Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Alles, was nicht in ein anderes Forum gehört: Hier rein
Forumsregeln
Datenschutzerklärung: https://www.gamespodcast.de/datenschutzerklaerung/
Impressum: https://www.gamespodcast.de/impressum/

Forenregeln und zukünftige Weltverfassung
ART 1: Behandle andere Nutzer mit Respekt.
ART 2: Do NOT piss off the Podcasters

Lies bitte weitere Hinweise hier: viewtopic.php?f=4&t=2789
Benutzeravatar
Felidae
Beiträge: 2989
Registriert: 22. Mai 2016, 17:49
Wohnort: NRW

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

Rigolax hat geschrieben: 29. Mai 2022, 21:39 Bzgl. "anprangern": Ich glaube es wurde noch nicht erwähnt, ich konnte jetzt den Paywalled-Artikel bei GS lesen von Dom aktuell (https://www.gamestar.de/artikel/sklaver ... 80926.html). Ich hoffe, es ist okay, wenn ich dies daraus zitiere:
Ein Ausblenden der Sklaverei als Thema und Spielfeature im Moment sei laut [Historikerin Dana] Hollmann folgerichtig nichts weiter als eine Umdeutung der Geschichte, ein Auslassen von Themen, die sich das Entwicklerteam nicht zugetraut hat. Für die Historikerin eine massive Fehlentscheidung: »Es muss in einem solchen Spiel eine Auseinandersetzung stattfinden, das steht vollkommen außer Frage. Das hat mit Ethik und Verantwortung vor der Geschichte zu tun und jeder, der einen Funken Menschlichkeit in sich hat, sieht das auch.«
"jeder, der einen Funken Menschlichkeit in sich hat, sieht das auch", eh ja.

Sorry, ich weiß ja nicht, was da los ist bzw. wie gaming-affin man ist oder nicht ist bei gewissen Historikerinnen und ich will nichts unterstellen, aber das ist ja Rhetorik, again, die kenne ich aus der "K"-Debatte nur noch. Muss man denn so etwas "drucken"? Das ist imho, tut mir leid, schon extrem.
Warum sollte man dies NICHT drucken, wenn das die Meinung der interviewten Person ist? Soll die Presse zensieren? ;)
Rigolax
Beiträge: 2193
Registriert: 20. Feb 2018, 15:53

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Rigolax »

Felidae hat geschrieben: 29. Mai 2022, 22:23 Warum sollte man dies NICHT drucken, wenn das die Meinung der interviewten Person ist? Soll die Presse zensieren? ;)
Gemeinhin werden extremistische Ansichten/Aussagen nicht in journalistischen Erzeugnissen affirmativ oder zumindest neutral wiedergegeben respektive sich zu eigen gemacht. Man muss auch nicht jedem aggressiv-dümmlich formulierten Ausfluss eine Plattform bieten.

Was macht denn die Aussage dieser Historikerin? Wenn ich sie wortwörtlich lese, dann wird mir, wenn ich jetzt denke, dass Anno 1800 keine Sklaverei zum Thema haben muss, "jeder Funken Menschlichkeit" aberkannt. Ist das schon Hate Speech? Ich mein die Frage ernst.
Benutzeravatar
Terranigma
Beiträge: 1507
Registriert: 17. Feb 2016, 19:34

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Terranigma »

Rigolax hat geschrieben: 29. Mai 2022, 21:39
Sorry, ich weiß ja nicht, was da los ist bzw. wie gaming-affin man ist oder nicht ist bei gewissen Historikerinnen und ich will nichts unterstellen, aber das ist ja Rhetorik, again, die kenne ich aus der "K"-Debatte nur noch. Muss man denn so etwas "drucken"? Das ist imho, tut mir leid, schon extrem.
Zur Einordnung, wenn auch nicht Entschuldigung. Dana Hollmann ist wiss. Mitarbeiterin, die vor ca. 2 Jahren ihr Masterstudium beendet hat und dementsprechend sehr jung ist. Ich sage dies nicht als Ad Hominem, um jemanden aufgrund des Alters die Kompetenz abzusprechen, aber auch nicht, um jemanden aufgrund des Alters von der Verantwortung für das, was man öffentlich sagt, zu befreien. Aber wenn man "Historikerin" liest, mag man eine ältere Dame mit Brille vor Augen haben. Hier ist es eher eine junge Frau, die wo ggf. auch politische Haltungen mit reinspielt - oder durchgeht. Was auch nicht als Kritik gemeint ist, eben nur als Einordnung.

