Wichtel-Wertschätzungen 2022

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wiesl
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von wiesl »

Wichtel-Wertschätzung zu Inscryption

Erstmal herzlichen Dank an nonameix für diese wahnsinnig interessante Erfahrung. Hab im damaligen Slay-the-Spire-Fieber schonmal eine Stunde in Inscryption reingespielt. Fand aber die Kartenmechanik eher frustrierend und hab es darum refunded. Dieses Punkt sollte ich auch in diesem Durchlauf noch ein paarmal erreichen. :lol:

Einstieg ist schnell erzählt: ich sitze an einem Kartentisch, mir gegenüber ein seltsames Ding, von dem ich nur zwei Augen sehe, und werde aufgefordert gegen ihn zu spielen. Es folgt ein Slay-the-Spire-ähnliches Deckbuilding-Game mit einigen makabren Einfällen. Inszeniert ist es wirklich großartig. Diese Körperlichkeit, dass ich tatsächlich am Kartentisch sitze, diese absonderlichen sprechenden Karten, mein Gegenüber, der sich immer wieder neue Masken aufzieht. Allerdings: bis ich das erste Mal alle drei Bosse und den Endboss besiegt hatte, vergingen bei mir fast 10 Stunden, an denen ich hauptsächlich am Kartentisch saß. Nach fünf Stunden war ich mit meiner Geduld das erste Mal am Ende. Zu willkürlich fand ich die Kartenzuteilung, zu wenig steuerbar fand ich mein Deck. Allerdings konnte ich meinem Wichtel schlecht schon nach fünf Stunden mein Scheitern eingestehen. Also einen Tag Pause gemacht und erneut versucht. Nach weiteren fünf Stunden stand ich das erste Mal auf der finalen Map. Mein einziger Gedanke: "Oh Gott, hoffentlich wollen die nicht ernsthaft, dass ich alle Maps nochmal durchlaufe, wenn ich scheitere".
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Natürlich wollten Sie. Einige neue Todeskarten (eine extra für dich geprägte Karte, wenn du einen Run vergeigst) später namens "Fuckyou", "Sinnlos" und "Sinnlos #2" stand ich wieder vorm Endboss, den ich eher mit Glück als Verstand besiegte, nachdem ich bei seiner 42-Health-Karte fast vom Stuhl gefallen wäre.

Ab da wurde das Spiel interessant. Oder auch (erstmal) nicht. Nach dem Durchsehen der Found Footage-Aufnahmen bin ich wieder in der Hütte. Und muss die ganze Scheiße nochmal von vorn durchspielen. Wie auch der Typ auf den Aufnahmen namens Luke Carder, der das Spiel ingame im Wald vergraben fand (spiele jetzt also "Inscryption in Inscryption") so lakonisch anmerkte. Da hab ich Steam erstmal ausgemacht. Meine Freundin warf mir einen abschätzigen Blick von der Couch zu und ich versuchte, sie in eine Persönlichkeitsanalyse meiner selbst zu verwickeln. Ob ich solche Spiele nur spiele, weil ich sie schlagen will und wie weit ich dafür bereit bin, unter meine Spaßgrenze zu gehen. Hat sie allerdings nicht wirklich interessiert. Also hab ich mich abgelenkt, in dem ich an jedem Gegenstand in der Hütte (ingame) gewackelt habe, um etwas zu finden, was mir den nächsten Run etwas erleichert.
Leider musste ich für den ersten Abschnitt feststellen, dass ich das eigentliche Kartenspiel nicht so überragend finde, wie man es oft liest. Mein zentrales Problem ist: mein Deck wächst unaufhaltsam an. Ich bekomme ständig Karten aufgedrängt, die ich nicht will. Die einzige Möglichkeit, Karten zu vernichten, ist sie zu opfern oder eine zweite dazuzunehmen, um sie dann beim verrückten Doktor zu mergen. Steuerungsmöglichkeiten, wie gezielt eine Karte dazukaufen wie bei StS oder auch einfach mal keine Karte zu nehmen, fehlen mir. Das entmächtigt mich als Spieler. Was nützt mir die beste Wolf- und Leitwolf-Strategie, wenn ich ständig diese dämlichen Otter und Maulwürfe in mein Deck geworfen bekomme. Dies macht es mir schwer, mich auf eine Strategie innerhalb eines Runs festzulegen. Dieser ständige Druck sich anzupassen, weil mein Deck sich so zwangsweise erweitert, fand ich eher frustrierend.

Aber: irgendwie hatte mich das Spiel zu diesem Zeitpunkt storytechnisch am Haken. Ich wollte raus aus der Hütte. Nach einem Silvesterabend mit reichlich Bowle, am Neujahrstag erneut gestartet. Und was für ein Wunderwerk das Gehirn ist. Die Synapsen hatten sich verknüpft und ich flog nur so durch die Maps. Ob ich wirklich Spaß empfand, kann ich nicht sagen. Ich fühlte mich mächtig, die Gegner bereits beim ersten Zug zu legen und dem Spiel den Stinkefinger zu zeigen.
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Dementsprechend fiel der Endboss dann auch im zweiten Anlauf und ich kam in den zweiten Abschnitt, der aus isometrischer Perspektive spielte. Diesen empfand ich als recht gelungen, da ich mich an die alten Zeldas erinnert fühlte. Da ich nun drei weitere Decks zur Auswahl bekam, vergrößerte meine theoretische Taktikvielfalt sich enorm. Aber ehrlich gesagt: ich hatte keine Lust, mich für diesen Abschnitt in ein neues Deck denken zu müssen, da mir das initial schon schwerfiel im ersten Abschnitt. Spielerisch war es auch wesentlich einfacher, da ich keine Runs aus mehreren Ebenen mehr bestehen musste, sondern jeden Encounter einzeln angehen konnte.

Nachdem der zweite Abschnitt rasch vorbei war, wählte ich, der Nachfolger des Typen aus der Hütte zu werden. Nun war ich im finalen Abschnitt. Spielerisch änderte sich nur insofern etwas, als dass ich nun in einer Welt mit Abzweigen und Checkpoints umherlief. Die Encounter waren immer noch recht ähnlich und begannen mich ein wenig zu langweilen. Es lief aber recht flüssig und führte, neben den mysteriösen, wendungsreichen und toll gespielten Videos über Luke Carder, zu meinem persönlichen Highlight: der Bossgegner, der mich zwang, meine Festplatte nach der größten Datei zu durchsuchen, um ihn zu besiegen und mir dann drohte meine alte Immatrikulationsbescheinigung zu löschen ("such eine alte Datei, welche dir ganz besonders am Herzen liegt"). Ganz große Kunst, hab seit Psycho Mantis selten ein so faszinierendes Durchbrechens der 4. Wand erlebt. Und ja, ich tabbte raus, um die Bescheinigung zu kopieren, traute diesem verrückten Spiel zu diesem Zeitpunkt alles zu. Langsam kam ich mir schon vor, als hätte ich die Diskette im Wald gefunden, die nun meinen Kopf langsam verdrehte.
18 Stunden waren schlussendlich auf der Uhr. Für das Finale brauche ich ein Erklärvideo. Mal gucken, ein New Game Aufschluss bringt, das Spiel hat mich erstmal kompromisslos rausgeworfen. Herzlichen Dank an meinen Wichtel!
Mauswanderer
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von Mauswanderer »

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Regalia: Of Men and Monarchs
Wichtel: Elan Weigel
Plattform: Gog.com
Meine Spielzeit zum Durchspielen: 37 Stunden und 1 Minute (laut Playnite)

Regalia: Of Men and Monarchs – davon hatte ich bis zum 20.12.2022 noch nie etwas gehört. Laut GOG sollte es sich um ein "tactical RPG“ handeln; ein Genre, das mir nicht völlig unbekannt, aber bisher auch nicht gerade vertraut ist. Umso überraschter war ich, als mich der Launcher des Spiels erstmal eine wenig nach RPG klingende Steuerung konfigurieren ließ: Oben, unten, links, rechts, drei Feuertasten, Springen, Abbrechen, Bestätigen – wird das jetzt ein Run and Gun?
Erstmal startet das Spiel aber natürlich mit einem Intro, in dem auch direkt „2700+“ Kickstarter-Backern gedankt wird. Finde ich schonmal sympathisch, das hier direkt zu erwähnen. Die eigentliche Einführungssequenz zeigt direkt eine der Stärken des Spiels: Wirklich hübsche Zeichnungen.

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In seiner Form und auch seinem Zeichenstil bleibt das Intro leider einzigartig, zukünftige Zwischensequenzen laufen in Spielgrafik – 3D-Figuren vor gezeichneter Kulisse - mit zusätzlich eingeblendeten Sprecherbildern ab. Auch hier hat mich der Stil aber voll abgeholt. Die Sprecherbilder sind zwar nicht animiert, ändern sich aber von Satz zu Satz passend und transportieren, in Kombination mit dezent eingesetzten Emoji-Blasen, gut die Stimmung und Emotionen der Protagonisten. Einige Dialoge sind voll vertont, bei anderen sind es nur einzelne Schlagworte. Viele Texte sind auch einfach stumm. Das ist schade, denn die englischen Sprecher machen einen wirklich guten Job!

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Die Geschichten, die das Spiel auf diese Art erzählt, lassen sich grob in „Hauptgeschichte“ (einschl. der verpflichtenden Nebenstränge) und „Companion Quests“ unterteilen, wobei letztere theoretisch komplett optional sind.

Die Hauptgeschichte beginnt mit einer Fantasy-typischen Prämisse: Am Sterbebett unseres Vaters erfahren wir, sein einziger Sohn Kay, dass unsere Familie in Wahrheit der letzte verbliebene Arm des vermeintlich untergegangenen Königshauses Loren sei, Herrscher über den einflussreichen Stadtstaat Ascalia und seine Lande. Prompt machen wir uns mit unseren beiden Schwestern (Elaine und Gwendolyn) und unserem eidgebundenen Leibwächter (Griffith) auf den Weg, unser frisch entdecktes Erbe anzutreten.

In Ascalia angekommen, steht unsere wohl etwas naive Erbentruppe direkt vor zwei Problemen:
1. Ascalia ist eine Ruine.
2. Das Haus Loren hat lange über seine Verhältnisse gelebt und einen immensen Schuldenberg angehäuft – und das örtliche Inkassobüro ist hocherfreut, wider Erwarten doch wieder jemand haftbaren vorzufinden.

Die Erzählung, die sich über den Verlauf des Spiels hieraus entspannt, hat mir persönlich durchaus gefallen. Wie man sie wahrnimmt, hängt aber sicher auch davon ab, wie sehr man einen sehr zentralen Aspekt des Writings von Regalia goutiert: den Klamauk.
Regalia möchte witzig sein – ganz, ganz dringend! Beispiele gefällig?
Beispiele teils mit Micro-Spoiler-GefahrShow
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Insbesondere Hauptgeschichte und Companion Quests sind davon durchzogen. Fast alle Charaktere sind, zumindest vordergründig, drastisch überzogene Abziehbildchen – und sich dessen nicht selten auch gewahr. In einigen Sequenzen enthält gefühlt jeder zweite Satz mindestens eine Gag-Ebene. Die Autorinnen schaffen es für meinen Geschmack aber glücklicherweise nahezu immer, hierbei den richtigen Ton zu treffen und sauber auf Payoffs hinzuarbeiten. Dort, wo dann mit den Klischees gespielt oder bewusst gebrochen wird, entfaltet der Humor so seine volle Wirkung.

Das bedeutet im übrigen nicht, dass das Spiel nicht auch ernste Themen behandelt. Hierbei nimmt die Erzählung ihre neckische Seite dann auch an eine etwas kürzere Leine, sodass ich nie das Gefühl hatte, dass sich Witz und Ernst gegenseitig im Wege stünden.

Nun ist das Spiel aber ja kein Visual Novel, sondern ein „tactical RPG“. Um also nun unseren beiden Problemen von vorhin entgegenzuwirken, müssen wir die Stadt Ascalia wieder aufbauen, die Lande drumherum zurück unter die Kontrolle des Hauses Loren bekommen und so unseren Gläubigern eine Perspektive auf allmähliche Rückzahlung bieten – andernfalls droht die Enteignung und wohlmöglich sogar schlimmeres.

