Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
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- echtschlecht165
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Z.b dass man aus seinen Produktionen zwar mehr Output bekommt, man jedoch aus seinen sonst lieblich wuselnden betriebsstätten nun angstgeschrei, Peitschenhiebe und angestrengtes Stöhnen ertragen muss.
Und neben den Waren wird auch alle paar Ticks ein Leichensack weggetragen, der in diesem Moment deinen Träger blockiert, der im selben Moment auch Mehl zur Mühle tragen könnte.
Und neben den Waren wird auch alle paar Ticks ein Leichensack weggetragen, der in diesem Moment deinen Träger blockiert, der im selben Moment auch Mehl zur Mühle tragen könnte.
In Stein gemeißelt
Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Das hätte ich auch gesagt. Natürlich wird es Leute geben die das ignorieren, aber auch sicherlich einige die mit schlechtem Gewissen die Vorteile nutzen und andere die die Sklaverei dann eben lassen.
Hat jetzt nicht direkt was damit zu tun, aber ich musste an das Ende von Bastion denken
SpoilerShow
Am Ende bekommt man eine echt dicke Waffe. Kurz darauf findet man seinen bisherigen Gegner der von seinem Stamm bewusstlos geprügelt wurde.
Nun hat man die Option ihm zu helfen. Mache ich natürlich, nur um zu realisieren dass ich wenn ich ihn weg trage meine Waffe ablegen muss.
Als Folge schleppt man sich dann mit dem Körper des Typen hilflos durch die Gegend während die Mitglieder des Stammes feuern.
Da dachte ich mir auch: Mist, hätte ich auch den Guten gespielt wenn ich das vorher gewusst hätte (kA mehr ob es da Hinweis Texte gab die ich einfach nicht gelesen hatte). So oder so, das hat einen Eindruck bei mir hinterlassen. Ich war am Ende auch sehr froh dass ich das so gemacht hatte.
Nun hat man die Option ihm zu helfen. Mache ich natürlich, nur um zu realisieren dass ich wenn ich ihn weg trage meine Waffe ablegen muss.
Als Folge schleppt man sich dann mit dem Körper des Typen hilflos durch die Gegend während die Mitglieder des Stammes feuern.
Da dachte ich mir auch: Mist, hätte ich auch den Guten gespielt wenn ich das vorher gewusst hätte (kA mehr ob es da Hinweis Texte gab die ich einfach nicht gelesen hatte). So oder so, das hat einen Eindruck bei mir hinterlassen. Ich war am Ende auch sehr froh dass ich das so gemacht hatte.
El Psy Kongroo
Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Sind alles keine schlechten Ideen, denke aber trotzdem, dass da viel Fingerspitzengefühl nötig ist, damit das richtig rüberkommt. (Was kein Grund ist, es nicht zu machen, aber muss man sich auch erstmal zutrauen.)
Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Und warum sollte sich der Charakter im Spiel im z. B. Jahre 1823 schlecht fühlen bei der Haltung von Sklaven?Otis hat geschrieben: ↑31. Mai 2022, 22:49Dann haben wir ein Problem, dass das Spiel Sklaverei als die "bessere" Lösung anbietet, was sicherlich auch nicht jedem gefallen dürfte.Desotho hat geschrieben: ↑31. Mai 2022, 13:24Ich denke da habe ich mich verschrieben, sorry. Gemeint hatte ich eigentlich dass Sklaverei spielerische Vorteile bietet, man aber gleichzeitig auch das damit einhergehende leid vermittelt bekommt irgendwie. Der Verzicht auf Sklaverei würde das Spiel macht dann schwerer machen.
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Gibt es in Frostpunk so was wie Sklaverei?
Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Zwangsarbeit gibt es mehr oder weniger, aber direkt Sklaverei geht schon von der Situation her nicht wirklich. Oder wenn einige die "Stadt" verlassen wollen, dass man sie zum bleiben zwingt.