Aber ansonsten, ja: dass man solche Äußerungen abdruckt finde ich völlig legitim, sie wurden eben so geäußert. Die Aussage selbst finde ich widerum völlig daneben. Weder teile ich die These, Spiele müssten sich mit irgendetwas auseinandersetzen, noch teile ich die These, dass es eine Verantwortung gegenüber der Geschichte gibt. Oder dass man Menschen die Menschlichkeit anspricht, wenn man dies anders sieht. Das ist die Art von Tonfall, womit man Diskurse beschädigt. Sowas sollte nicht sein.
Sitting quietly and doing nothing,
Spring comes, and the grass
grows by itself.
Rigolax
Beiträge: 2193
Registriert: 20. Feb 2018, 15:53

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Rigolax »

Terranigma hat geschrieben: 29. Mai 2022, 23:11
Rigolax hat geschrieben: 29. Mai 2022, 21:39
Sorry, ich weiß ja nicht, was da los ist bzw. wie gaming-affin man ist oder nicht ist bei gewissen Historikerinnen und ich will nichts unterstellen, aber das ist ja Rhetorik, again, die kenne ich aus der "K"-Debatte nur noch. Muss man denn so etwas "drucken"? Das ist imho, tut mir leid, schon extrem.
Zur Einordnung, wenn auch nicht Entschuldigung. Dana Hollmann ist wiss. Mitarbeiterin, die vor ca. 2 Jahren ihr Masterstudium beendet hat und dementsprechend sehr jung ist. (...)
Danke für die Einordnung. Im GS-Artikel steht noch:
Hollmann ist wissenschaftliche Mitarteiterin im Arbeitsbereich Globalgeschichte und forscht unter anderem zur transatlantischen Sklavereiwirtschaft im 18. und 19. Jahrhundert. Mit ihr hat sich GameStar über eineinhalb Stunden lang über die Darstellung von Sklaverei in digitalen Spielen anhand einiger Fallbeispiele unterhalten.
Ich will der Frau auch nichts Böses und ich weiß, hier soll allgemein wohl nicht "ad hominem" diskutiert werden, aber da es kurz um die Aussagen von Zimmerer damals ging, wollte ich diese Äußerung mal anbringen.
Terranigma hat geschrieben: 29. Mai 2022, 23:11 Aber ansonsten, ja: dass man solche Äußerungen abdruckt finde ich völlig legitim, sie wurden eben so geäußert. Die Aussage selbst finde ich widerum völlig daneben. Weder teile ich die These, Spiele müssten sich mit irgendetwas auseinandersetzen, noch teile ich die These, dass es eine Verantwortung gegenüber der Geschichte gibt. Oder dass man Menschen die Menschlichkeit anspricht, wenn man dies anders sieht. Das ist die Art von Tonfall, womit man Diskurse beschädigt. Sowas sollte nicht sein.
Legitim das so abzudrucken, finde ich es auch per se, aber ich bin mir nicht sicher, ob man es abdrucken muss. Okay, zugegeben, wird etwas unjournalistisch jetzt, aber in den 1.5h Gespräch hätte man ja auch andere Aussagen finden können; vielleicht spiegelt diese Formulierung aber wider, wie sie dazu denkt, passt so gesehen sehr gut journalistisch, könnte sein. Die Äußerung wird sich aber halt auch mindestens zu einem gewissen Grad implizit zu eigen gemacht imho, weil der Kontext kein neutral-distanzierter Artikel ist, sondern insgesamt eher ein Meinungsartikel [EDIT: seh grad, steht sogar explizit einleitend beim Artikel: "Meinung"], wo doch deutlich journalistisch Stellung bezogen wird. Generell: Man kann imho nicht plausibel sagen, dass ein Journalismus fremde Äußerungen sich nicht zwingend zu eigen macht, wenn gleichzeitig gewisse Tendenzen in einem Artikeln offenkundig sind, den Äußerungen grundsätzlich argumentativ zugestimmt wird. Wäre es ein um Neutralität bemühter Artikel, der der Gegenseite viel Raum einräumt, also die Seite, die Anno 1800 wie-es-ist zumindest begrenzt verteidigt (NB: das wäre imho grundsätzlich kein verwerfliches false balance), dann wäre es mir aber egaler, aber nicht ganz egal (denn die Äußerung ist imho wirklich schon next level im Wortlaut).
Zuletzt geändert von Rigolax am 30. Mai 2022, 00:34, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Felidae
Beiträge: 2989
Registriert: 22. Mai 2016, 17:49
Wohnort: NRW