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Der Wiederaufbau der Stadt funktioniert über einen simplen Stadtbildschirm, dem nach und nach immer mehr Orte hinzugefügt werden. Gebäude lassen sich dann, gegen Geld und Ressourcen, mit einem Klick reparieren bzw. aufwerten. Wir können (und müssen) die Orte auch betreten und können dort herumlaufen, es handelt sich aber im Grunde immer nur um kleine, statische Räume, die mit ihren Hotspots für Dialoge, Crafting und ähnliches die Funktion eines Auswahlmenüs erfüllen. Gestaltungsmöglichkeiten haben wir hierbei keine, im Grunde „klickt“ man die freigeschalteten Orte nur bis zum höchsten Level. Moneten und Rohstoffe bekommen wir vor allem, in dem wir Dungeons auf der Weltkarte erkunden.

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Hierzu wählen wir zusätzlich zu Kay noch bis zu 5 weitere Begleiter aus einem Pool von elf Charakteren (von denen ich in meinem Durchgang am Ende aber nur 8 freigeschaltet hatte) und machen uns auf den Weg. Betreten wir einen Dungeon, erwartet uns nach einem hübschen Coverbild ein Netzwerk aus unterschiedlichen Ortstypen, im Spiel „Knoten“ genannt: Kämpfe, Rastplätze und „Abenteuer“.

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Erledigen wir einen Knoten, werden die angrenzenden zugänglich. Sind alle Knoten abgeschlossen, ist der Dungeon „fertig“ und wir verlassen ihn automatisch, ohne Möglichkeit der Rückkehr. An Rastplätzen können wir das Spiel speichern (was sonst nur in unserer Hauptstadt möglich ist), gefallene Charaktere wiederbeleben (manuell einmalig pro Rastplatz sowie automatisch nach Abschluss des Dungeons) und uns in (sehr kurze) Dialoge zwischen unseren gewählten Begleitern einmischen.

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An Kampfknoten kommt es automatisch zum, naja, Kampf. Die Kampfarena ist mit einem Gittermuster überzogen und die Gegner sind bereits platziert (nach einem von mehreren händisch für diese Arena erstellten, scheinbar zufällig ausgewählten, Mustern). Für uns ist ein Platzierungsbereich hervorgehoben, in dem wir (meistens) frei bis zu vier unserer Recken platzieren können. Hier kann wahlweise auch auf Kay verzichtet werden, aufgrund seiner Fähigkeiten hatte ich ihn aber fast immer mit in meiner Aufstellung.

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Nun ziehen alle Charaktere (eigene und feindliche) der Reihe nach, in Abhängigkeit von Initiativwert und Statuseffekten. Sind alle durch, beginnt die nächste Kampfrunde. Jeder Figur steht dabei pro Runde eine Anzahl von Bewegungspunkten sowie ein Aktionspunkt zur Verfügung. Letzterer kann für einen von fünf Skills oder den Einsatz eines Tranks, einer Granate, eines Fisches (ja, richtig gelesen) oder ähnlichem aufgewendet werden. Benutzbare Items kommen aus einem gemeinsamen Inventar, Skills sind charakterabhängig fest zugeordnet und können im Spielverlauf nur dezent verändert werden.

Der erste Skill jedes Charakters hat grundsätzlich keinen Cooldown (bei den meisten Charakteren ist das eine Art von Angriff), der fünfte Skill ist ein „Ultimate“ und kostet zusätzlich zum Aktionspunkt noch zwei Authoritätspunkte. Von diesen erhält man einen am Anfang jeder Runde und kann maximal fünf Ansparen, um sie entweder für Ultimates auszugeben oder gegen zusätzliche Aktionspunkte für einen Charakter einzutauschen. Theoretisch kann man also mit einem Charakter bis zu sechsmal hintereinander angreifen, wenn man die Cooldowns außer Acht lässt.

Die meisten Skills dienen dazu, dem Gegner Schaden zuzufügen. Zusätzlich verursachen viele Angriffe Statuseffekte wie „geblendet“ oder „vergiftet“. Es gibt auch Supportskills wie „Verspotten“ oder das Erschaffen von magischen Hindernissen. Sowohl in der Kampfarena fest verortete wie auch erschaffene Hindernisse sind meist auch Sichthindernisse, viele Skills wiederum benötigen eine Sichtlinie zwischen Charakter und Ziel – insbesondere natürlich Zauber und Fernkampfangriffe.

Was es nicht gibt: Heilzauber. Verlorene Lebenspunkte werden nach einem Kampf zwar automatisch aufgefüllt, währenddessen gilt aber: „Wenn weg, dann weg!“ Allerdings haben alle Charaktere eine, zu Kampfbeginn grundsätzlich leere, Schildleiste im Umfang ihres Lebensbalkens. Diese lässt sich über diverse Skills auffüllen und dient als Schutz gegenüber den meisten, wenn auch nicht allen, Attacken.

Die Gegner-KI agiert nach dem Motto „Stumpf ist Trumpf“. Dort, wo es keine offensichtliche Offensivmöglichkeit gibt, erscheint sie völlig erratisch. Der Kampf endet automatisch, wenn das Ziel erreicht ist. Dieses hängt vom Kampf ab und verlangt meist, alle oder einige bestimmte Gegner zu töten. Manchmal geht es aber auch nur darum, gegenüber endlos spawnenden Horden eine bestimmte Rundenzahl zu überleben. Zusätzlich kommt jeder Kampf mit zwei „Challenges“ (Beispiel: „Gewinne den Kampf mit nur drei Charakteren“) daher, deren Erfüllung Bonus-XP sowie eine höhere Lootchance einbringt.

Ich habe das Spiel auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad gespielt und die meisten Kämpfe beim ersten oder zweiten Versuch mit ein oder zwei erfüllten Challenges und ohne Charakter-KO geschafft. Für einige Challenges und ganz wenige Kämpfe habe ich mehr Anläufe gebraucht und dreimal habe ich auch ein Charakter-KO akzeptiert. Hat man erstmal eine Taktik gefunden, die für einen funktioniert, kommt man mit relativ wenig Variation durchs Spiel.

Kämpfe lassen sich jederzeit neustarten, solange man nicht gewonnen und das Ergebnis akzeptiert hat. Laut Beschreibung lassen sich Kämpfe auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad auch überspringen.

Mit Loot-Gegenständen aus den Kämpfen kann man seine Recken ausrüsten. Waffen sind hierbei charakterspezifisch (Breitschwerter können nur von Griffith genutzt werden, und Griffith nutzt ausschließlich Breitschwerter), Amulette und ähnliches, von denen jeder Charakter zwei gleichzeitig tragen kann, sind frei verteilbar.

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Die Erfahrungspunkte zahlen auf das Gruppenkonto ein, individuelle Charakterstufen gibt es nicht. Abhängig vom Gruppenlevel steht eine Anzahl von Skillpunkten zur Verfügung, die auf eine Auswahl von Perks verteilt (und jederzeit außerhalb der Kämpfe umverteilt) werden können. Höherwertige Fertigkeiten kosten hierbei mehr Punkte. Anfangs ist die Zahl der Perks sehr begrenzt, später muss man für jeden Charakter genau abwägen, wie man die Punkte verteilt. Die meisten Perks (bspw. „+6% auf alle Resistenzen“) sind für jeden Charakter verfügbar, jedoch hat jeder auch spezifische Perks zur Verfügung, die ganz speziell seine Skills verändern.

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Neue Perks (sowohl allgemeine, wie auch charakterspezifische) schaltet man frei, indem man Beziehungspunkte zu anderen Charakteren steigert.

Ein Weg, an Beziehungspunkte zu kommen, sind die „Abenteuerknoten“.

Hier spielt man, zumeist in sich abgeschlossene, kleine „Abenteuerbuch“-Geschichtchen, durch die man sich im Multiple-Choice-Format durchklickt. Die Geschichten sind gut geschrieben und die Bandbreite ist groß: Es gibt „Schalterrätsel“, Erinnerungsrätsel, Logikrätsel oder auch einfach mal nur Bauchentscheidungen. Das Ergebnis der Abenteuerknoten können Erfahrungspunkte, Ressourcen, Ausrüstungsgegenstände oder auch Kämpfe sein. Oder eben Beziehungspunkte.

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Wir haben jetzt also Schätze gehoben und kehren mit Geld und Rohstoffen beladen von unserer Expedition zurück, um diese in unsere nächste Ratenzahlung zu investieren – richtig? Naja, nicht so ganz.

Die Lösung des zweiten Problems, unseres Schuldenbergs, ist linear in die Story verwoben und seine praktischen Auswirkungen – das Befriedigen unserer Gläubiger – sind stark abstrahiert: Das Spiel ist in Kapitel unterteilt, und in jedem Kapitel ist in einer vorgegebenen Zeitspanne eine vorgegebene Anzahl „Kingdom Quests“ zu absolvieren. Wird diese Anzahl nicht erreicht, heißt es „Game over“ für uns Schuldensünder. „Überzählige“ Kingdom Quests werden glücklicherweise ins nächste Kapitel mit übernommen (was uns das Spiel nur mäßig kommuniziert), sodass man nicht versehentlich „zu viel“ erledigen kann, sondern sich stattdessen sogar einen kleinen Puffer aufbaut.

Diese Quests sind eigentlich gar keine klassischen Quests, sondern eine Liste zum Abhaken: Jeder erledigte Dungeon zählt als eine Kingdom Quest. 30 Fische im Angelminispiel gefangen? Zack, eine Kingdom Quest erledigt. 60 Fische gefangen? Nochmal eine! 120 Fische? Ratet mal…

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Zum Durchspielen muss dabei nicht alles erledigt werden und im Verlauf der Story ist das meiner Einschätzung nach auch gar nicht möglich. Die für die Kapitel vorgegebene Zeitspanne ist nämlich tatsächlich ernst zu nehmen: Wer in den 55 verfügbaren Tagen pro Kapitel nicht genug Kingdom Quests und die für das Kapitel vorgegebene Story Quest erledigt hat, kommt nicht weiter und muss einen früheren Spielstand laden. Hierbei kostet fast alles Zeit. Jeder Schritt auf der Weltkarte kostet einen Tag, das Betreten eines Dungeons sogar bis zu 8 Tage (abhängig vom Dungeon).

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Das Angelminispiel zu spielen, kostet auch einen Tag (man kann aber deutlich mehr als einen Fisch pro Tag angeln), ebenso jedes Gebäudeupgrade. Das Sammeln von Beziehungspunkten, das Erledigen von Companion Quests und das Aufleveln des Beziehungslevels ist ebenfalls sehr spielzeitaufwändig.

Gerade bei den Story Quests muss man aufpassen, diese möglichst bald innerhalb des Kapitels abzuschließen. Kommt man mit 2 Resttagen zurück nach Ascalia und soll dann nochmal irgendwo auf der Weltkarte hin, ist das schlicht nicht mehr machbar, Aufschub gibt es dafür dann keinen.

In der Praxis wird man nicht umhinkommen, die meisten Dungeons zu erkunden, die meisten Gebäude aufzuwerten und zumindest einige der Beziehungen auf das Maximallevel zu hieven. Mechaniken wie die diplomatische Korrespondenz mit anderen Reichen, das Angeln und das Crafting kann man theoretisch zwar ignorieren, hier kann man aber auch mit wenig Tagesaufwand ein paar Kingdom Quests abgreifen, um ein Kapitel doch erfolgreich abzuschließen oder ein paar verbleibende Kapiteltage zum Pufferaufbau zu nutzen.

Insgesamt ist keine der Spielmechaniken übermäßig dominant, sodass sich die Unterschiede im Spielfluss gut auf die doch recht ordentliche Spielzeit verteilen und für Abwechslung sorgen. Manchmal hätte mir das Spiel den einen oder anderen überflüssigen Mausklick ersparen dürfen, und über mehr vertonte Dialoge hätte ich mich sehr gefreut. Die Kämpfe laufen meist sehr ähnlich ab, rein dafür würde sich der Titel trotz der Bezeichung „tactical RPG“ nicht lohnen. Als Teil des Ganzen funktionieren sie aber.

