Vinter hat geschrieben: ↑24. Jan 2022, 01:45Dementsprechend werden mit Streaming schlicht Genres hervorgehoben, die besser mit den veränderten Umständen klar kommen. Spiele mit Aufschaltsystemen etwa.
Und Genres, die sich nicht auf die neuen Plattformen konvertieren lassen, werden halt verschwinden. So wie die Echtzeitstrategie in den 2000ern mit ganz wenigen Ausnahmen verschwunden ist, weil es sich kaum noch lohnte, ein Spiel ohne Konsolenrelease zu entwickeln.
Damit hast Du sicher recht, dass entsprechend angepasste Spiele und der Wegfall ungeeigneter Genres das Spielesortiment solcher Streaming-Dienste bestimmen werden.
Aber auch wenn man unterstellt, dass das große Geld dann in diesem Bereich verdient wird, ändert das doch - wie jetzt das Mobile-Gaming - nur etwas an Marktanteilen und gewinnt in erster Linie neue Zielgruppen hinzu, ohne dabei aber für den typischen Core-Gamer auf PC und Playstation besonders ansprechend zu werden. Ich sehe jedenfalls nicht, dass die PS5 sich schlechter als die PS4 oder PS3 verkauft, obwohl angeblich jetzt Mobile-Gaming das große Ding ist.
Und im Gegensatz zu Mobile sehe ich nicht, warum im Streaming-Bereich das große Geld zu holen sein soll. Das geht bei Mobile im Wesentlichen durch die Verfügbarkeit an jedem Ort, sehr simple Spielprinzipien, die einen weit breiteren Markt ansprechen können und durch die extrem niedrigen Entwicklungskosten im Vergleich zu einem AAA-Blockbuster-Titel.
Streaming hat zwar theoretisch auch eine bessere Verfügbarkeit als stationäre Systeme, aber wer aus der bisherigen PS5-Zielgruppe will TLOU, GoW, GTA, Horizon, RDR und GoT auf einem kleinen Smartphone-Screen mit Touch-Bedienung oder auf Portabilität optimierten Controller spielen?
Das sind doch Spiele die man am großen TV mit HDR in gestochen scharfer 4K-Auflösung genießen will und nicht im Zug, in der Mittagspause oder beim Verwandtenbesuch mit einer Kompromißlösung beim Bildschirm und Controller. Günstiger ist die Produktion vergleichbarer Spiele auch nicht und die Kosten der aufwendigen Infrastruktur und Serverlandschaft müssen in irgendeiner Form eingepreist werden, so dass man bei einem aufwendigen Singleplayer-Titel effektiv über 100 Euro einnehmen müsste um die Mehrkosten für den Betreiber zu decken.
Der Markt wächst und erschließt sich neue Zielgruppen - das bedeutet aber nicht, dass man die bisherige Zielgruppe so einfach in diese neuen Bereiche verschieben kann. Es ist doch jetzt schon so, dass Spieler von Online-Multiplayer-Games eine eigenständige Gruppe darstellen, die nur sehr wenige Überschneidungen mit der Zielgruppe von AAA-Singleplayer-Titeln auf der PS5 haben. Und beide Gruppen haben kaum Überschneidungen mit den Leuten die überwiegend im Mobile-Bereich unterwegs sind.
Woher kommt also die Annahme, dass die typischen Käufer der Sony-Exklusivtitel ihre bisherigen Interessen aufgeben, ihre Ansprüche über Board werfen und auf den Streaming-Zug aufspringen, der für diese Art von Spielen viele technische Nachteile und Einschränkungen mit sich bringt?
Neben den oben genannten Gruppen gibt es in der über die letzten Jahrzehnte immer weiter gewachsenen Branche etliche weitere Gruppen, die bei weitem nicht alle problemlos in den Streaming-Bereich gelockt werden können und die oft in eigenen Teilbereichen mit eigenen Communities und Bubbles unterwegs sind und nur noch sehr grob unter dem Hobby "Videospiele" zusammengefasst werden können.
Ich gehöre z.B. neben dem AAA-Singleplayer-Bereich auch zu den Freunden von 2D-Platformern - auch diese Gruppe wird man weder mit den Latenzproblemen des Streamings noch mit einer verwässerten Steuerung, noch mit dem Fallenlassen des Genres zum Umstieg bewegen können. Ein gutes 2D-Metroidvania oder ein gutes 2D Run&Gun braucht niedrigen Inputlag und eine extrem direkte Steuerung. Das kann Streaming technisch schlicht nie bieten. Auch die Gruppen von Rogue-Lite Anhängern und Shmup-Spielern werden dauerhaft dem Streaming fern bleiben.
Man kann natürlich alles außerhalb vom aktuellen Hype als wirtschaftlich uninteressante Nische einstufen, aber dann hat man IMO den modernen Spielemarkt mit seiner enormen Breite nicht verstanden und muss sich dann halt mit allen anderen Firmen um den sogenannten Massenmarkt prügeln. Nintendo und Sony wären gut beraten sich nicht in diesem aussichtslosen Kampf zu verlieren. Beide Firmen haben aktuell wirtschaftlich rentable und zahlungskräftige Zielgruppen außerhalb der typischen Streaming-Kundschaft.
IMO ist die Existenz von stationären Konsolen viel stärker von hybriden Systemen wie der Switch bedroht, als vom Streaming. Denn solche hybriden Systeme werden ihren sichtbaren Rückstand mit der Zeit immer mehr schließen können und dann vielleicht für Spieler ausreichen, die nicht auf die maximal mögliche Grafikqualität wert legen (denn die Gruppe ist seit 10+ Jahren bereits ins PC-Lager gewechselt und kauft und nutzt Konsolen wenn überhaupt nur noch für Exklusivtitel).
Was mir in dem Zusammenhang in der Diskussion auch noch aufgefallen ist, ist die Behauptung, dass die USA bzgl. Internet-Infrastruktur so toll ausgebaut wäre. Woher kommt diese Annahme? Positive Beispiele hierfür findet man wohl eher in Asien - die USA sind da in weiten teilen des Landes eher sogar noch rückständiger als Deutschland unterwegs - keinesfalls aber besser.