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

Rigolax hat geschrieben: 29. Mai 2022, 23:53 Wäre es ein um Neutralität bemühter Artikel, der der Gegenseite viel Raum einräumt, also die Seite, die Anno 1800 wie-es-ist zumindest begrenzt verteidigt (NB: das wäre imho grundsätzlich kein verwerfliches false balance), dann wäre es mir aber egaler, aber nicht ganz egal (denn die Äußerung ist imho wirklich schon next level im Wortlaut).
Also zumindest beim ersten Anno-Artikel hat Dom sich ja durchaus drum bemüht, auch mit Ubisoft zu reden. Aber wenn die nicht wollen, gibts halt im Zweifel auch keine Gegenstimme.
Rigolax
Beiträge: 2193
Registriert: 20. Feb 2018, 15:53

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Rigolax »

Felidae hat geschrieben: 29. Mai 2022, 23:57 Also zumindest beim ersten Anno-Artikel hat Dom sich ja durchaus drum bemüht, auch mit Ubisoft zu reden. Aber wenn die nicht wollen, gibts halt im Zweifel auch keine Gegenstimme.
Muss ja nicht Ubisoft sein. Hier im Thread gibt es ja durchaus formell qualifizierte Leute, also mit Geschichtsstudium, die es etwas anders sehen. Wobei gerade jüngere Historiker wohl zum Großteil nicht Ubisofts Position teilen werden, unterstell ich mal. Und die, die es anders sehen, haben vielleicht aufgrund von Peer Pressure auch keine große Lust, sich zu äußern, unterstell ich auch mal.

Aber ich will natürlich nicht hier sinnlos mutmaßen, das soll ja vermieden werden, ist mir bewusst.
akill0816
Beiträge: 287
Registriert: 29. Feb 2016, 15:58

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von akill0816 »

Ohne den Thread jetzt zu Ende gelesen zu haben: Das Thema ist interessant, die Diskutanten waren interessant aber die Verengung auf bereits breitgetretenen Pfaden (Anno, Kingdom Come) hat mir nicht gefallen. Das mag auch daran liegen, dass ich finde, dass hier die falschen Bäume angebellt werden und es tonnenweise ähnliches oder besseres Anschauungsmaterial gibt.
Außerdem hätte es mich interessiert, wie man zu bereits existierenden Einbindungen ähnlichen Themen in der Spielegeschichte steht. Mir fällt da beispielsweise Sid Meiers Colonization ein - ja es ist uralt - aber für das Thema unheimlich spannend, weil hier die Ausbeutung der amerikanischen Ureinwohner zentraler Spielbestandteil war. Ich bin fest davon überzeugt, dass eine solche Einbindung heute in historischen Kontexten nicht mehr akzeptiert würde und es ein gutes Beispiel dafür ist welche Minenfeld eine Einbindung der Sklaverei darstellt.
Außerdem hätte man den Bogen auch zu amerikazentristischer Darstellung modernerer Konflikte wie z.B. Vietnam interessiert. Der Konflikt wird digital ausschließlich aus amerikanischer Perspektive beleuchtet was für mich zu einer deutlich stärkerer Verzerrung von Geschichte führt als das verständliche Auslassen von Sklaverei bei Anno.
Interessant finde ich auch, dass amerikanische Ureinwohner in Civilization fast ausnahmslos aggressiv spielen (jedenfalls in den Teile 3 und 4, die ich viel gespielt habe).