Verstehe die Frage nicht so richtig. Es geht doch um die Spieler. Die Figuren im Spiel kann man ja relativ einfach alles machen und denken lassen, was man will, das ist kein Problem.BlackSun84 hat geschrieben: ↑1. Jun 2022, 08:00Und warum sollte sich der Charakter im Spiel im z. B. Jahre 1823 schlecht fühlen bei der Haltung von Sklaven?
Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Sollte er ja auch nicht. Aber Du und ich, wenn wirs spielen.BlackSun84 hat geschrieben: ↑1. Jun 2022, 08:00
Und warum sollte sich der Charakter im Spiel im z. B. Jahre 1823 schlecht fühlen bei der Haltung von Sklaven?
Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Klar ist da extrem Fingerspitzengefühl notwendig. Und die Bereitschaft, den falschen Weg zu wählen und von der Kritik aufs Maul zu bekommen. Aber nur so entwickeln sich Dinge, in dem Fall Spiele, halt weiter.
Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Der Vergleich mit Frostpunk funktioniert von vornherein eh nur schwer imho, weil Frostpunk ein solch postapokalyptisches Szenario hat bzw. in der Regel einen solch krassen Überlebenskampf darstellt, dass sehr viele Mittel ethisch doch durchaus praktikabel scheinen, die sonst undenkbar wären: 14h-Schichten betreiben, Kinder zum Arbeiten einsetzten, um die Kontrolle im Überlebenskampf zu halten ein totalitäres Regime einrichten, im Ernstfall Kannibalismus ermöglichen und wenn man ein Kind opfern muss, damit die Ansiedlung mitsamt aller Bewohner nicht in die Luft fliegt, dann wird das Kind geopfert. Ich meine das nicht als „objektiv“ ethisch geboten, sondern aus Sicht der allermeisten Spieler, so unterstelle ich, ist es in dem Moment ziemlich egal. Ich habe Frostpunk viel gespielt, ich hab mich, glaube ich, nie richtig gefragt, ob ich was Unmoralisches tue, ich hab es im Zweifel einfach getan; man muss IIRC auch eher selten konkret zwischen zwei Übeln wählen bzw. selbst dann, dann ist man ja determiniert durch die Ressourcen, die man zu diesem Zeitpunkt hat oder nicht hat und es geht dann auch nicht anders. Und am Ende ist es auch nur ein Spiel, warum sollte ich mich schlecht fühlen, ich muss doch auch nicht zwangsläufig mich selbst spielen und wenn mir eine Figur in einer Texttafel (nicht einmal vertont) erzählt, dass sie friert oder hungert, ist es immer noch eine fiktive Figur in einem fiktiven Spiel.
Wenn so etwas funktionieren soll, dann über parasoziale Beziehungen. Ich denke an Papers Please. Auch wenn die Verwandten dort schemenhaft gezeichnet werden, so kratzt es doch mehr, wenn man Heizkosten oder Medikamente nicht mehr bezahlen kann, ggf. die kranke Oma „aufgibt“ aus finanziellen Gründen. (ich hab es sehr lange nicht gespielt, aber so etwas in der Art ging IIRC). Nun hat man aber selbst dort keine ausgeprägten parasozialen Beziehungen zu diesen Figuren, solche entwickeln sich ja eher bei langen TV-Serien (oder wenn Leute den halben Tag Twitch gucken, früher bei Boybands). Anno 1800 aber doch eher abstrahiert, der Spieler ist im Endeffekt ja quasi eine Art Weltgeist, man baut keine regelrechten parasozialen Beziehungen auf AFAIK und dann müsste das ja auch im Endlosspiel funktionieren, also außerhalb einer konkreten Narrative?
