist Worm <-> Superhelden-Comics ungefähr so wie Game of Thrones <-> Fantasy, nur abgeschlossen und mit überragend gutem Ende.
Die Gemeinsamkeiten findet man in Wordlbuilding, Charakter-Fokus, Grautönen (aber trotzdem einzelnen extremen Ausreißern, vor allem bei Bösewichten), ausschweifender Erzählweise und Genre-Dekonstruktion.
- Unfassbar komplexes und ausgefeiltes Worldbuilding: Man hat stets das Gefühl, das "im Hintergrund" der Haupthandlung andere Dinge existieren und passieren, wodurch die Welt lebendig wirkt.
- Ausgefeilte und realistische Charaktere. Wildbow hat ein überragendes Talent dafür, in den Interlude-Auftritten aus der Sicht von Nebencharakteren diese in sehr kurzer Zeit zu nachvollziehbaren, dreidimensionalen (nicht immer, aber oft auch sympathischen) Charakteren zu machen. Da diese dann auch im Lauf der Haupthandlung weiter vorkommen und sich natürlich konsistent zu ihrer Charakterisierung verhalten, sind die vorkommenden Charaktere (und das sind viele) immer ausgereift und interessant.
- Was auch zum vorherigen Punkt beiträgt: Wildbow schafft es, in fast allem, was er schreibt, kleine Charakter-"Beats" der vorkommenden Charaktere unterzubringen (ohne dass das aufdringlich ist).
- Realismus: Man hat das Gefühl, dass Wildbow versucht darüber zu schreiben, was in der realen Welt passieren würde, wenn es Superkräfte gäbe. Ein Aspekt davon ist sicher, dass die Superkräfte selbst immer klar definierte Regeln haben (die der Leser aber natürlich nicht immer wissen muss, je nachdem, was die Charaktere wissen, aus deren Sicht man liest!) und dass es im Laufe der Geschichte tatsächlich so wirkt, als würden Dinge zumindest plausibel erklärt (weiß nicht genug über Physik und habe auch nicht genug nachgedacht, um mehr als gefühlte Plausibilität attestieren zu könnne). Der wichtigere Aspekt ist für mich, dass sich das Setting und die Reaktionen der Welt realistisch anfühlen: Es gibt wissenschaftliche Studien über Superkräfte; Organisationen von Superhelden müssen sich um PR kümmern; einige vergleichbare Dinge, die ich wegen Spoilern nicht ansprechen kann.
- Immer wieder werden interessante (wenn auch nicht unbedingt neue) moralische Fragen angeschnitten (aber selten explizit ausgesprochen). Allein durch die vielfältigen Reaktionen von Lesern merkt man auch, dass der Text keine Antwort vorgibt, aber sehr wirkungsvoll zum Nachdenken anregt.
- Dazu und zu den Charakteren passt auch, dass es im wesentlichen keine "Gut"-"Böse"-Aufteilung gibt. Die vorkommenden Charaktere sind komplexe Personen, die man nicht so einfach auf diese Art sortieren kann. Sicher gibt es davon einzelne Ausnahmen, aber sogar bei den extremeren Fällen schafft Wildbow es, wenn er aus deren Sicht schreibt immer mal wieder, doch noch zumindest Nachvollziehbarkeit ihrer Handlungen zu vermitteln.
- Ein episches, aber nicht übertriebenes und absolut zu den Themen und der Geschichte passendes Ende.
- Weitere klare Stärken, die aber für mich längst nicht so wichtig sind, wie die Punkte oben: Einzelne, interessante Twists, die aber nicht aus dem Nichts kommen, sondern subtil vorbereitet werden. Extrem kreative Ideen für mannigfaltige Superkräfte sowie Anwendungen dieser. Gut geschriebene, abwechslungsreiche und übersichtliche (mit In-Story-Gründen für die Übersichtlichkeit) Actionsequenzen. Wildbow ist der Meister der Xenofiktion (ungewöhnliche Erzählperspektiven).
- Kleine Probleme beziehen sich meistens auf einzelne Passagen und Probleme, die dort dadurch entstanden sind, dass es gemäß des Formats keinen normalen Editing-Prozess gab. Dabei geht es aber eher um Pacing o.ä., nie um logische Konsistenz der Handlung, die immer erhalten bleibt.
P.S: Trotz dieser Begeisterungsstürme merkt man and den weiteren Werken deutlich, dass Wildbow seine Fähigkeiten als Autor und seien Komfortzone stets ausbaut, Pale z.B. ist in vielen Aspekten ein klarer Fortschritt zu Worm, auch für die Anfänge von Ward gilt das sicherlich