Auslassung bestimmter Teile von Geschichte findet in nahezu jedem geschichtlichen Spiel statt. Wenn man sich die Titel anschaut, die am wenigsten Auslassen, sieht man auch warum. Spiele werden unendlich komplex. Man könnte Anno zum Beispiel auch vorwerfen, dass die Aufrüstung im 19 Jahrhundert nicht abgebildet wird. Außerdem wird die Armut armer bevölkerungsschichten nicht abgebildet. Letztlich versucht man alle Bevölerungsschichten glücklich zu machen und stellt nicht dar, dass der Reichtum der einen auf Kosten der anderen geht. In Anno ist es problemlos möglich alle Bevölkerungsschichten glücklich zu halten ohne darzustellen, dass das Heranschaffen von Luxusressourcen für die einen zur Armut der anderen führt. Spiele die es anders machen, haben einen andere Tonlage (entweder satirisch wie Tropico oder gedrückt wie This War of mine und Frostpunk).

Jetzt habe ich auch schon wieder zu viel zu Anno geschrieben weil es so breit diskutiert wird. Mich würde für eine zukünftige Folge mal eine Detailanalyse anderer Spiele mit historischem Kontext interessieren, denn die Fragen kann man überall aufwerfen. Kunst ohne Auslassung dürfte sehr schwer herstellbar sein - übrigens auch bei anderen Themen. Siehe die Darstellung von Transsexualität - Ich erinnere mich an die Diskussion zu Tell Me Why wo ihr im Podcast angesprochen habt, dass hier bewusst eine (leider realitätsferne) Wohlfühlatmosphäre für Transpersonen geschaffen wurde indem unangenehme Realität bewusst nicht dargestellt werden. Auch hier wird Auslassung genutzt um eine bestimmte Atmosphäre zu schaffen. Dafür gibt es bestimmt X Beispiele.
Benutzeravatar
echtschlecht165
Beiträge: 2393
Registriert: 9. Jan 2017, 13:26

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von echtschlecht165 »

In HOI4 kann man Russische Kriegsverbrechen (Staninistische Säuberung) spielen (inkl. spielerischen Vorteilen....kein ernsthafter UDSSR Spieler in HOI4 würde die Säuberungen nicht machen).
Die deutschen Kriegsverbrechen werden jedoch alle ausgeblendet (obwohl man Nazis spielen kann).
Man holt sich fröhlich Himmler und Rommel als berater, und spielt ein bissi Nazi, ohne wirklich böse zu sein

Da findet man in der Spielewelt solche Beispiele, und dann arbeitet man sich am Rosemunde Pilcher Simulator ab.....
Es gibt eine gute Podcastfolge drüber, mit einem Experten, der auch von Computerspielen Ahnung hat:
http://historia-universalis.fm/hu122/

Paradox selbst meint dazu, dass sie deutsche Kriegsverbrechen wie KZs, Nürnberger Gesetze oder Massendeportationen nicht haben wollen in ihren Games.

Die Gründe dafür können aber vielfältig sein:
- Wollen sie die Spieler nicht mental runterziehen oder überfordern mit solchen Themen?
- Wissen sie nicht wie es im Spiel umsetzen sollen?
- Wollen Sie mit Hintergedanken die Geschichte revisionieren, um rechtes Gedankengut in den Spielern zu verbreiten?
- Wissen sie es nicht besser?
- Wollen die die Naziideologie schönreden?

Im Prinzip ist alles möglich....

Felidae hat geschrieben: 29. Mai 2022, 23:57
Rigolax hat geschrieben: 29. Mai 2022, 23:53 Wäre es ein um Neutralität bemühter Artikel, der der Gegenseite viel Raum einräumt, also die Seite, die Anno 1800 wie-es-ist zumindest begrenzt verteidigt (NB: das wäre imho grundsätzlich kein verwerfliches false balance), dann wäre es mir aber egaler, aber nicht ganz egal (denn die Äußerung ist imho wirklich schon next level im Wortlaut).
Also zumindest beim ersten Anno-Artikel hat Dom sich ja durchaus drum bemüht, auch mit Ubisoft zu reden. Aber wenn die nicht wollen, gibts halt im Zweifel auch keine Gegenstimme.
würdest du als Entwickler eines Wuselspieles wie Anno jemandem antworten, der dir grade via SpOn Geschichtsrevision vor den Kopf knallt?
Bzw. was könnte Ubisoft auf einen derart gebiasten Artikel antworten, um nicht noch mehr zur Sau gemacht zu werden?
In Stein gemeißelt
Benutzeravatar
Felidae
Beiträge: 2989
Registriert: 22. Mai 2016, 17:49
Wohnort: NRW