Schlussendlich bin ich sehr glücklich mit meinem Wichtelgeschenk und würde dem Spiel eine hohe 70er-Wertung geben. Ich hatte viel Spaß damit und kann es eigentlich jedem empfehlen, der nicht eine kategorische Klamauk-Allergie hat. Vielen Dank nochmal an Wichtel Elan Weigel! :clap:


PS: Wofür ich die anfangs erwähnte Steuerung konfiguriert habe, weiß ich leider immer noch nicht.
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EchnaTron
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Wertschätzung zu Needy Streamer Overdose

Beitrag von EchnaTron »

Jaaaa, ganz ehrlich, sowas hab ich bisher auch noch nie gespielt und wahrscheinlich geht es den allermeisten hier ebenso. Die meisten würden wahrscheinlich nur den Titel und möglicherweise das Steamtitelbild sehen und gleich weglaufen und ehrlich gesagt wäre es mir wohl auch so gegangen. Aber der liebe, gute Voigt war so nett, es mir zusammen mit Rakuen (dessen Wertschätzung noch etwas auf sich warten lassen wird, einfach aufgrund der längeren Spielzeit) zu wichteln und somit sagt sich natürlich der Abenteurer in mir: "Auf zu neuen Ufern!"

Zunächst mal kann man sagen, dass Needy Streamer Overdose so ziemlich vieles von dem hat, vor dem ich weg gelaufen wäre, hätte ich es nicht geschenkt bekommen: Es ist grell, es ist vollkommen abgedreht und übertrieben geschrieben und die Musik ist mehr als nervig und dazu noch ordentlich laut und aufdringlich. ABER ich will nicht verhehlen, dass mich die eine Runde, die ich bisher gespielt habe (in der ich aber meiner Einschätzung nach schon genug vom Spiel verstanden habe, um eine Wertschätzung abgeben zu können) schon irgendwie fesseln konnte. Das liegt allerdings rein an der Spielmechanik.

Im Grunde ist das hier ein Managementspiel, in dem man die Bedürfnisse und Werte seiner Figur in einem bestimmten Rahmen halten muss, wobei man gleichzeitig schauen muss, gewisse Ziele zu erreichen. Steigt einer der drei essentiellen Werte zu hoch, führt das zu dem einen oder anderen Game Over.
Worum geht's denn eigentlich? Man selbst spielt den Freund und quasi-Manager einer extrem von einem abhängigen jungen Dame, die unbedingt Streamerin werden will, um ihre narzistischen Bedürfnisse nach Aufmerksamkeit zu befriedigen. Das ist keine Interpretation meinerseits sondern das sagt sie quasi genauso. Ihr Ziel ist es, dass Leute sie umschwärmen und da Streamer von vielen umschwärmt werden, will sie genau das machen. Und ich soll ihr dabei helfen, möglichst viele Follower zu generieren. Wie? Nun, so:

Eine Runde im Spiel entspricht einem Tag, wobei dieser wiederum in drei Phasen, nämlich Sonnenaufgang, Sonnenuntergang und Nacht eingeteilt ist. Nur in der Nacht kann man streamen und nur wenn gestreamt wird, können Follower gewonnen werden. Naja, fast nur, es gibt auch Nebentätigkeiten, die man während des Tages ausführen kann, die Follower bringen, aber nur der Stream bringt das Holz vor die Hütte.

Die Nebentätigkeiten (Social Media pflegen, Animestreams gucken, Spiele spielen, Sex haben, etc.) sind hauptsächlich dafür da um die Werte der Streamerin wieder etwas ins Lot zu bringen und andererseits dafür, um ihr neue Ideen für ihre Streams zu geben. Diese Werte sind Stress, Affection und Mental Darkness (jap, auch sowas gibts hier tatsächlich). Diese Werte sollten möglichst niedrig gehalten werden, durch die Streams steigen sie aber unterschiedlich hoch an, je nach Thema. Spricht Kangel (so nennt sich unser zukünftiger Internet-Star) beispielsweise über ihre dunkle Vergangenheit, so hebt das den Stress- und Mental-Darkness-Level, das Thema kann aber viele Follower bringen. Außerdem steigen andere, eher hintergründige Werte wie Communication oder auch einfach nur die Erfahrung. Es gilt also stets abzuwägen, was gerade wichtiger erscheint und die verschiedenen Zahlenwerte gegeneinander auszubalancieren.

Nun habe ich ja schon gesagt, dass das Spiel viel von dem hat, was einen sich als ernsthaft begreifenden Spieler wie mich gleich verschreckt, man muss aber sagen, dass all das auch mit einer gehörigen Portion Ironie daherkommt. Die Texte, vor allem die, die Kangel in ihren Chatverläufen mit uns so von sich gibt, sind absichtlich völlig überhöht und triefen von Kodependenz. Und ja, ab und an kann das auch mal ganz witzig sein oder gar mal das Lachen im Halse stecken lässt, wenn sie völlig trocken sagt, dass sie sich sicher umbringen würde, wenn ihre Zuschauer ihr sagen würden, dass sie langweiligen Content produziert. Denn dieser Figur glaubt man das durchaus.

Während des Streams hat man nicht allzu viel zu tun. Man ist letztlich eine Art Mod. Heißt: Man löscht negative Kommentare im Chat und wählt pro Stream zwei aus, die Kangel dann am Ende vorliest. Die sollten dementsprechend positiv sein. Man erhält aber nur eine gewisse, sehr begrenzte Auswahl an Kommentaren, die man dafür überhaupt auswählen kann. Die werden dann entsprechend farbig markiert.

Wenn man nun oben auf die Werte geschaut hat, fragt man sich sicher, warum der Wert "Affection", also "Zuneigung" zu einem Game Over führen kann. Tja, so dachte ich auch, was mich dann genau zu einem solchen Failstate gebracht hat. Ich dachte "Naja, den Wert sollte ich wohl ordentlich hoch halten, ist ja was positives und wenn der zu niedrig fällt, läuft sie mir vielleicht weg und das Spiel ist aus." Und so trieb ich den Wert auf 100 (das geht durch Sex ziemlich leicht, wer hätte es gedacht?) und dann passierte quasi das, was der Titel des Spiels schon prophezeit: Es kam zu einem Liebesoverload und Kangel konnte mit dieser Überladung an Zuneigung zu mir nicht umgehen und...verlor den Verstand?...so schien es zumindest. Auf jeden Fall war das Spiel vorbei. Total bescheuert, aber unerwartet und daher ein Pluspunkt.

Tja, was soll ich sagen? Ich hoffe, man hat einen Eindruck davon bekommen, was das hier ist. Es ist definitiv spaßiger als man zunächst glauben mag, was sicher vor allem an der simplen Spielmechanik liegt, die einen in die typische Zahlen-in-die-Höhe-treib-Spirale bringt, die immer fesselnd ist. Der einzige wirklich negative Punkt, den ich bei einem solchen Spiel anbringen kann, ist die Musik, denn die ist wirklich aufdringlich und wird mit fortschreitender Dauer des Spiels auch immer schneller, was nicht gerade positiv beiträgt. Würde ich dieses Spiel nun empfehlen und würde ich sagen, dass es die 13,29 €, die es regulär kostet, wert ist? Hm, also ich würde sagen das ist eher was für die Fuck-it-Grenze. Fällt es darunter, kann man sich das mal aus Spaß geben, ich glaube aber, dass die meisten nicht mehr als vielleicht 2 Stunden damit Spaß haben werden. Vielleicht will man einige der Enden sehen, aber für Langzeitmotivation ist das natürlich auch nicht gemacht.

Dennoch danke an Voigt, die zweite Wertschätzung wird wie gesagt etwas verspätet kommen, weil ich ja auch etwas später noch eingestiegen bin, dafür aber auch nochmal dankeschön!
Metalmonni
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von Metalmonni »

Wertschätzung zu Pathologic 2

Pathologic 2 ist ein Survival-Adventure mit Horrorelementen, welche vor allem durch die düstere Atmosphäre entstehen. Das Spiel stammt aus dem Jahr 2019 vom Entwickler Ice-Pick Lodge und wurde größtenteils per Crowdfunding finanziert. Das Spiel ist nur in Englischer oder Russischer Sprache verfügbar. Gespendet wurde mir das Spiel von der wunderbaren User.In "Die Tomate".


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Pathologic 2… Wo soll ich bloß anfangen. Dieses Spiel ist nicht einfach zu beschreiben oder gar zu bewerten. Nach anderthalb Durchläufen durch diese Welt und knapp 36 Stunden Spielzeit traue ich es mir aber zumindest zu, einen kleinen Einblick für Außenstehende in dieses faszinierend-bizarre Stück Kunst zu geben. Denn es ist Kunst – oder nicht?

Die Geschichte einer Katastrophe

Protagonist des Spieles ist Artemy Burakh, ein Chirurg der nach langen Jahren des Medizinstudiums auf Bitten seines Vaters, dem einzigen Arzt vor Ort, in sein namenloses Heimatstädtchen zurückkehrt. Dies findet zeitlich unbestimmt, aber vermutlich irgendwann zwischen 1915 und 1922 statt, in einer Zeit des Krieges und der unsicheren Versorgungslage, in der sich ein jeder Sorgen um die Zukunft und sein tägliches Überleben machen muss.
Die Stadt, isoliert und weit draußen irgendwo in der russischen Steppe, ist der Hauptschauplatz von Pathologic 2 und nach dem (ziemlich verwirrenden) Intro zu jeder Zeit frei begehbar. Nach der Ankunft mit dem Zug, der die einzige Verbindungsader zur Außenwelt darstellt, und einer sehr unangenehmen Begrüßung kann Artemy nun also entscheiden. Eilt er sofort zu seinem Vater? Besucht er zunächst seine alten Freunde? Oder unternimmt er erst einmal einen Bummel durch die Straßen der Stadt?


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Viele Begegnungen und Aufträge werden per Marker auf der Karte angezeigt - aber nicht alle!


Und hier betritt bereits ganz zu Beginn der erste Antagonist die Bühne: Die Zeit. Denn die Uhr tickt immer. Was Artemy nicht tut oder nicht sieht bevor der Tag endet ist für immer verpasst und kann nicht nachgeholt werden. Dies zieht teils erhebliche Konsequenzen im späteren Spielverlauf nach sich. Zumeist werden wichtige Interaktionen oder Events auf der Spielkarte markiert – aber nicht immer! Um alles mitzubekommen ist Aufmerksamkeit erforderlich, das Absuchen der kleinen Seitengassen, das Stromern durch die Nachbarschaft. Und die ganze Zeit tickt unbarmherzig die Uhr. Und als ob dies nicht schlimm und stressig genug wäre, werden die Tage im Verlaufe des Spieles immer kürzer. Dauert Tag 1 noch generöse 100 Minuten „echte“ Zeit, sind es an Tag 11 nur noch 60. Und dies bei stets wachsender Arbeitsbelastung.

Antagonist Nummer 2 ist Artemys eigener Körper. Hunger, Durst, Ausdauer, Müdigkeit und Immunität wollen gut im Auge behalten werden. Es hilft zwar, dass Artemy nicht sonderlich viel Schlaf braucht (5 Stunden am Tag reichen ihm völlig, aber woher selbst die nehmen?), jedoch ist sein Hunger beinahe unersättlich. Es müssen schon zwei bis drei herzhafte Mahlzeiten sein am Tag, will er nicht langsam dahinsiechen. Essen muss dabei teuer von den Händlern der Stadt gekauft werden… Und das auch nur, solange diese noch Bargeld annehmen. Wasser indes erhält Artemy zum Trinken und zum Brauen von Tinkturen an überall vorhandenen Brunnen und Wasserfässern. Zumindest solange diese alle noch funktionieren und regelmäßig mit klarem, unverdorbenem Wasser aufgefüllt werden…


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Wie es sich für Survival gehört, müssen Körperwerte und Inventar verwaltet werden.