Und es soll also sein, dass Gewissensbisse entstehen, wenn Sklaverei (produktiv) eingesetzt wird. Zweifelhaft imho, dass das klappt, muss wohl im Endeffekt ständig belehrt werden, wie tatsächlich schrecklich Sklaverei für die zum Sklaven gemachten Menschen ist. -- Na gut, dann setzt der Spieler keine Sklaven ein, wenn das eine Option ist, Sklavenhaltung würde ggf. aus dieser Sicht eh nicht atmosphärisch nach Anno 1800 passen, aber dann wird ja Sklaverei doch wieder ausgeblendet. -- Und was ist die Botschaft, wenn Sklaverei produktiv eingesetzt wird und man als Spieler sich nicht am Leid der Sklaven kratzt, weil es ja nur fiktiv/virtuell ist bzw. das Spiel auch schlicht deren Leid nicht gut vermittelt, es vielleicht sogar eher unfreiwillig komisch wirkt, weil es so schlecht umgesetzt ist, was steht dann da lerntheoretisch am Ende, eine Verharmlosung?
Ubisoft werden also zwei Möglichkeiten geboten 1) fiktionalisiert das Spiel stärker, gebt die historischen Claims auf, den Markenkern des „Anno WXYZ“, was wirtschaftlich doch abträglich sein kann und man es vielleicht nicht will, weil man sich mit der Marke, dem Auftreten so sehr identifiziert oder 2) betreibt großen Aufwand, der katastrophal backfiren kann, um Elemente einzubauen, die moralisch und emotional schwer umzusetzen sind und ggf. die Atmosphäre im Spiel stark ändern. Und wenn nichts geändert wird, dann sei man bei Ubisoft ethisch defekt und trage vielleicht nicht mal einen Funken Menschlichkeit in sich, wenn man das nicht erkennt (keine Sorge, ich werde voraussichtlich nicht weiter auf diese Äußerung rumreiten).
(Am Rande: In Prison Architect kann man For-Profit Gefängnisarbeit betreiben und auch Todesstrafe vollstrecken, vielleicht ist diese Umsetzung noch interessant in diesem Kontext.).
Wenn so etwas funktionieren soll, dann über parasoziale Beziehungen. Ich denke an Papers Please. Auch wenn die Verwandten dort schemenhaft gezeichnet werden, so kratzt es doch mehr, wenn man Heizkosten oder Medikamente nicht mehr bezahlen kann, ggf. die kranke Oma „aufgibt“ aus finanziellen Gründen. (ich hab es sehr lange nicht gespielt, aber so etwas in der Art ging IIRC). Nun hat man aber selbst dort keine ausgeprägten parasozialen Beziehungen zu diesen Figuren, solche entwickeln sich ja eher bei langen TV-Serien (oder wenn Leute den halben Tag Twitch gucken, früher bei Boybands). Anno 1800 aber doch eher abstrahiert, der Spieler ist im Endeffekt ja quasi eine Art Weltgeist, man baut keine regelrechten parasozialen Beziehungen auf AFAIK und dann müsste das ja auch im Endlosspiel funktionieren, also außerhalb einer konkreten Narrative?
Und es soll also sein, dass Gewissensbisse entstehen, wenn Sklaverei (produktiv) eingesetzt wird. Zweifelhaft imho, dass das klappt, muss wohl im Endeffekt ständig belehrt werden, wie tatsächlich schrecklich Sklaverei für die zum Sklaven gemachten Menschen ist. -- Na gut, dann setzt der Spieler keine Sklaven ein, wenn das eine Option ist, Sklavenhaltung würde ggf. aus dieser Sicht eh nicht atmosphärisch nach Anno 1800 passen, aber dann wird ja Sklaverei doch wieder ausgeblendet. -- Und was ist die Botschaft, wenn Sklaverei produktiv eingesetzt wird und man als Spieler sich nicht am Leid der Sklaven kratzt, weil es ja nur fiktiv/virtuell ist bzw. das Spiel auch schlicht deren Leid nicht gut vermittelt, es vielleicht sogar eher unfreiwillig komisch wirkt, weil es so schlecht umgesetzt ist, was steht dann da lerntheoretisch am Ende, eine Verharmlosung?