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

echtschlecht165 hat geschrieben: 30. Mai 2022, 13:39
würdest du als Entwickler eines Wuselspieles wie Anno jemandem antworten, der dir grade via SpOn Geschichtsrevision vor den Kopf knallt?
Bzw. was könnte Ubisoft auf einen derart gebiasten Artikel antworten, um nicht noch mehr zur Sau gemacht zu werden?
Mag ja sein, dass ich naiv bin - aber haben Firmen nicht für genau so Fälle eine PR-Abteilung?
Benutzeravatar
echtschlecht165
Beiträge: 2393
Registriert: 9. Jan 2017, 13:26

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von echtschlecht165 »

Felidae hat geschrieben: 30. Mai 2022, 15:00
echtschlecht165 hat geschrieben: 30. Mai 2022, 13:39
würdest du als Entwickler eines Wuselspieles wie Anno jemandem antworten, der dir grade via SpOn Geschichtsrevision vor den Kopf knallt?
Bzw. was könnte Ubisoft auf einen derart gebiasten Artikel antworten, um nicht noch mehr zur Sau gemacht zu werden?
Mag ja sein, dass ich naiv bin - aber haben Firmen nicht für genau so Fälle eine PR-Abteilung?
ganz sicher sogar: und wenn ich PR wäre, hätte ich als Antwort auf einen Artikel wie den ersten von Dom (den zweiten kenne ich nicht mangels Gamestar Plus) auch nix als ignorieren parat und würde den Mitarbeitern explizit verbieten, da offizielll in Ubisofts Namen auch nur "Muh" zu sagen

Es kommt halt auch drauf an wie man reinschreit in den Wald.....
beleidigen lassen sich die wenigsten gerne (und nix anderes ist es, wegen Programmierung von Anno 1800 als Geschichtsrevisionist bezeichnet zu werden), und wenn Ubi in der gleichen Art zurückgeschossen hätte, wärs auch nur eskaliert
In Stein gemeißelt
Benutzeravatar
Axel
Beiträge: 4170
Registriert: 1. Jul 2018, 20:43
Wohnort: Chemnitz & Erzgebirge

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Axel »

echtschlecht165 hat geschrieben: 30. Mai 2022, 13:39 Es gibt eine gute Podcastfolge drüber, mit einem Experten, der auch von Computerspielen Ahnung hat:
http://historia-universalis.fm/hu122/
Danke für den hochinteressanten Podcast!
Benutzeravatar
Terranigma
Beiträge: 1507
Registriert: 17. Feb 2016, 19:34

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Terranigma »

echtschlecht165 hat geschrieben: 30. Mai 2022, 13:39Paradox selbst meint dazu, dass sie deutsche Kriegsverbrechen wie KZs, Nürnberger Gesetze oder Massendeportationen nicht haben wollen in ihren Games.
Dies ist in Videospielen ja im Allgemeinen nicht unüblich. Ich bin nun aus allerlei Gründen kein Fan des WW2-Szenarios, aber die für mich bisher intensivste Spielerfahrung war in einem Spiel, dass sich explizit als Alternate History versteht - nämlich Wolfenstein: The New Order, in dem man das fiktive Konzentrationslager Belica betritt. Ich will anderen Videospielen kein Unrecht tun, weil ich nicht alles gespielt habe - und es auch nicht vorhabe - was es an Krams in diesem Genre gibt, aber denke ich an meine WW2-Shooter-Erfahrungen - Medal of Honor, Call of Duty, etc. - zurück, so wurde der Holocaust zumeist ausgeklammert. Dass gerade ein überzeichneter Titel - oder gerade deshalb? - wie Wolfenstein mit seiner Alternative History-Erzählung die Chuzpe hat, so'n heiße Eisen wie den Holocaust überhaupt anzufassen und dann sogar den Spieler mitten in ein Konzentrationslager setzt, Respekt dafür.