Als dann nach wenigen Tagen der Eingewöhnung Antagonist Nummer 3 die Bühne betritt, die sogenannte „Sandpest“, welche nach und nach die Bezirke der Stadt infiziert, wichtige NPC’s und alte Freunde Artemys beinahe unvermeidlich erkranken und massenweise dahinzusiechen beginnen, sind wir damit beschäftigt, von Haus zu Haus, von Viertel zu Viertel zu sprinten, Befallene zu versorgen, Symptome zu lindern, Plünderern auszuweichen und ganz Nebenbei auch eine Heilung zu finden. Spätestens hier erreicht der Stress seinen vorläufigen Höhepunkt, wie es aber wohl auch für einen der wenigen Ärzte inmitten einer Epidemie zu erwarten wäre. Zwischen täglichen Schichten im provisorischen Krankenhaus, dem Sammeln von Kräutern und dem Besuch wichtiger Patienten möchte Artemy natürlich regelmäßig auch seine drei warmen Mahlzeiten zu sich nehmen. Also begeben wir uns in infizierte und entvölkerte Distrikte um unsererseits leere Häuser nach den letzten Wertgegenständen abzusuchen, die man vielleicht noch auf dem Schwarzmarkt verhökern kann.

Die Handlung entspinnt sich dabei anhand des Fortschreitens der Seuche. Eingebettet in eine von der Spielwelt weitestgehend entkoppelte, kryptische (man mag beinahe sagen prätentiöse) Theatermetapher, versucht Artemy sich zwischen moderner Medizin, althergebrachten Steppentraditionen und ein wenig geheimnisvoller Blutmagie zu bewegen und mittels einer oder mehrerer dieser Ansatzpunkte eine Lösung für das Problem zu finden. Dabei muss er die Bedürfnisse zweier Fraktionen in der Spielwelt, den Stadtbewohnern und dem Volk der Steppe (im Spiel „Kin“) abwägen und zuweilen für oder gegen die Interessen einer Gruppe entscheiden. Dass Artemy von den Kin abstammt, aber ein Studium in moderner Wissenschaft hinter sich und die meisten alten Traditionen vergessen hat hilft dabei nicht gerade.

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Wie Vieles im Spiel ist nicht ganz klar, was unsere Gesprächpartnerin uns eigentlich sagen will. Vermutlich weiß sie es selbst nicht genau.

Ein Großteil der Handlung wird durch Gespräche mit Bewohnern und NPC’s transportiert. In hunderten Dialogen und endlosen Zeilen Text (ohne Sprachausgabe) wird zumeist viel geredet, aber nur wenig gesagt. Die Bewohner sprechen gern in Rätseln oder machen vage Andeutungen. Die Art in der die eigentlich spannende Geschichte über die Spannungen zwischen zwei unterschiedlichen Kulturen und Lebensphilosophien erzählt wird, in der auch moderne Probleme wie die Ausbeutung ganzer Volksgruppen in der modernen Industrie aufgegriffen wird, gehört leider nicht zu den Stärken des Spieles.


Oh, diese Spielwelt...

Das Herzstück des Spieles ist in jedem Fall die Stadt selbst. Von den Prachtbauten am Bridge Square, über die anständigen Wohnhäuser im Backbone bis hin zu den dicht stehenden Arbeiterhäusern in den Skinners wird die Steppensiedlung mehr und mehr zum eigenen Zuhause. Allerdings beherbergt die Stadt auch einige absolut bizarre, kaum nachvollziehbare Architektur, die so gar nicht in die realistisch anmutende Stadtumgebung passen will.


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Gebäude wie diese lassen immer wieder Zweifel daran aufkommen, wie realistisch die Stadt eigentlich sein soll


Nicht allzu groß an sich (Ein Durchqueren dauert vielleicht 5 – 10 Minuten) ist die verwirrende Architektur der Straßen das größte Hindernis, das sich einer effizienten Bewegung in der Stadt entgegenstellt. Teilweise sind große Umwege erforderlich, um auch nur das Nachbarhaus zu erreichen, was mit der stets tickenden Uhr eine gute Vorausplanung der täglichen Routen erforderlich macht. Ständiges Checken der Karte auf dem Weg zum nächsten Notfall ist obligatorisch, das regelmäßige vollständige Queren der Karte in jedem Fall zu vermeiden.

Auf den Straßen der Stadt treffen wir die Bewohner, Männer, Frauen, Kinder die hier zuhause sind. Diese tragen sehr zur düsteren und sterilen Atmosphäre des Ortes bei, die Erwachsenen stellen zumeist alle Tätigkeiten ein, wenn Artemy in ihre Nähe kommt um ihn zu beobachten, die Kinder nutzen die Spielplätze in absoluter Stille… Und doch sind die Bewohner wichtige Helfer, da Artemy mit vielen von ihnen sprechen und mit jedem ein Tauschgeschäft aushandeln kann. Die fehlende Sicherheitsnadel, um den auseinanderfallenden Mantel zu flicken? Vielleicht hat die Hausfrau da vorne eine, die sie allzu gern gegen ein Stück Seife tauschen würde. Gehen die Immunitätstabletten aus? Meistens hat ein Kind welche, für ein paar Haselnüsse sicher kein Problem. Die Bewohner sind gerne mit Hilfe zur Stelle, zumindest wenn Artemy in ihrem Viertel gern gesehen ist. Hat er es sich dort durch Diebstahl oder Mord allerdings verscherzt hilft ihm niemand mehr, oder man greift ihn sogar auf offener Straße an.

Die Stadt zu bereisen macht Spaß. Jedes einzelne Gebäude kann betreten (wenn die Bewohner Artemy einlassen), jeder Container geplündert und jede verschlossene Tür per Dietrich geöffnet werden. Wenn die Pest durch die Distrikte zieht verändern sich diese deutlich, die Stimmung verschlechtert sich, die Menschen verschwinden von den Straßen, Plünderer treiben ihr Unwesen, Scheiterhaufen werden errichtet, Brunnen fallen aus. Im Laufe des Spieles geht die Stadt immer mehr zugrunde und die Menschen verzweifeln zusehends. Wenn schließlich regelrechte Straßenschlachten ausbrechen, in denen die (hölzern animierten) Ordnungshüter versuchen verzweifelte Infizierte an den überall aufgebauten Straßensperren aufzuhalten ist das Seuchensetting absolut faszinierend.


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Wie sich die Orte in der Spielwelt im Laufe der Zeit verändern gehört zu den absoluten Highlights des Spieles


Besondere NPC’s (mit Namen) erhalten durch ihre Stellung im Spiel mehr ein Gesicht und bringen eigene Quests und Aufgaben mit sich, die zumeist mit Ressourcen oder Konsequenzen im Spielverlauf belohnt bzw. bestraft werden. Schade hierbei: Lieb gewonnen Charaktere zu Beginn des Spieles, wie in meinem Falle Notkin oder Lara fallen später beinahe heraus, weil sie nach ihren anfänglichen Dialogen und Beschäftigungen für den Rest des Spieles beinahe still bleiben und keine Interaktion mehr bieten. Sie können (wie jeder NPC) erkranken und bei mangelnder Pflege auch sterben, aber weitere Interaktion oder Gespräche sind leider nur noch selten möglich.


Was mache ich hier nur

Nicht so faszinierend ist leider das eigentliche Gameplay. Stets getrieben von Hunger, Durst und Zeitdruck hetzt Artemy durch die Stadt von Questmarker zu Questmarker, einem hoffentlich mehr oder weniger gut geplanten Tagesablauf folgend. Morgens in der Steppe Kräuter sammeln und Tinkturen brauen, mittags die Patienten in der Unterstadt und Mittelstadt. Abends dann die Schicht im Krankenhaus und die Oberstadt und nachts dann unbedingt ins Theater… Und wo bekomme ich heute mein Essen her?


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Am Morgen in der Steppe Kräuter sammeln ist Routine.


Der Stress ist so gewollt und soll den Spieler vor verzweifelte Situationen und unmögliche Entscheidungen stellen und das würde auch funktionieren, wären manche Mechaniken des Spieles nicht so unfassbar frustrierend.
Ein freies Speichern existiert nicht, sodass wir den Fortschritt nur in den Häusern wichtiger NPC’s oder unserer eigenen Basis sichern können. So schleichen wir nun in Artemys außerordentlich begrenzter Bewegungsgeschwindigkeit durch die Welt und beten dauerhaft, dass wir nicht von Plünderern überrascht werden. Denn diese greifen uns mit Fäusten und Messern an.


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Ein unübersichtliches Netzdiagramm zeigt noch offene und bereits getroffene Entscheidungen und Storyabzweigungen


Und der Kampf… Ja, der Kampf… Ein schwammiges, kaum nachvollziehbares Herumstolpern, das gegen mehr als einen Gegner gleichzeitig beinahe unmöglich zu gewinnen ist. Schleichendes Voranschreiten und regelmäßige Flucht erscheinen erstrebenswerter, da sich die eigenen Waffen auch viel zu schnell abnutzen. Nach spätestens zwei oder drei getöteten Widersachern ist die Klinge stumpf und muss mit seltenen Rohstoffen neu geschliffen werden. Nach spätestens einer vollständig abgefeuerten Trommel ist der Revolver durch und muss geflickt werden, will man nicht permanente Ladehemmungen riskieren. Wenn Artemy einer Gruppe aus drei oder vier Widersachern ungünstig in die Arme läuft, ist neu Laden angesagt. Denn stirbt er… Dann kommt Strafe. Jeder Tod verkürzt die eigene Lebensleiste. Dauerhaft. Unheilbar. Auch dann, wenn man den Speicherstand vor dem eigenen Tode neu lädt. Das zusammen mit dem furchtbaren Kampfsystem ist – mit Verlaub – eine Zumutung. Spätestens in einem bestimmten Spielabschnitt, in dem Kampf für kurze Zeit explizit und unumgehbar eingefordert wird.


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Ausrüstungsgegenstände verschleißen unglaublich schnell. Und die Reparatur wird immer teurer.


Auch die Pest selbst ist ein Gegner. In verseuchten Distrikten knabbert alleine das Atmen der Luft an Artemys Immunitätsleiste, wogegen er eine Gesichtsmaske tragen sollte (die natürlich ebenfalls dem allgegenwärtigen Verschleiß unterliegt). Will er kontaminierte Objekte berühren sollte er in jedem Fall Handschuhe tragen, ein dicker Mantel und festes Schuhwerk sind ohnehin ein Muss. Echte Infektion ist in jedem Fall zu vermeiden, da sie unheilbar ist und Artemy seine kostbaren Antibiotika dann für sich selbst aufbrauchen muss, nur um es lebendig über den Tag zu schaffen. Wir wissen ja schon - Sterben zieht Strafe nach sich.


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Seuchenträger sind wirklich gefährlich, wenn sie einem zu nahe kommen. Bekämpfen sollte man sie allerdings nicht.


Die Pest tritt auch durch verzweifelte Infizierte und herumfliegende Seuchenwolken in Erscheinung. Diese sind atmosphärisch und dramaturgisch super – die Infizierten betteln um Hilfe und verbreiten dabei doch nur weiter die Krankheit, während die Seuchenwolke die „zufällige“, die „plötzliche“ Infektion darstellen, die jeden, jederzeit und überall ereilen kann. Aber spätestens, wenn auffällt, dass man die Seuchenträger nicht töten sollte (es sind noch immer Bürger), da die eigene Reputation darunter massiv leidet und dass Seuchenwolken durch Wände fliegen oder gerne auch einmal unvermeidbar mitten „um Artemy herum“ entstehen können und man somit unvermeidlichen Schaden bzw. Infektionsfortschritt frisst und den eigenen Mundschutz vollkommen zersetzt wird ist es vorbei mit der Freude. Dann ist das alles nur noch nervig und Neu Laden angezeigt.

Das Brauen und verabreichen von Tränken und Antibiotika ist dem gegenüber nett gemacht. In winzigen, nicht nervigen Minispielen finden wir die korrekte Behandlung heraus und verabreichen entsprechende Arznei. Man fühlt sich dabei kompetent und macht bei unzureichender Vorbereitung auch schon einmal Fehler aufgrund des Zeitdruckes den die Gesamtsituation erzeugt.


Schaurig schön

Die grafische Darstellung ist natürlich nicht wirklich zeitgemäß, die (wenigen) Animationen extrem hölzern. Viel Mühe floss in die Gesichter der Spielfiguren, die in den vielen Gesprächen groß gezeigt werden, aber leider weder passende Mimik oder Sprachausgabe besitzen. Die Stadt selbst ist fast immer in einen Nebel getaucht, der an die frühen 3d Spiele auf dem N64 erinnert (Hallo Turok!) und wohl die beklemmende Atmosphäre durch fehlende Weitsicht unterstreichen soll.