Ubisoft werden also zwei Möglichkeiten geboten 1) fiktionalisiert das Spiel stärker, gebt die historischen Claims auf, den Markenkern des „Anno WXYZ“, was wirtschaftlich doch abträglich sein kann und man es vielleicht nicht will, weil man sich mit der Marke, dem Auftreten so sehr identifiziert oder 2) betreibt großen Aufwand, der katastrophal backfiren kann, um Elemente einzubauen, die moralisch und emotional schwer umzusetzen sind und ggf. die Atmosphäre im Spiel stark ändern. Und wenn nichts geändert wird, dann sei man bei Ubisoft ethisch defekt und trage vielleicht nicht mal einen Funken Menschlichkeit in sich, wenn man das nicht erkennt (keine Sorge, ich werde voraussichtlich nicht weiter auf diese Äußerung rumreiten).
(Am Rande: In Prison Architect kann man For-Profit Gefängnisarbeit betreiben und auch Todesstrafe vollstrecken, vielleicht ist diese Umsetzung noch interessant in diesem Kontext.).
Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Für Optimierer könnte Frostpunk funktionieren, aber leider durch sein Spielsystem geht das auch wieder schief.
ich finde man merkt schon relativ schnell, beim ersten mal quält man sich ziemlich durch, und man denkt man "muss" moralisch fragwürdige Entscheidungen treffen um zu überleben. Mit bissel Training versteht man aber, man kann das Spiel auch moralisch sauber abschließen, die Option steht immer offen, man hat davor bloß als Koloniemanager halt "versagt", also man ist selber Schuld, dass man die Entscheidungen traf, um seine Fehler wieder auszubügeln.
Das klingt ja erstmal ganz wertvoll.
Dann gibt es aber zwei Kontrapunkte. Zum einen wird man besser, indem man das feste Skript des Spieles versteht. Gibt ja keine Randomness, jede Temperaturänderung, jede Ortschaft die man erkunden kann, jedes negative Kolonieevent was kommen wird, ist fest in einem Skriptplan determiniert. Daher man muss bloß das Skript kennenlernen und sich dahingehend anpassen. Damit wird man "besser" als Manager, ist aber halt garnicht realistisch.
Zum anderen fand ich die meisten moralisch schlechten Entscheidungen auch spielmechanisch schlechter. Klar gibt es einen kurzfristigen Produktionsboost den man eventuell denkt, dass man ihn braucht, aber langfristig waren die moralisch guten Entscheidungen in meinen Spielabläufen auch immer die spielmechanisch besseren Entscheidungen.
Alleine durch das Hoffnungsystem, Arbeiter sind produktiver wenn die hohe Hoffnung durch moralisch gute Entscheidungen haben, es kommen weniger von den schlimmen Events die am Ende mehr Ressourcen kosten würden. Außerdem hat man in der Kampagne eh viel zu viele Menschen in der Kolonie, dass die Hälfte arbeitslos ist. Daher wozu harte Kinderarbeit, lieber bei den Ingenieuren in deren warmen Stätten bissel aushelfen lassen bei der Forschung, die ansonsten ja auch einen unterproportionaeln Anstieg der Efektivität hat. Daher mit einem Forschungsworkshop hat man 100% Forschung, mit zwei nur 130%, mit drei 150%. Daher ist ein passiver Boost wenn Kinder aushelfen ziemlich hilfreich.
ich finde man merkt schon relativ schnell, beim ersten mal quält man sich ziemlich durch, und man denkt man "muss" moralisch fragwürdige Entscheidungen treffen um zu überleben. Mit bissel Training versteht man aber, man kann das Spiel auch moralisch sauber abschließen, die Option steht immer offen, man hat davor bloß als Koloniemanager halt "versagt", also man ist selber Schuld, dass man die Entscheidungen traf, um seine Fehler wieder auszubügeln.