Es wurde nun allerlei über Anno 1800 gesprochen, aber sofern man den Blick weitet, werden einem allerlei Titel einfallen, in denen wesentliche Aspekte eines hist. Sachverhaltes ausgeklammert wurden. Aus Perspektive der Entwickler wohl auch aus subjektiv guten Gründen. Aber dass der Holocaust, wie die NS-Ideologie im Allgemeinen, in der Vielzahl der WW2-Titel, insb. auch Ego-Shooter, quasi nicht existiert und der Zweite Weltkrieg auf eben eine normaler militärische Auseinandersetzung reduziert wird. Der Zweite Weltkrieg existiert in Videospielen - zumindest in dem, was ich so spielte - quasi ohne Holocaust, so als würden diese Thematiken losgelöst und unabhängig voneinander existieren. Das ist eher so'n Thema, wo ich tatsächlich gewisses Magengrummeln bekomme, anders als bei einen romantisierten Aufbautitel wie der Anno-Reihe.
Sitting quietly and doing nothing,
Spring comes, and the grass
grows by itself.
Voigt
Beiträge: 5722
Registriert: 14. Jun 2016, 14:43
Wohnort: Jena

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Voigt »

Bei HoI4 ist ein Leadentwickler ja sogar aus Deutschland und war grundsätzlich offen für ein Interview mit ThePod zu dem Thema. Das ist aber schon länger her, als bevor Dom dazugestoßen war.

Aber das liese sich ja auch eventuell nochmal aufgreifen.
Benutzeravatar
echtschlecht165
Beiträge: 2393
Registriert: 9. Jan 2017, 13:26

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von echtschlecht165 »

Terranigma hat geschrieben: 30. Mai 2022, 15:33
echtschlecht165 hat geschrieben: 30. Mai 2022, 13:39Paradox selbst meint dazu, dass sie deutsche Kriegsverbrechen wie KZs, Nürnberger Gesetze oder Massendeportationen nicht haben wollen in ihren Games.
Dies ist in Videospielen ja im Allgemeinen nicht unüblich. Ich bin nun aus allerlei Gründen kein Fan des WW2-Szenarios, aber die für mich bisher intensivste Spielerfahrung war in einem Spiel, dass sich explizit als Alternate History versteht - nämlich Wolfenstein: The New Order, in dem man das fiktive Konzentrationslager Belica betritt. Ich will anderen Videospielen kein Unrecht tun, weil ich nicht alles gespielt habe - und es auch nicht vorhabe - was es an Krams in diesem Genre gibt, aber denke ich an meine WW2-Shooter-Erfahrungen - Medal of Honor, Call of Duty, etc. - zurück, so wurde der Holocaust zumeist ausgeklammert. Dass gerade ein überzeichneter Titel - oder gerade deshalb? - wie Wolfenstein mit seiner Alternative History-Erzählung die Chuzpe hat, so'n heiße Eisen wie den Holocaust überhaupt anzufassen und dann sogar den Spieler mitten in ein Konzentrationslager setzt, Respekt dafür.

Es wurde nun allerlei über Anno 1800 gesprochen, aber sofern man den Blick weitet, werden einem allerlei Titel einfallen, in denen wesentliche Aspekte eines hist. Sachverhaltes ausgeklammert wurden. Aus Perspektive der Entwickler wohl auch aus subjektiv guten Gründen. Aber dass der Holocaust, wie die NS-Ideologie im Allgemeinen, in der Vielzahl der WW2-Titel, insb. auch Ego-Shooter, quasi nicht existiert und der Zweite Weltkrieg auf eben eine normaler militärische Auseinandersetzung reduziert wird. Der Zweite Weltkrieg existiert in Videospielen - zumindest in dem, was ich so spielte - quasi ohne Holocaust, so als würden diese Thematiken losgelöst und unabhängig voneinander existieren. Das ist eher so'n Thema, wo ich tatsächlich gewisses Magengrummeln bekomme, anders als bei einen romantisierten Aufbautitel wie der Anno-Reihe.
Mein Punkt ist ja auch der, dass ich mich eher frage, warum deutsche Verbrechen ausgeblendet werden, und russische nicht?
Wolfenstein ist tatsächlich ein gutes Beispiel wie man mit einem Unterhaltungsprodukt dieses Thema aufgreifen kann.