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Die leeren Straßen einer Stadt unter Quarantäne


Dennoch ist die Darstellung wirklich stimmungsvoll und trägt die Atmosphäre meisterlich an den Spieler heran. Gerade die architektonische Gestaltung der Stadt, die weiten Steppen außerhalb und die Veränderung der Welt im Laufe der Handlung lassen einen doch manchmal Staunen, was die Entwickler aus ihrem Kickstarter Budget gemacht haben. Zumindest wenn man es schafft, sich trotz ihrer erkennbaren Schwächen wirklich in diese Welt fallen zu lassen.


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Der Unterschlupf der Spielfigur (das "Lair") ist ein gutes Beispiel für die teils erdrückend oppressiv wirkende Architektur des Spieles


Die Klangkulisse unterstreicht die trostlose und verzweifelte Stimmung vor allem durch ihre Abwesenheit. Musik gibt es beinahe keine, dröhnende Stille und verzweifelte Schreie oder herzergreifendes Flehen begleiten uns durch die Spielwelt. Die Stadt, vor allem bei Nacht, klingt bedrohlich und feindselig. Musik ertönt nur an den wenigen, sicheren Orten im Spiel, wie zum Beispiel in der eigenen Basis.

Der Schwierigkeitsgrad

Pathologic 2 ist ein schweres Spiel. Die Entwickler wollten ausdrücklich ein Erlebnis erschaffen, das beinahe unerträglich durchzuhalten ist um die Verzweiflung der Situation in der sich die Spielfigur befindet erfahrbar zu machen. Erst nach vielen Diskussionen mit der Spielerschaft wurde die Möglichkeit nachgeliefert, den Schwierigkeitsgrad zu verändern und die Parameter des Spieles anzupassen, um auch weniger leidensfähigen Menschen den Einstieg ins Spiel zu ermöglichen.


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Die Entwickler wollen wirklich nicht, dass ihr den Schwierigkeitsgrad ändert.


Voreingestellt ist stets der höchste Schwierigkeitsgrad, will man dies ändern muss man dies in einer Nachricht der Entwickler, in der sie die Intentionen hinter der hohen Schwierigkeit erneut erklären nochmals bestätigen. Und die Schwierigkeit ist hoch. Artemy ist immer hungrig, Nahrung ist selten und teuer. Ständig leidet er Durst, was zum Problem wird, wenn die Brunnen in der Spielwelt ausfallen. Waffen und Geräte zerbrechen nach wenigen Nutzungen und können nur repariert werden, wenn der nächste Bewohner rein zufällig das passende Item zum Tauschen dabeihat. Konsequenzen die sich daraus ergeben, wie zum Beispiel Tod durch Plünderer oder Infektion, weil die Gesichtsmaske mal wieder durch ist ziehen permanente, nicht heilbare Strafen nach sich.

Es wirkt teilweise willkürlich, unfair und einfach nicht gerecht. Einen meiner Durchläufe musste ich abbrechen, weil ich mich aufgrund von Geldmangel und dauerhaftem Hunger nicht mehr dazu in der Lage sah in irgendeiner Form weiter zu spielen. Insofern haben die Entwickler ihr Ziel erreicht, Pathologic 2 ist auf dem gewollten Schwierigkeitsgrad beinahe unerträglich und kann einen in die Verzweiflung treiben. Ob das gut ist oder nicht, ob es zur Atmosphäre beiträgt oder diese behindert muss jeder für sich selbst entscheiden. Für diejenigen, die diese Frage verneinen gibt es den Schwierigkeitsregler.


Fazit

Ich mochte Pathologic 2. Die Atmosphäre der Stadt hat es geschafft, mich in ihren Bann zu ziehen sodass ich jeden Morgen gern aufs Neue losgezogen bin im Versuch, den wenigen Menschen, die mich wirklich interessiert haben, das Leben zu retten und mich dabei dem manchmal unfairen Gameplay zu stellen. Die verworrene Geschichte hätte für meinen Geschmack besser erzählt, auf die Theatermetapher vollkommen verzichtet werden können, dennoch habe ich die Erzählung bis zum Ende mit Spannung verfolgt. Einige Konsequenzen meiner Entscheidungen haben mich geradezu erstaunt, manchmal ist mir gar ein überraschtes „Ha!“ entwichen.


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Einige wenige Figuren haben es in mein Herz geschafft. Es ist sehr schade, dass die meisten davon nur kurze Auftritte haben.


Dennoch tue ich mich mit einer Empfehlung schwer… Man muss es schon mögen, sich trotz eines extremen Schwierigkeitsgrades und dem Gameplay, das sich teilweise wirklich hart an der Grenze zum Erträglichen bewegt in diese Welt fallen zu lassen. Wer aber auf der Suche nach einem anspruchsvollen Seuchensimulator mit einer Atmosphäre zum Schneiden ist, könnte mit diesem Kleinod tatsächlich seine neue, wahre Liebe finden.

Ist das Spiel nun also Kunst? Meiner Meinung ist es das tatsächlich. Nicht wegen der bizarren Ästhetik oder der übergestülpten Metapher des Theaterstückes (die tatsächlich kaum einen Zweck erfüllt), sondern vielmehr wegen der Anforderungen die es an den Spieler stellt. Dass es sich fast gar nicht um moderne Gameplaykonventionen schert und dem Spieler ganz bewusst ein beinahe unerträgliches Erlebnis aufbürdet - selbst zulasten seines eigenen potentiellen Kundenstammes - das ist wie ich finde Kunst.

Keinen Deut geben auf die gängige Konvention - für die eigene Vision. Dieser Gedanke verdient Respekt.
Zuletzt geändert von Metalmonni am 7. Jan 2023, 05:59, insgesamt 27-mal geändert.
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von Melchiah »

Tengri Lethos hat geschrieben: 2. Jan 2023, 14:25
Ich hatte das Spiel nie auf dem Schirm und bin sehr glücklich mit meinem Wichtelgeschenk. Besonders die gut bemessene Spielzeit hat für mich genau jetzt gepasst…und es hat mich etwas aus der Komfortzone herausgeholt. Deshalb, lieber Melchiah: Vielen Dank ich kann jetzt verstehen, was Du an dem Spiel berührend fandest. Und für alle, denen Walking Simulatoren zu wenig Gameplay ist, Portal aber zu anstrengend: Das könnte was für euch sein.
zu: A Story About My Uncle

Vielen Dank für deine schöne Wertschätzung :)
Schön, dass die Geschichte und die Visuals dir gefallen haben, das sind für mich auch die wichtigsten Pfeiler.

Meine Interpretation:
SpoilerShow
Für mich ist es eine Geschichte vom Tod des Onkels, den der Vater vermutlich als Kind verloren hat.
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von DieTomate »

Metalmonni hat geschrieben: 6. Jan 2023, 14:24 Ich mochte Pathologic 2.
Ich hatte echt Angst, damit was falsches zu schenken. Aber meine lange Liste von potentiellen Geschenken wurde nach ein paar PNs plötzlich ganz klein, und dieses Spiel schien tatsächlich am besten zu passen. Bei den geringsten Gegenanzeigen hätte ich es sofort gestrichen. Freut mich, dass du am Ende positiv rausgekommen bist. Und Respekt, dass du dieses Spiel gewählt hast, statt die leichtere Alternative zu nehmen, welche ich noch dazugepackt hatte (kannst du natürlich auch noch nachholen, irgendwann mal, denn das ist mMn auch ein "hidden gem", das hier fast nie erwähnt wird :shhh: ).

Unsere Eindrücke stimmen eigentlich größtenteils überein, bis auf eine Sache: Ich mag die Survival Mechaniken. Das tägliche Planen, das Ressourcenmanagement, das Experimentieren mit Tinkturen (was sich sehr lohnen kann). Mein Min-Max-Hirn mag sowas. Die Kämpfe sind natürlich extra so gemacht, dass man die Orientierung schnell verliert, besonders wenn man sich mit mehr als einer Person anlegt. Und ja, die Kämpfe, zu denen man gegen Ende fast gezwungen wird, stechen hart hervor und passen nicht so recht zum Rest des Spiels.

Danke nochmal für die sehr ausführliche Wertschätzung!
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Tengri Lethos
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von Tengri Lethos »

Melchiah hat geschrieben: 6. Jan 2023, 18:48
Tengri Lethos hat geschrieben: 2. Jan 2023, 14:25
Ich hatte das Spiel nie auf dem Schirm und bin sehr glücklich mit meinem Wichtelgeschenk. Besonders die gut bemessene Spielzeit hat für mich genau jetzt gepasst…und es hat mich etwas aus der Komfortzone herausgeholt. Deshalb, lieber Melchiah: Vielen Dank ich kann jetzt verstehen, was Du an dem Spiel berührend fandest. Und für alle, denen Walking Simulatoren zu wenig Gameplay ist, Portal aber zu anstrengend: Das könnte was für euch sein.
zu: A Story About My Uncle

Vielen Dank für deine schöne Wertschätzung :)
Schön, dass die Geschichte und die Visuals dir gefallen haben, das sind für mich auch die wichtigsten Pfeiler.

Meine Interpretation:
SpoilerShow
Für mich ist es eine Geschichte vom Tod des Onkels, den der Vater vermutlich als Kind verloren hat.
Dachte ich auch, für mich spricht aber dagegen,
SpoilerShow
dass man am Ende nach dem Abspann wieder in das Haus zurückkehrt und aus dem gesagten und gezeigtem für mich folgt, dass die Geschichte wie erzählt/gespielt stattgefunden hat. Ich glaube sonst nicht, dass der erwachsene Vater so in das Haus zurückkehren würde. Aber ohne den Epilog wäre ich auch bei Dir.
Nachtrag vom 07.01.2023: Muss mich korrigieren: Nach dem Lesen einer sehr schönen Erklärung bei Steam bin ich jetzt auch bei deiner Interpretation. Ich hab einige Hinweise übersehen / überhört, so macht es aber total Sinn.
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Gonas
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von Gonas »

Anders als letztes Jahr habe ich dieses wirklich eine ganze Menge gespielt, aber wenig das ganz klar als GOTY nominiert werden kann/sollte. Mal sehen, wird bis Ende nächsten Monat sicher noch das ein oder andere Spiel dazukommen, dass meine Top5 durcheinanderwirbeln könnte.
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von Mauswanderer »

Gonas hat geschrieben: 7. Jan 2023, 14:10 Anders als letztes Jahr habe ich dieses wirklich eine ganze Menge gespielt, aber wenig das ganz klar als GOTY nominiert werden kann/sollte. Mal sehen, wird bis Ende nächsten Monat sicher noch das ein oder andere Spiel dazukommen, dass meine Top5 durcheinanderwirbeln könnte.
Beim Thread verklickt? :D
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Gonas
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von Gonas »

Mauswanderer hat geschrieben: 7. Jan 2023, 14:48
Gonas hat geschrieben: 7. Jan 2023, 14:10 Anders als letztes Jahr habe ich dieses wirklich eine ganze Menge gespielt, aber wenig das ganz klar als GOTY nominiert werden kann/sollte. Mal sehen, wird bis Ende nächsten Monat sicher noch das ein oder andere Spiel dazukommen, dass meine Top5 durcheinanderwirbeln könnte.
Beim Thread verklickt? :D
Äääääh, ja, danke. :lol:
Rodario
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von Rodario »

Dann will ich mich auch einmal an meiner Wichtelwertschätzung versuchen. Erstmal möchte ich mich bei Dash für Tails of Iron bedanken. Außerdem möchte ich anmerken das ich das Spiel noch nicht durchgespielt habe da der Schwierigkeitsgrad nicht gerade ohne ist.

Tails of Iron ist ein Actionspiel mit Metroidvania Anleihen in dem man als Königssohn des Rattenkönigreichs gegen die Kröten kämpft die das Königreich überfallen haben und den König getötet haben.

Fangen wir Mal mit dem an was einem als erstes ins Auge fällt, die Grafik. Die Grafik wirkt wie eine Mischung aus Pentiment und modernen Comics. Alles wirkt sehr stimmungsvoll. Und passt gut zur Stimmung.