Das klingt ja erstmal ganz wertvoll.
Dann gibt es aber zwei Kontrapunkte. Zum einen wird man besser, indem man das feste Skript des Spieles versteht. Gibt ja keine Randomness, jede Temperaturänderung, jede Ortschaft die man erkunden kann, jedes negative Kolonieevent was kommen wird, ist fest in einem Skriptplan determiniert. Daher man muss bloß das Skript kennenlernen und sich dahingehend anpassen. Damit wird man "besser" als Manager, ist aber halt garnicht realistisch.
Zum anderen fand ich die meisten moralisch schlechten Entscheidungen auch spielmechanisch schlechter. Klar gibt es einen kurzfristigen Produktionsboost den man eventuell denkt, dass man ihn braucht, aber langfristig waren die moralisch guten Entscheidungen in meinen Spielabläufen auch immer die spielmechanisch besseren Entscheidungen.
Alleine durch das Hoffnungsystem, Arbeiter sind produktiver wenn die hohe Hoffnung durch moralisch gute Entscheidungen haben, es kommen weniger von den schlimmen Events die am Ende mehr Ressourcen kosten würden. Außerdem hat man in der Kampagne eh viel zu viele Menschen in der Kolonie, dass die Hälfte arbeitslos ist. Daher wozu harte Kinderarbeit, lieber bei den Ingenieuren in deren warmen Stätten bissel aushelfen lassen bei der Forschung, die ansonsten ja auch einen unterproportionaeln Anstieg der Efektivität hat. Daher mit einem Forschungsworkshop hat man 100% Forschung, mit zwei nur 130%, mit drei 150%. Daher ist ein passiver Boost wenn Kinder aushelfen ziemlich hilfreich.
Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Sehr schön zusammengefasst.Rigolax hat geschrieben: ↑1. Jun 2022, 12:41 Ubisoft werden also zwei Möglichkeiten geboten 1) fiktionalisiert das Spiel stärker, gebt die historischen Claims auf, den Markenkern des „Anno WXYZ“, was wirtschaftlich doch abträglich sein kann und man es vielleicht nicht will, weil man sich mit der Marke, dem Auftreten so sehr identifiziert oder 2) betreibt großen Aufwand, der katastrophal backfiren kann, um Elemente einzubauen, die moralisch und emotional schwer umzusetzen sind und ggf. die Atmosphäre im Spiel stark ändern. Und wenn nichts geändert wird, dann sei man bei Ubisoft ethisch defekt und trage vielleicht nicht mal einen Funken Menschlichkeit in sich, wenn man das nicht erkennt (keine Sorge, ich werde voraussichtlich nicht weiter auf diese Äußerung rumreiten).
Mir fehlt ja von den Anno-Kritikern auch ein Lösungsvorschlag.
Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Richtig. Im großen und ganzen gibt es die drei Möglichkeiten: a) Welt ändern, b) Spieldesign ändern, c) mit Kritik klarkommen.Rigolax hat geschrieben: ↑1. Jun 2022, 12:41
Ubisoft werden also zwei Möglichkeiten geboten 1) fiktionalisiert das Spiel stärker, gebt die historischen Claims auf, den Markenkern des „Anno WXYZ“, was wirtschaftlich doch abträglich sein kann und man es vielleicht nicht will, weil man sich mit der Marke, dem Auftreten so sehr identifiziert oder 2) betreibt großen Aufwand, der katastrophal backfiren kann, um Elemente einzubauen, die moralisch und emotional schwer umzusetzen sind und ggf. die Atmosphäre im Spiel stark ändern. Und wenn nichts geändert wird, dann sei man bei Ubisoft ethisch defekt und trage vielleicht nicht mal einen Funken Menschlichkeit in sich, wenn man das nicht erkennt (keine Sorge, ich werde voraussichtlich nicht weiter auf diese Äußerung rumreiten).
Wo ist das Problem?
Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Das Problem ist, dass womöglich unverhältnismäßig stark Druck aufgebaut wird, wo vielleicht kein so starker Druck aufgebaut werden muss und dass es Netto die Welt nicht besser macht, sondern schlechter. Ist es nicht emotionale/ethische Erpressung: Tut dies, unterlasst jenes und wenn ihr es anders seht, dann seid ihr verkommen, verfälscht Geschichtsbilder, macht die Welt schlechter. Ja gut, letzteres ist ja auch nur "Meinung", aber es schwingt so ein moralischer Realismus mit, so als sei das eine objektiv von "Experten" festgestellte Tatsache, und vielleicht es ja tatsächlich so, vielleicht aber auch nicht. Konkrete, belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse gibt es nicht, aber die Kreativwirtschaft müsste sich hinten anstellen, Fiktion/Eskapismus müsste sich unterordnen, aber warum.
Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Zum Glück gibt es ja ansonsten überhaupt keinerlei Zwänge, denen sie sich unterordnen müsste.Rigolax hat geschrieben: ↑1. Jun 2022, 13:39 Das Problem ist, dass womöglich unverhältnismäßig stark Druck aufgebaut wird, wo vielleicht kein so starker Druck aufgebaut werden muss und dass es Netto die Welt nicht besser macht, sondern schlechter. Ist es nicht emotionale/ethische Erpressung: Tut dies, unterlässt jenes und wenn ihr es anders seht, dann seid ihr verkommen, verfälscht Geschichtsbilder, macht die Welt schlechter. Ja gut, letzteres ist ja auch nur "Meinung", aber es schwingt so ein moralischer Realismus mit, so als sei das eine objektiv von "Experten" festgestellte Tatsache, und vielleicht es ja tatsächlich so, vielleicht aber auch nicht. Konkrete, belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse gibt es nicht, aber die Kreativwirtschaft müsste sich hinten anstellen, Fiktion/Eskapismus müsste sich unterordnen, aber warum.
Ernsthaft. Wenn Du etwas erschaffst und es der Welt präsentierst, dann musst Du mit Kritik klarkommen. Und ja, die ist nicht immer sachlich, manchmal sogar polemisch. So läuft das im Kulturbetrieb seit Jahrhunderten. Haben echt soviele Spieler:innen noch nie ein Feuilleton gelesen? Spiele werden mittlerweile einfach exakt so behandelt wie andere Kulturprodukte auch. Hey, das wollten wir jahrzehntelang.
Sind etwa nur die Spiele "erwachsen" geworden - die Spieler:innen zu einem großen Teil aber nicht?
Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Ja schon, aber vielleicht geht es der Fiktion, Kreativität, der Kunst dann am besten, wenn sie möglichst frei von Zwängen ist, die Freiheit maximiert wird in einem liberalen/libertären Sinne? Im Artikel bei GS wird sich auf die Kunstfreiheit bezogen: "Kunstfreiheit bedeutet nicht nur künstlerische Freiheit, sondern auch, dass es einen kritischen Diskurs über diese Kunst geben darf." (https://www.gamestar.de/artikel/sklaver ... 80926.html) Ich find den Satz logisch nicht ganz schlüssig, aber es wäre auch sehr schwer vorstellbar, dass es eine "Diktatur der Kunst" (Jonathan Meese) geben könne die jede Kritik an ihr für nicht statthaft erklärt. Aber ich meinte auch mal, Kritik ist nicht Kritik, es gibt verschiedene Arten: geschmacklich, moralisch oder wie etwas mutmaßlich lerntheoretisch wirkt und die sind nicht alle per se auf die gleiche Art legitim -- und Zwang ist nicht gleich Zwang, manche Zwänge sollten halt besser vielleicht nicht existieren.Felidae hat geschrieben: ↑1. Jun 2022, 13:43 Zum Glück gibt es ja ansonsten überhaupt keinerlei Zwänge, denen sie sich unterordnen müsste.