Als ich HOI4 ein einziges mal als Deutsches Reich bzw Nazis spielte, konnte ich nicht anders als einen Pazifistenrun zu spielen.
Auch wenns nur Pixel und Bytes waren, wollte ich meine Nachbarstaaten nicht so überfallen (wie es das Spiel verlangt).
Fühlte mich durchgehend unwohl.....habe aber den Pazifisten-Hitler-Run auf Twitch gestreamt.
In Stein gemeißelt
Benutzeravatar
Axel
Beiträge: 4170
Registriert: 1. Jul 2018, 20:43
Wohnort: Chemnitz & Erzgebirge

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Axel »

Terranigma hat geschrieben: 30. Mai 2022, 15:33 Aber dass der Holocaust, wie die NS-Ideologie im Allgemeinen, in der Vielzahl der WW2-Titel, insb. auch Ego-Shooter, quasi nicht existiert und der Zweite Weltkrieg auf eben eine normaler militärische Auseinandersetzung reduziert wird. Der Zweite Weltkrieg existiert in Videospielen - zumindest in dem, was ich so spielte - quasi ohne Holocaust, so als würden diese Thematiken losgelöst und unabhängig voneinander existieren. Das ist eher so'n Thema, wo ich tatsächlich gewisses Magengrummeln bekomme, anders als bei einen romantisierten Aufbautitel wie der Anno-Reihe.
Die Frage ist halt, wie man das umsetzen kann, ohne dass es moralisch hoch verwerflich wird. Der von echtschlecht verlinkte Podcast diskutiert diese Fragenstellung sehr interessant.

Bei nem Alternate History Szenario ist das bestimmt nochmal einfacher. Vergleich auch eine Serie wie Man In The High Castle wo Dinge gezeigt werden, die man bei einem realen NS-Szenario so nicht bringen würde? Alternate History hat gefühlt nicht solche Fesseln.
Benutzeravatar
Felidae
Beiträge: 2989
Registriert: 22. Mai 2016, 17:49
Wohnort: NRW

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

echtschlecht165 hat geschrieben: 30. Mai 2022, 15:21
ganz sicher sogar: und wenn ich PR wäre, hätte ich als Antwort auf einen Artikel wie den ersten von Dom (den zweiten kenne ich nicht mangels Gamestar Plus) auch nix als ignorieren parat und würde den Mitarbeitern explizit verbieten, da offizielll in Ubisofts Namen auch nur "Muh" zu sagen
Is ja okay, wenn Ubisoft nicht reagiert - nur liegt es dann nicht an Dom, dass der Artikel nur eine Perspektive widergibt.

Und ich bin ziemlich sicher, dass sich Ubisoft und seine Entwickler schon schlimmeres anhören müssten. Der Vorwurf ist angesichts des paraphrasierten Entwicklerzitats, "Sklaverei hat damals keine Rolle mehr gespielt", zumindest nicht komplett aus der Luft gegriffen.
Benutzeravatar
echtschlecht165
Beiträge: 2393
Registriert: 9. Jan 2017, 13:26

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von echtschlecht165 »

Felidae hat geschrieben: 30. Mai 2022, 15:52
echtschlecht165 hat geschrieben: 30. Mai 2022, 15:21
ganz sicher sogar: und wenn ich PR wäre, hätte ich als Antwort auf einen Artikel wie den ersten von Dom (den zweiten kenne ich nicht mangels Gamestar Plus) auch nix als ignorieren parat und würde den Mitarbeitern explizit verbieten, da offizielll in Ubisofts Namen auch nur "Muh" zu sagen
Is ja okay, wenn Ubisoft nicht reagiert - nur liegt es dann nicht an Dom, dass der Artikel nur eine Perspektive widergibt.

Und ich bin ziemlich sicher, dass sich Ubisoft und seine Entwickler schon schlimmeres anhören müssten. Der Vorwurf ist angesichts des paraphrasierten Entwicklerzitats, "Sklaverei hat damals keine Rolle mehr gespielt", zumindest nicht komplett aus der Luft gegriffen.
der Ton.......es geht auch immer um den Ton.
Und nochmals: Inhaltlich kann Dom oder wer auch immer schreiben was er will (was er hoffentlich auch tut).
Aber wenn ich mir eine anständige Diskussion erwarte, sollte ich mit Beleidigungen sparsam sein.