Zur Stimmung gehört natürlich auch der Sound. Der Soundtrack an sich ist stimmungsvoll und passend aber auch nichts besonderes. Schon eher fallen da die Dialoge und der Sprecher auf. Die Gespräche zwischen den Ratten. Laufen mit witzigen Piepsgeräuschen und passenden Pictogrammen ab. Dazu wird das Wichtigste von einem Sprecher vertont der auch Geralt in den Witcher Spielen gesprochen hat und sehr Stimmungsvoll und angenehm klingt.
Dann Mal weiter zum Gameplay.
Beim Gameplay gibt es ein Kampfsystem das auf das richtige Timing aus Angriff, Abwehr und ausweichen setzt.
Am Anfang hat man ein Schwert und ein Schild danach kommen noch ein Bogen und ein Zweihandschwert dazu.
Der Schwierigkeitsgrad fängt ganz OK an aber nimmt dann doch ordentlich zu.
Alles in allem muss ich sagen das ich positiv überrascht bin und dem Spiel eine 75 geben würde.
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DieTomate
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von DieTomate »

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:think:

Spiel: Rogue Legacy 2
Entwickler: Cellar Door Games
Genre: Roguelite, 2D Metroidvania
Erschienen am: 28.04.2022
Geschenkt von: Andre Peschke

Aufmerksame Hörer sollten wissen, dass Andre erst kürzlich eine Wertschätzung zu diesem Spiel aufgenommen hat und ihm außerdem im Jahresrückblick den Award für Bestes Gameplay 2022™ gegeben hat. Ich habe mir die Wertschätzung extra nicht angehört (und auch sonst nichts darüber gelesen), bis ich selbst mit dem Spiel fertig war, um mir meine Meinung möglichst frei von äußeren Einflüssen bilden zu können.
Nach 26 Stunden Spielzeit habe ich nun 2 Durchgänge hinter mir, und... Ich muss zugeben, dass ich eigentlich schon nach dem ersten Durchgang genug hatte, wollte mir aber noch das New Game Plus ansehen, bevor ich hier mein endgültiges Fazit abgeben werde. Das Spiel könnte ja im NG+ vielleicht noch etwas Neues bieten. Oder manchmal ändert sich bei einem zweiten Durchgang auch der Eindruck. In diesem Fall hat er sich jedoch nur bekräftigt.

Um das Fazit vorwegzunehmen: Ich halte Rogue Legacy 2 im Kern für ein gutes Spiel, welches nach einem positiven Ersteindruck stark von Balance Problemen geplagt wird, die mit fortschreitender Spielzeit immer mehr die Luft rausnehmen.

Worum geht es?
Die Handlung wird so wirr und nichtlinear erzählt, dass ich sie selbst nach zweimal Durchspielen immer noch nicht verstanden habe. Nicht mal eine Zusammenfassung im Internet konnte mir helfen! :lol: Das scheint ja wahnsinnig komplex zu sein. Aber es fällt mir bei der albern verspielten grafischen Darstellung auch schwer, die Geschichte überhaupt ernst zu nehmen. Dann gibt es überall noch biblische Anspielungen, was meistens ein Zeichen von Ideenmangel ist.
Aber die Geschichte steht ja nicht im Mittelpunkt des Spiels. Im Prinzip reicht auch: "One day, a man went into a castle and got murdered by a bunch of spooks. The next day, his son did the same thing."

Nach jedem Tod kann man einen von 3 zufällig generierten Charakteren auswählen, welcher die bisherigen Fortschritte, das gesammelte Gold, Upgrades, Ausrüstung, usw. erbt, und sich damit wieder erneut in die zufällig zusammengebauten Metroidvania Dungeons begibt. Diese sind in 6 Gebiete aufgeteilt, zu denen man sich linear nacheinander Zugang verschafft. Ziel ist es, in jedem Gebiet den Boss zu besiegen und natürlich auch möglichst viel Gold zu sammeln, um es anschließend in Upgrades und Ausrüstung zu stecken.

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Die Charaktere zeichnen sich durch folgende Eigenschaften aus.
Klasse: Bestimmt primär Werte wie HP und Mana.
Waffe: Wird in den allermeisten Fällen durch die Klasse vorgegeben.
Talent: Ein sekundärer Angriff mit Cooldown, meist defensiver Art. Wird ebenfalls in der Regel von der Klasse bestimmt.
Zauber: Ein zufällig gewählter Zauberspruch, der Mana verbraucht. Mana erhält man hauptsächlich durch das Treffen von Gegnern oder seltener auch von Mana Potions.
Traits: Hier tauchen zufällige Handicaps auf, welche oft auf Erbkrankheiten, psychischen Störungen, usw. basieren. Ein Beispiel ist "Panic Attacks", bei dem sich der Bildschirm für 2,5 Sekunden verdunkelt, wenn man getroffen wird. Zum Ausgleich kriegt man mehr Gold (in diesem Beispiel +50%).

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Oder mit "Colorblind" wird alles schwarzweiß (bis auf die HUD Elemente)

Es gibt eine Unmenge an unterschiedlichen Klassen, jede mit ihrer einzigartigen Waffe, die eine andere Spielweise erfordert. Der Barbar richtet größeren Schaden an, wenn er sich auf dem Boden befindet, muss dafür aber still stehen. Als Valkyrie macht man weniger Schaden, kann sich aber beim Angreifen bewegen und außerdem nach oben und unten schlagen, eine Seltenheit in diesem Spiel. Der Ronin hat mit seinem Katana eine sehr hohe Reichweite und richtet dabei extra viel Schaden an, wenn man den Gegner mit der äußersten Kante trifft. Der Boxer kann mit schnellen Schlägen eine Combo aufbauen und das Opfer anschließend mit einem Knockout Punch in andere Gegner schleudern (lässt sich in jede Richtung zielen). Dann kommen noch Fernkämpfer, Magier, und ganz andere verrückte Ideen dazu. Neue Klassen habe ich immer gerne sofort ausprobiert und damit experimentiert.

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Die 6 Gebiete spielen sich fast alle unterschiedlich. Es beginnt mit einem Schloss im klassischen Castlevania Stil. Anschließend geht es nach Axis Mundi, ein langer, linearer Pfad, in dem vor allem der Spin Kick gefordert wird. Das ist ein Schlag nach unten, mit dem man im Sprung von bestimmten Objekten und auch von manchen Projektilen abprallen kann, um an Höhe zu gewinnen. Später klettert man im Sun Tower weit nach oben, wo die Sprungeinlagen mit den vielen Hindernissen fast Celeste-sche Züge annehmen (naja, ein bisschen vielleicht).

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Sobald man neben Spin Kick den typischen Dash und Doppelsprung freigeschaltet hat, wird deren Nutzung auch ständig überall abgefragt. Wenn man einen Raum mit mehreren unterschiedlichen Gegnertypen betritt, ist manchmal schon ein hohes Maß an Akrobatik und Koordination gefragt, um hier unbeschadet wieder rauszukommen.
Und Schaden nehmen sollte man möglichst nicht, denn Gelegenheiten zum Heilen gibt es selten. Da freut man sich über jedes Stückchen Fleisch, die mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit in Kisten und anderen zerstörbaren Objekten zu finden sind (in meinem Fall waren es Milch und Kekse, denn das Spiel lief noch im Weihnachtsmodus).

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Mit Abstand am schwersten fand ich das letzte Gebiet, Pishon Dry Lake, ein riesiger, unterirdischer Höhlenkomplex. Wichtige Orte werden hier auf der unaufgedeckten Karte markiert. Den Weg zu ihnen muss man aber selber finden.
Viele Male bin ich hier gestorben, und meine Frustration mit dem Spiel erreichte hier ihr Maximum. Das lag zum Teil an einem Problem, das ich grundsätzlich mit Roguelites habe. Ich bin mir nie sicher, ob meine Metaprogression ausreicht. Ist dieser Bereich so schwer, weil mein Level zu niedrig ist? Oder ist mein Level inzwischen sogar schon zu hoch, und ich bin einfach nur schlecht? Vielleicht bin ich auch genau richtig, und es soll so sein, dass die meisten Gegner 3 bis 6 Treffer einstecken können. Schließlich gehört Sterben dazu, sonst wäre es kein Rogue sondern nur Lite.
Ich hatte hier aber ein noch größeres Problem, was gleichzeitig auch eine der Stärken von RL2 ist: Projektile.

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Es wird unterschieden zwischen großen und kleinen Projektilen. Projektile, die durch Wände gehen. Zielsuchende Projektile. Schnelle, langsame, oder von der Schwerkraft beeinflusste Projektile. Manche kann man zerschlagen. Manche können nur mit dem Spin Kick beseitigt werden. Andere müssen zwingend mit einem Dash durchkreuzt werden. Es gibt Gegner, die sich selbst wie Projektile verhalten, usw. usw. Ich will nicht weiter langweilen.
Einerseits ist das toll, weil dadurch wieder alle Fähigkeiten gleichzeitig gefordert werden, und weil sich die Gegner Prioritäten ändern, je nachdem welche Fähigkeiten man gerade mitbringt. Aber in der zweiten Hälfte des Spiels fängt es an, außer Kontrolle zu geraten. In dem o.g. Pishon Dry Lake gibt es viele Stellen, in denen man in engen Räumen einem Haufen von Gegnern und Projektilen aller Art ausweichen muss, mit wenig Platz zum Manövrieren. Gerne starten Gegner auch mal außer Sichtweite ihren Angriff (wenn man sie vorher schon aufgeweckt hat) und sorgen so für Überraschungen. Vielleicht lehne ich mich zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass es oft unmöglich ist, ohne Schaden durch dieses Chaos zu kommen, selbst wenn man die richtige Klasse spielt. Das war für mich ein reiner Überlebenskampf, in dem ich versucht habe, möglichst schnell den richtigen Ort zu finden, um meine Quest zu erledigen. Die Musik hat sich jedenfalls in mein Hirn eingebrannt.
... Oder war mein Level doch zu niedrig? Da sind sie wieder, meine Zweifel.

Es wird recht schnell klar, dass manche Klassen einfach deutlich besser durch das Spiel kommen als andere. Mobilität ist ein wichtiges Kriterium. Klassen, die zum Angreifen stehen bleiben müssen, sind schonmal ganz schlecht. Das gilt auch für Fernkämpfer, denn wie gesagt: Projektile! Absolut dämlich sind auch Klassen, die beim Angriff mit ihrer Waffe nach vorne in den Gegner hechten. Das geht nur dann gut, wenn man stark genug ist, um sie mit einem Treffer zu erledigen. Gegner verursachen nämlich Kontaktschaden.
Noch wichtiger sind jedoch Fähigkeiten, die Projektile beseitigen können. Und da ist die Valkyrie Klasse unangefochtener Sieger. Mit ihrem Deflect Talent kann sie kleine Projektile von allen Seiten absorbieren und in Mana umwandeln. Solange man damit auch nur ein Projektil trifft, ist diese Fähigkeit auch sofort wieder einsatzbereit (sonst muss man sie durch Treffen von Gegnern wieder aufladen).

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Deflect in Action

Eine nette Alternative ist noch der Duelist, der mit seiner Hechtrolle kurz unverwundbar wird und damit durch Gegner und Projektile rollen kann. Trotzdem ist dies gefährlich, weil man ja auch Platz braucht, um irgendwo sicher landen zu können. Duelist ist am besten für manche Bosskämpfe geeignet.
Die anderen Klassen fühlen sich alle minderwertig an.

Und so begann das Spiel, mich mit der Charakterauswahl zu nerven. Bei 15 Klassen ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass einer der 3 zufallsgenerierten Charaktere die gewünschte Klasse bekommt. Erst spät fand ich heraus, dass man eine Modifikation kaufen kann, mit der man wenigstens einen Charakter zu einer bestimmten Klasse zwingen kann, inklusive Zauber. Ein Segen! Aber geht diese Modifikation nicht auch ein wenig gegen die Idee des Spiels? Von da an spielte ich nämlich nur noch Valkyrie mit Freeze Strike, einem Zauber, der Gegner einfriert und auch große Projektile vernichten kann.