Ernsthaft. Wenn Du etwas erschaffst und es der Welt präsentierst, dann musst Du mit Kritik klarkommen. Und ja, die ist nicht immer sachlich, manchmal sogar polemisch. So läuft das im Kulturbetrieb seit Jahrhunderten. Haben echt soviele Spieler:innen noch nie ein Feuilleton gelesen? Spiele werden mittlerweile einfach exakt so behandelt wie andere Kulturprodukte auch. Hey, das wollten wir jahrzehntelang.
Ja okay, ich hab auch teils den Eindruck, ich soll erzogen werden. Aber ich gebe es ja zu, ich habe mir eine ewig adoleszente Attitüde zu eigen gemacht. Ich bin darauf aber nicht stolz! Okay, vielleicht ein bisschen, weiß nicht.
Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Ich finds halt einfach bisschen schräg, einerseits mit Gewinnmaximierung (bzw. entgehendem Gewinn) zu argumentieren, bei sozialer Verantwortung dann aber die Kunstfreiheit als oberste Maxime zu nehmen.Rigolax hat geschrieben: ↑1. Jun 2022, 14:00 Ja schon, aber vielleicht geht es der Fiktion, Kreativität, der Kunst dann am besten, wenn sie möglichst frei von Zwängen ist, die Freiheit maximiert wird in einem liberalen/libertären Sinne? Im Artikel bei GS wird sich auf die Kunstfreiheit bezogen: "Kunstfreiheit bedeutet nicht nur künstlerische Freiheit, sondern auch, dass es einen kritischen Diskurs über diese Kunst geben darf." (https://www.gamestar.de/artikel/sklaver ... 80926.html) Ich find den Satz logisch nicht ganz schlüssig, aber es wäre auch sehr schwer vorstellbar, dass es eine "Diktatur der Kunst" (Jonathan Meese) geben könne die jede Kritik an ihr für nicht statthaft erklärt. Aber ich meinte auch mal, Kritik ist nicht Kritik, es gibt verschiedene Arten: geschmacklich, moralisch oder wie etwas mutmaßlich lerntheoretisch wirkt und die sind nicht alle per se auf die gleiche Art legitim -- und Zwang ist nicht gleich Zwang, manche Zwänge sollten halt besser vielleicht nicht existieren.
Sind wir realistisch - kaum ein Computerspiel dürfte so wenig Kunstfreiheit genießen wie "Anno" oder sonst einer der großen Blockbuster.
Und das scheint für die meisten Spieler:innen auch völlig okay zu sein. Außer, es geht ausnahmsweise mal um progressive Themen. Und damit haben wir eigentlich den perfekten Schulterschluss zum Activision-Diversity-Thread.
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Ich meine Anno 1800 wurde fast 2 Millionen mal verkauft. Bei einen Durchschnittpreis von ca 50 EUR = 100 Millionen Taler. (Zahlen sind geschätzt - man kann mich gerne korrigieren.)
Ich denke da kann Ubisoft die Kritik eines Nischenforums (sorry ) an der fehlenden Sklavensimulation (während sie mit Geld zählen beschäftigt sind) ganz gut ausshalten. Bin mir sicher die machen bei Anno genauso weiter , bis die Zahlen eben nicht mehr für sie passen.
Wundert mich sowieso warum hier laufend so getan wird, als wäre Ubisoft ein staatliches Unternehmen, welches irgendetwas abbilden oder machen muss ?
So lange die niemanden aktiv beleidigen (weglassen gehört da eben nicht dazu) oder etwas juristisch Unrechtes tun, sind die doch völlig frei in Ihrer Gestaltung und na klar darf man das nach allen Kräften kritisieren oder Ultima Ratio eben einfach nicht spielen/ignorieren.
Wie gesagt - so lange die Zahlen aber stimmen wird die Kritik sicherlich niemanden wirklich interessieren, besonders wenn das Eisen so heiß, wie die adäquate Abbildung von der "Wirtschaftsressource" (und mehr wäre es ja bei Anno nicht) Sklaventum ist.