Und nochmals um es klarzustellen: Wenn ich als Entwickler eines Logistiksimulators mit historischem Anstrich als Geschichtsrevisionist bezeichnet werde, ists zum Nazi nimmer weit.
Wer mir zb aufgrund meiner sehr dürftigen und inkonsequenten Genderei sowas wie "Frauenhasser" an den Kopf werfen würde, erwartet von mir auch keine sachliche Antwort :-D
Zuletzt geändert von echtschlecht165 am 30. Mai 2022, 16:00, insgesamt 2-mal geändert.
In Stein gemeißelt
Benutzeravatar
Felidae
Beiträge: 2989
Registriert: 22. Mai 2016, 17:49
Wohnort: NRW

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

echtschlecht165 hat geschrieben: 30. Mai 2022, 15:54
der Ton.......es geht auch immer um den Ton.
Und nochmals: Inhaltlich kann Dom oder wer auch immer schreiben was er will (was er hoffentlich auch tut).
Aber wenn ich mir eine anständige Diskussion erwarte, sollte ich mit Beleidigungen sparsam sein.
Jetzt wissen wir ja alle nicht wirklich, wie das konket lief. Aber üblicherweise wenden sich Journalist:innen doch an eine Firma wie Ubisoft und sagen, "Ich arbeite derzeit an einem Artikel über Missstand XY und habe dazu einige Expertenmeinungen, die sagen XY - was sagen Sie dazu?". Sprich - BEVOR der Artikel veröffentlicht wird. Also vor "Beleidigungen" und "Ton".

Meine Theorie wäre eher, dass Ubisoft in seiner Arroganz bei der Anfrage halt dachte, "Schott? Wer oder was ist ein Schott? Da gehen wir gar nicht erst drauf ein". Und dann landet so ein Artikel halt mit nur einer Perspektive in der Öffentlichkeit.
Benutzeravatar
echtschlecht165
Beiträge: 2393
Registriert: 9. Jan 2017, 13:26

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von echtschlecht165 »

Felidae hat geschrieben: 30. Mai 2022, 15:58
echtschlecht165 hat geschrieben: 30. Mai 2022, 15:54
der Ton.......es geht auch immer um den Ton.
Und nochmals: Inhaltlich kann Dom oder wer auch immer schreiben was er will (was er hoffentlich auch tut).
Aber wenn ich mir eine anständige Diskussion erwarte, sollte ich mit Beleidigungen sparsam sein.
Jetzt wissen wir ja alle nicht wirklich, wie das konket lief. Aber üblicherweise wenden sich Journalist:innen doch an eine Firma wie Ubisoft und sagen, "Ich arbeite derzeit an einem Artikel über Missstand XY und habe dazu einige Expertenmeinungen, die sagen XY - was sagen Sie dazu?". Sprich - BEVOR der Artikel veröffentlicht wird. Also vor "Beleidigungen" und "Ton".

Meine Theorie wäre eher, dass Ubisoft in seiner Arroganz bei der Anfrage halt dachte, "Schott? Wer oder was ist ein Schott? Da gehen wir gar nicht erst drauf ein". Und dann landet so ein Artikel halt mit nur einer Perspektive in der Öffentlichkeit.
k.a. ob es so war.
Das kann wohl nur Dom beantworten
In Stein gemeißelt
Benutzeravatar
Felidae
Beiträge: 2989
Registriert: 22. Mai 2016, 17:49
Wohnort: NRW

Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

echtschlecht165 hat geschrieben: 30. Mai 2022, 15:54 Wer mir zb aufgrund meiner sehr dürftigen und inkonsequenten Genderei sowas wie "Frauenhasser" an den Kopf werfen würde, erwartet von mir auch keine sachliche Antwort :-D
Da wäre aber die spannende Frage, ob Dir das als Privatperson oder als Institution an den Kopf geworfen wird. Als Institution solltest Du in der Lage sein, damit professionell umzugehen. :)

Und wie anderer Stelle schon erwähnt wurde: Ubisofts gerechte Empörung über des Schott so unverschämte Art scheint nicht lange vorgehalten zu haben. Zu Brücken in Valhalla gabs ja sofort nen Kontakt.
Antworten