Hinzu kommen noch diverse Traits, die ein zusätzliches Handicap darstellen können. Mit dem "Diva" Trait z.B. kann man nur einen kleinen Radius weit sehen. Da bringt mir auch der massive Gold Bonus wenig, wenn ich nach drei Räumen schon sterbe. Außerdem finde ich reine Goldruns, also erneut durch ältere Gebiete zu marschieren, nur um Gold zu sammeln, ziemlich öde. Ich will lieber Fortschritte machen. Oft geriet ich in Situationen, in denen ich selbst als Valkyrie einfach keine realistischen Überlebenschancen sah, und nutzte sofort die Selbstmord Funktion im Menü. Eine Funktion, die im Idealfall nicht existieren sollte.

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Hier in der Dunkelheit nicht zu sehen: 6 Gegner und 9000 Projektile.

Ich könnte noch über Relics schreiben, und wie übermächtig jede Form von HP Regeneration ist. Aber dies waren meine Hauptkritikpunkte.
In den anderen Klassen stecken im Prinzip noch so viele tolle Ideen drin. Da ist es schade, dass ich mich so an der Valkyrie festgebissen habe. Wenn man einen langen Grind in Kauf nimmt, bis man genug Gold und Upgrades gesammelt hat, so dass man jeden Gegner mit einem Schlag erledigen kann, würde das die Probleme auch etwas entschärfen.

Im NG+ habe ich übrigens keine neuen Inhalte gesehen. Man muss in einem Menü eine bestimmte Anzahl von Handicaps auswählen, ähnlich wie beim Heat System in Hades. Gegner bekommen sowieso ein höheres Level. Zusätzlich kann man ihnen noch einen HP-Bonus, Angriffsbonus, usw. geben. Um das Wahre Ende zu sehen, muss man hier stärkere Versionen der Bosskämpfe aktivieren, die man aber erst nach mehreren NG+ Durchgängen freischaltet. Mir ist jetzt nach 2 Durchgängen aber die Motivation ausgegangen.


Ich habe mal wieder 3 Awards zu vergeben:

#1 Projektilhölle
Habe ich ja schon ausführlich beschrieben. Fast schlimmer als Ikaruga! :icon-lol:

#2 So Tight, Dass Es Burnt
Das Spiel begrüßt mich erstmal damit, dass ich gefälligst VSync abschalten soll, um Input Lag zu verringern. Außerdem läuft es mit geschmeidigen 144 fps und lässt sich in "4K" rendern. Genau mein Fetisch.
Und wie ich schon sagte, gibt es im Kern spielmechanisch nichts zu meckern.

#3 Unübersichtlichstes Upgrade Menü 2022
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Und das ist nicht mal seine finale Form!

Übrigens: Falls bei euch das Spiel öfter abstürzen sollte, tragt in Steam bei den Launch Options -force-glcore32 ein. Das scheint zu helfen.


Scheiße, ist das lang geworden! :shock: Zu viel über Projektile gelästert...
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von Andre Peschke »

DieTomate hat geschrieben: 9. Jan 2023, 21:21 Und so begann das Spiel, mich mit der Charakterauswahl zu nerven. Bei 15 Klassen ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass einer der 3 zufallsgenerierten Charaktere die gewünschte Klasse bekommt. Erst spät fand ich heraus, dass man eine Modifikation kaufen kann, mit der man wenigstens einen Charakter zu einer bestimmten Klasse zwingen kann, inklusive Zauber. Ein Segen!
Du kannst doch auch bis zu...ich glaube 5 Re-Rolls der Charakterauswahl freischalten. Da war dann praktisch immer einer dabei, mit dem ich gern spielen wollte.

Schade, dass du es nicht so geil findest, wie ich. Habe es natürlich in der Hoffnung verschenkt, dass es dir auch so super gefällt. Aber immerhin war's kein Griff ins Klo & TOP ausführliches Review! :clap:

Andre
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Axel
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von Axel »

Andre Peschke hat geschrieben: 10. Jan 2023, 16:30 ...
Was hast Du eigentlich von tanair bekommen? Oder machst Du es extra spannend? :mrgreen:
Metalmonni
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von Metalmonni »

DieTomate hat geschrieben: 9. Jan 2023, 21:21
Um das Fazit vorwegzunehmen: Ich halte Rogue Legacy 2 im Kern für ein gutes Spiel, welches nach einem positiven Ersteindruck stark von Balance Problemen geplagt wird, die mit fortschreitender Spielzeit immer mehr die Luft rausnehmen.
Spannend, interessant eine zweite Meinung dazu zu lesen. Nach Andrés Besprechung hatte ich es mir auf die Wunschliste gelegt. Da ich aber bei Bullet Hell Elementen wirklich regelmäßig Ausschlag bekomme kaufe ich das wohl erstmal nicht, ich erhole mich immer noch von den Spätfolgen die mir Returnal eingebracht hat.

Machte Spaß zu lesen, vielen Dank :-).
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Darkcloud
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von Darkcloud »

Wichtelwärtschätzung Knock Harder
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Also das erste Spiel das ich bekommen habe ist Knock Harder. Hier befinden wir uns in der Zukunft und es sind Parasiten aufgetaucht die Leuten ins Gesicht springen und dadurch werden Sie praktisch zu Zombies. Im Prolog/Tutorial wird das erst mal eingeführt und man lernt etwas das Haus kennen in dem das Spiel spielt und die Grundsätzlichen Funktionen wie schießen, heilen mit Medipacks usw. Alles ein recht simples System. Recht schnell wird aber der Hauptcharakter Kir von einem Parasiten angefalleen und wir befinden und ab da befinden wir uns in einem Traum. Der Parasut versucht die Realität in dem Traum nachzubilden und wenn man zu lange in einem Traum ist wird man vom Parasiten übernommen.

Hier leitet uns ein Leprechaun erst mal durch. Ziel ist es jetzt im Traum etwas zu finden das nicht zur Realität passt. OK wie wacht man sicher aus einem Traum auf? Indem man stirbt denn dann weiß man nicht wie weiterträumen. Also sobald man etwas gefunden hat das nicht passt erschießt man sich selbst oder stibrt irgendwie anders, also durch die Zombies zum Beispiel.

Danach befinden wir uns im richtigen Spiel, mir wurde empfohlen das Spiel auf Hard zu spielen aber geht erst mal nicht. Am Anfang steht nur Easy zur Auswahl, hier ist nur der Hauptflügel des Hauses zugänglich, also weniger zum absuchen.
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Hier gilt es jetzt die differenzen zu finden jede Traumversion hat eine Nummer die nach dem Tod eingeblendet wird in Grün, Teils gibts noch ein Zusatzmerkmal das wird durch eine rote Nummer dargestellt. Die Nummer bringt uns hier erst mal nichts aber es gibt eine Sammlung aller Varianten im Hauptmenü. Die Unterschiede sind beispielsweise so dinge wie das die Taschenlampe durch Wände durchscheint oder sich die Uhr im Wohnzimmer schnell dreht. Teils sind sie sehr offensichtlich, das ist vor allem bei allem der Fall bei dem ein NPC da ist und mit einem redet, damit ist das immer ein Traum, oft sind das auch Eastereggs wie Gabe Newell der mit der Axt ein Epic Games Poster zerstört oder ähnliches. Teils sind auch Gegenstände in den Schubladen die nicht immer da sind. Das heißt noch nicht das es ein Traum ist, es muss was falsch mit dem Gegenstand sein. Eine Statue von einem Elefanten ist normal, ein echter Elefant aber nicht. Unterschied ist hier rein der Beschreibungstext.

Sterben wir in einem Traum sind wir kurz in einer Zwischenwelt in der uns der Leprechaun hier und da mal tipps, recht schnell sind die aber eher scherze und recht nutzlos. In der Zwischenweld ist alles etwas Neon.
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Erschießen wir uns in der Realität ist das Spiel vorbei, lassen wir den Timer in nem Traum ablaufen auch. Hier gibt uns der Leprechaun dann noch einen Tipp was wir übersehen haben um das nächste mal zu wissen worauf man auch schauen muss. Den Easymode hat man recht schnell durch, der entspricht auch der Demo names "Knock Harder: Pointless" die es gibt. Nachdem man einmal in der realität den Timer hat ablaufen lassen ist das Spiel vorbei und ein kurzes Outro spielt sich ab. Jetzt können wir auf normal spielen.

Da ist alles zugänglich das im Prolog zugänglich war. Ein weiterer Charakter, Victor ist in einem Raum und erschießt dort Zombies die da ständig aus der Wand kommen. Sonst tauchen die nur aus dem nichts in Räumen auf in denen wir gerade nicht sind. Die Story erwähnt das die überall durchkommen und dann auftauchen, das ist ziemlich klar so damit die Spielmechanik klappt und Zombies in dem kleinen Haus immer "sinnvoll" nachspawnen können. Victor spielt hier eigentlich keine große Rolle, ich habe durch die Unterhaltung mit ihm noch keinen Traum erkannt. Man kann für den eher unwahrscheinlichen Fall das die Muniton leer geht von Victor wohl neue erhalten. Auch dabei ist ein Raum mit einem großen Bildschirm der eine Nummer darstellt. Das ist je nach Text der dazu steht ein RNG, ein Monstercounter oder ein Traumindikator. Letzterer ist das einzig sinnvolle da er uns die Traumnummer (mit fehlerrrate) anzeigt in der wir uns grade befinden. Jetzt haben auch die Nummern einen Gameplaysinn. Haben wir es hier auch einmal geschafft zu überleben wird Hard freigeschaltet.

Das hab ich bisher nur mal kurz angespielt. Hier ist links noch ein kleiner Flügel beim Haus dabei. Der ändert gar nicht so viel. Das wichtigste ist das hier noch ein weiterer Character dabei ist, Jacky und Victor gibt und sie verändert sich von Traum zu Traum und hat auch verschiedene Realitätsvarianten. Wir können Victor bitten uns Jacky zu beschreiben und das muss mit der Jacky die wir finden übereinstimmen. Auf Hard kommt wohl eine Mechanik dazu, dass man den Fehler im Traum auch finden muss sonst besteht eine immer größer werdende Chance, dass der Traum bei nichtfinden als Realität behandelt wird und man stirbt. Das ist sinnvoll, da man sich sonst immer ein paar mal erschießen könnte auf gut Glück um an einen Punkt zu kommen das es relativ Wahrscheinlich ist hier eine Realversion zu haben (generell kann auch die erste Runde real sein aber die chance scheint stark zu steigen je weiter man in einem Run ist).

Also ich finde das Spiel recht stimmungsvoll die Kernmechanik macht ziemlich Spaß aber es ist schon immer Frustrierend wenn man nach ner Reihe Träume dann doch verkackt. Es ist aber ein prima Spiel für zwischendurch bei dem man mal kurz einen Run spielen kann. Grafisch ist das Spiel grundsolide. Nichts besonderes aber absolut nicht hässlich und das Haus und die einzelnen Elemente sind recht Detailreich. Das wird ja schon gebraucht um genug differenzen einzubauen. Jedem den das jetzt nicht gleich total abgeschreckt hat würde ich zumindest die Demo empfehlen. Ich weiß nur grade nicht ob der Save von der Demo zum Hauptspiel übernommen werden kann damit man nicht 2x auf Easy gewinnen muss.

PS: Das Spiel ist perfekt fürs Steamdeck ich hab es auch rein darauf gespielt.
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Dicker
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von Dicker »

Oh...Sir!! The Insult Simulator

Ein Spiel der Kategorie "Hätte auch ein Minispiel in einem größeren Spiel sein können".
Oder anders gesagt: "Your Game secretly adores a homeless mens socks, and everybody knows it!"

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In Oh...Sir!! The Insult Simulator kann man, der Name deutet es an, sein Gegenüber bleidigen. Das kann entweder ein Computergegner oder ein echter Mensch sein. Das Spielprinzip ist schnell erklärt. Die Kotrahenten bauen sich aus einem gemeinsamen Topf an Satzbausteinen abwechselnd ihre Beleidigung zusammen. Für die Auswahl hat man 15s Zeit und die Menge an Textbausteinen ist begrenzt. Ziel ist es sein Gegenüber möglichst effektiv zu beleidigen. Das kann man entweder über deren Schwachpunkt machen (der englische Gentleman reagiert sensible auf alles, was sein Äußeres angeht) oder durch Wiederholungen (z.B. 2x hintereinander seine Mutter beleidigen).