Ich denke da kann Ubisoft die Kritik eines Nischenforums (sorry ) an der fehlenden Sklavensimulation (während sie mit Geld zählen beschäftigt sind) ganz gut ausshalten. Bin mir sicher die machen bei Anno genauso weiter , bis die Zahlen eben nicht mehr für sie passen.
Wundert mich sowieso warum hier laufend so getan wird, als wäre Ubisoft ein staatliches Unternehmen, welches irgendetwas abbilden oder machen muss ?
So lange die niemanden aktiv beleidigen (weglassen gehört da eben nicht dazu) oder etwas juristisch Unrechtes tun, sind die doch völlig frei in Ihrer Gestaltung und na klar darf man das nach allen Kräften kritisieren oder Ultima Ratio eben einfach nicht spielen/ignorieren.
Wie gesagt - so lange die Zahlen aber stimmen wird die Kritik sicherlich niemanden wirklich interessieren, besonders wenn das Eisen so heiß, wie die adäquate Abbildung von der "Wirtschaftsressource" (und mehr wäre es ja bei Anno nicht) Sklaventum ist.
Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Da Ubisoft kein staatliches Unternehmen ist, gibt es keine staatlichen Einschränkungen. Man kann private Unternehmen wegen deren Entscheidungen trotzdem scheiße finden. Wie etwa Nestle teils gehasst wird wie die sich in der dritten Welt gebaren
Im Endeffekt wollen glaube auch die wenigsten wirklich harte Vorschriften machen, sondern es ist immer nur ein "es wäre echt mal cooler, wenn ..."
Im Endeffekt wollen glaube auch die wenigsten wirklich harte Vorschriften machen, sondern es ist immer nur ein "es wäre echt mal cooler, wenn ..."
Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel
Na, da stellt ja selbst das durchschnittliche Milchmädchen eine bessere Rechnung aus. (Nicht ernst gemeint, no hate. )Mastertronic hat geschrieben: ↑1. Jun 2022, 16:08 Ich meine Anno 1800 wurde fast 2 Millionen mal verkauft. Bei einen Durchschnittpreis von ca 50 EUR = 100 Millionen Taler. (Zahlen sind geschätzt - man kann mich gerne korrigieren.)
Das schon, ich will ja auch nicht sagen, dass es nichts zu kritisieren gibt oder man das nicht darf (ich frag mit welchem Ton, welcher Scope), aber was ich dann doch anbringen möchte: Ubisoft mag man an sich als seelenlose Großfirma begreifen, aber an den Spielen arbeiten doch einzelne Menschen, einzelne Designer an Anno 1800, manche in höherer Position, vielleicht in niedriger Position, und sie fühlen sich vielleicht auch angesprochen, sie identifizieren sich vielleicht mit ihren Werken und nehmen sich Kritik vielleicht zu Herzen. Und dann gibt es doch Spieler, "Fans", die sich identifizieren mit Werken, mit Reihen, die sich betroffen fühlen, manchmal vielleicht schon zu stark, aber grundsätzlich ist es doch nicht verwerflich, es ist doch grundsätzlich schön, wenn sich Leute leidenschaftlich mit etwas Kreativem identifizieren, daraus etwas Positives für sich herausziehen: Fandom ist doch per se etwas Schönes.Mastertronic hat geschrieben: ↑1. Jun 2022, 16:08Ich denke da kann Ubisoft die Kritik eines Nischenforums (sorry ) an der fehlenden Sklavensimulation (während sie mit Geld zählen beschäftigt sind) ganz gut ausshalten. Bin mir sicher die machen bei Anno genauso weiter , bis die Zahlen eben nicht mehr für sie passen.
Ja das und es geht imho durchaus um sog. Soft Power, so wie ich den Begriff verstehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Soft_Power