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Damit macht man "Schaden", idR so 5-25. Selten erreicht man mal mehr, dafür ist die Auswahl meist zu schlecht. Passt mal wirklich gar nichts, hat man zwei "private" Bausteine, die man sogar einmal tauschen kann.
Auch gut geeignet für zusätzlichen Schaden sind Satzbausteine, die mit einem Ausrufezeichen enden und damit deine Beleidigung automatisch beenden, wie in diesem Beispiel:

YOUR MOTHER CAN BE FOUND IN POKEMON GO, BECAUSE YOU ARE A SPOILED BRAT!

Und das war es eigentlich auch schon. Man kann noch ein Tournament spielen, bei dem man 5 Runden gewinnen muss und am Ende gegen Gott antritt. Daneben kann man weitere Charakter und Orte, an denen die Beleidungsduelle spielen, freischalten. Aber wie, das verrät das Spiel einem nicht. Ich habe ca. 4h gespielt und zwar nicht alles freigeschaltet, sehe aber auch nicht den Mehrwert darin. Das ist alles wirklich minimalistisch, oder wie es das Spiel ausdrücken würde

YOUR MATH TEACHER STILL USES WINDOWS VISTA AND SMELLS OF YOURE SENSE OF STYLE.

Im Couch Koop stelle ich es mir noch ganz nett vor (hab es selbst nur gegen den PC gespielt und einmal online jemanden gefunden), aber auch hier ist nett der kleine Bruder von Arschloch und ich vermute, dass man schnell die Lust verliert. Wie eben bei den schlechteren Spielen aus der Jackbox Party Box auch.

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FAZIT:
Keine Empfehlung, dafür ist der Humor nicht gut genug, die Beleidigungen selten lustig, weil der passende Satzbaustein fehlt und die Varianz im Gameplay quasi nicht vorhanden. Es ist leicht verständlich (aber nur auf Englisch!) und so könnte man es mal kurz auf einer Party spielen. Aber sobald man die Grundlegende Struktur verstanden hat und einige der Beleidigungsvarianten gesehen hat, ist die Luft raus.

Trotzdem Danke an meinen Wichtel Lunarius, die Idee des Spiels ist nett und es ist definitiv mal was anderes.
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Melchiah
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von Melchiah »

Weihnachten liegt schon ein Weilchen zurück, da wird es jetzt doch Zeit für mich, über mein Wichtelgeschenk zu schreiben. Vielen Dank also noch mal, Feschpa-Willi, du hast dich nicht lumpen lassen und meine (zugegeben überschaubare) Bibliothek messerscharf analysiert: Hier ist meine Wertschätzung zu Batman: Arkham Knight!

Vielleicht fange ich gleich mit einer Einordnung an, da ich etwas Sorge habe, dass meine Perspektive auf dieses beeindruckende Produkt manchen Leuten etwas ahnungslos oder unkritisch vorkommen könnte. Im Allgemeinen spiele ich sehr wenig selbst, schaue auch keine Videos davon. Ich finde aber die Auseinandersetzung mit Spielen wie sie im Podcast geschieht sehr interessant und unterhaltsam. Selbst fliege ich aber in vielen Spielen recht schnell aus der Kurve, wenn ich sie mal ausprobiere. Das liegt in der Regel vor allem an zwei Dingen: Meiner Weigerung, Lebenszeit für repetitive Beschäftigungtherapien zu opfern (bzw. die daraus entstehende Langeweile) und/oder öde Geschichten, die mich nicht neugierig machen.

Batman: Arkham Knight hat für mich persönlich keines dieser Probleme.

Arkham Knight hat für mich eine ganz entscheidende Stärke, und zwar die wirklich atemberaubende Abwechslung auf allen Ebenen des Gameplays. Das fängt bei der Fortbewegung an, die vermutlich landläufig bekannt ist, immerhin hat Rocksteady mit der Reihe ja gute Kritiken eingesammelt. Vertikal geht es mit dem Greifhaken, horizontal mit dem Umhang. Ab und zu, vor allem auf den Dächern, wäre eine Prise Assassins's Creed zwar schön gewesen, aber es gibt auch so mehr als genug Greifpunkte für den Hook, um nie festzusitzen. Also Schuss, wohlig das Seil scheuern hören und auf in die Lüfte, dreimal die Leertaste gedrückt und mit Schmackes über das Ziel hinausgeschleudert. Die Schwingen breiten sich aus. Kurz orientieren - aha, dorthin. Sturzflug, im letzten Moment E gedrückt und das Batmobil kommt ums Eck gequietscht. Batman landet im Sitz und fetzt los. Schnell um zwei Häuserecken und zweimal Leertaste gedrückt - da schießt er wieder in die Luft und das Cape knattert nur so im Wind. So geht das in Arkham Knight. Toll.

Noch wichtiger als die Abwechslung bei der Fortbewegung ist aber die schlichtweg beeindruckende Missionsvielfalt, die man im Rahmen der Hauptquest erlebt - und nicht nur da. Ich habe noch nicht alle Nebenquests gespielt, aber auch die sind vielfältig, wenngleich in sich einförmiger, ist ja klar. Von Verfolgungsjagd über Rätsel bis Rettungsmission ist vieles dabei. Dass das Spiel nicht ganz ohne "entschärfe in jedem Stadtbezirk x Bomben per Minispiel" auskommt, kann man nur verzeihen. Jedenfalls fährt die Hauptquest Geschütze auf, die einen erahnen lassen, warum das Spiel damals in so schlechtem Zustand erschienen ist, und die einen beim Gedanken an den Crunch, der da gelaufen sein muss, nur so erschauern lassen. Die Hauptquest von Arkham Knight jedenfalls ist einfach ein tolles Stück Computerspiel. Erstens ist sie flott, weil sie ständig den Schauplatz wechselt und mit Hologramm-Telefonaten unterfüttert wird, weil sie massig bekannte Gesichter ausspuckt und wieder wegwischt. Zweitens hat sie Bösewichte, denen man auf Anhieb wirklich gern das Handwerk legen möchte, weil die angemessen fanatisch und bösartig sind. Und drittens wird sie, wie eingangs gesagt, mit einer Missionsvielfalt erzählt, die meines Erachtens wirklich ihresgleichen sucht.

Im Grunde ist Batman immer auf der Jagd nach Zielpersonen oder -objekten. Allerdings kommen laufend neue Gadgets zum Einsatz, die zum Ausprobieren einladen und ein angenehmes Katz-und-Maus-Feeling erzeugen. Der Gegner rüstet auf? Dann macht Batman das eben auch. Gut, dass da ein neuer Anzug angeflogen kommt. Oder ein Sabotage-Remote. Oder eben dies oder auch jenes. (Wer die hanebüchenen technischen Erklärungsversuche des Spiels genießen kann, kommt voll auf seine Kosten.) So rekonstruiert man an mancher Stelle per Batcomputer den Hergang eines Unfalls, "analysiert" einen Tathergang auf Filmaufnahmen, knackt Schlösser oder was auch immer. Manche Minispiele sind arg simpel, die meisten wiederholen sich aber selten. Mir persönlich gefällt das Gefühl, selbst in die Welt einzugreifen, anstatt meiner Spielfigur dabei zuzusehen. Wer da anders ist, muss sich trotzdem nicht fürchten. Viele der simplen Spielchen finden nur einmalig statt und unterfüttern umso besser das Detektivspiel, dem man da streckenweise folgt. Analyse abgeschlossen? Super, dann wird jetzt wieder geklettert, geschlichen oder gekämpft.

Tja, Kampf. Wenn ich ehrlich bin, ich brauche im Allgemeinen keinen Kampf. Mich setzt das Kämpfen in Videospielen unter Stress, sobald ich damit anfangen soll - und wenn ich gelernt habe damit umzugehen und somit aufnahmebereit für seine Mechaniken wäre, ja, dann ist doch das Tutorial vorbei. Ups. Ich will ganz offen sein: Ich habe hier auf dem leichten Schwierigkeitsgrad einfach Buttonsmashing betrieben und gewartet, bis die Kämpfe vorbei waren - das klappt fast immer, und ggf. ist Kontern nicht schwierig. Immerhin kann ich mich auf die defekte Klickfunktion meines Mausrades berufen, das war in diesem Spiel überhaupt keine große Hilfe. Und nein, natürlich kann ich NICHT mit Controllern umgehen. Aber ich glaube ohnehin, dass das Freeflow-Kampfsystem der Batman-Reihe genug Lob (oder?) abbekommen hat, sodass es nicht auf meines angewiesen ist. Ich hatte ab und zu Schwierigkeiten, den richtigen Gegner anzuvisieren, aber gut. Immerhin, der Kampf mit dem Batmobil macht wirklich Spaß, da er super funktioniert und hier auch einfache Schüsse auf die wunden Stellen der gegnerischen Panzer ausreichen, um einen satten Explosionseffekt hervorzurufen. Und die Transformation des sowieso schon toll designten Fahrzeugs vom Fahr- in den Kampfmodus ist wirklich toll gemacht. Das Batmobil ist ein cooles technisches Erlebnis, das ständig Elemente aus- und einfährt, schwenkt und rotiert und sogar rot glühende Bremsscheiben bekommt, wenn man es entsprechend fährt. Letzteres übrigens sogar beim Burnout im Stand - ah ja! Beim Gegnerausschalten auf zwei Beinen kann man übrigens an vielen Stellen auch heimlich vorgehen, was mich einerseits entlastet hat und andererseits wirklich Spaß macht. Da wird dann in enger Zusammenarbeit mit den Umgebungen ein Gegner nach dem anderen gepflückt anstatt sich auf alle gleichzeitig gestürzt. Gott sei Dank!

Das Batmobil ist übrigens schön in viele der Rätsel integriert und bietet einige Features, die auf ihre Weise mit der Welt interagieren können. Manche Dinge macht man also mit dem Auto, manche mit Batman. Vieles im raschen Wechsel. Dadurch fühlt man sich bisweilen ungemein wirkmächtig, weil man das Gefühl bekommt, immer das richtige Tool dabei zu haben und flexibel auf die Umgebung reagieren zu können.

Dass die Stadt toll aussieht, habe ich noch vergessen zu erwähnen. Aber Vorsicht: GTX1060-Brille hier. Keine Ahnung, ob die Batman-Grafik heute noch eine Katze hinter dem Ofen hervorlockt. Ich bin eben in dieser Epoche stehengeblieben, weil ich derzeit kein Verständnis für die Preise für Grafikkarten habe. Und mir gefällt's. Man sieht weit, überall sind bunte Lichter. Die NPCs schälen sich bisweilen etwas seltsam aus dem Licht, aber das stört nicht arg. Das Design generell ist wirklich gelungen, mir gefällt vor allem der IronMan-eske Batsuit, der beim Anlegen erstmal sekundenlang Metallelemente ineinanderschiebt, bis er schließlich sitzt.

Zur Story sage ich jetzt mal ... so eine Art geplanter Giftgasanschlag? Das übliche in Gotham eben (soweit ich weiß): Eine Maske erscheint auf den Billboards und 24 Stunden später ist die Stadt evakuiert. Beeindruckend! Wie gesagt, die Bösewichte funktionieren und die Story bietet genug Gerüst für eine wirklich schöne Hauptquest.

Bleiben noch meine Kritikpunkte. Ich liste sie mal hier auf:
- Warum springt das Spiel nach dem Abschluss eines Nebenquest-Abschnitts immer sofort zurück auf die Hauptquest? Ach so, weil ich manche (oder alle?) Nebenquests nicht am Stück spielen kann. Beides erschließt sich mir nicht ganz.
- Schade, dass manche Brücken zeitweise einfach unpassierbar sind.
- Und besonders wichtig: Schade, dass es 2015 wohl noch nötig erschienen ist, weibliche Figuren teilweise extrem zu sexualisieren. Das ist zwar nicht durchgehend der Fall, besonders aber bei denen, die eben cool und verrucht wirken sollen. Das ist einfach unmöglich und beschämend.

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Also unter dem Strich: Wer will ein schönes Actionspiel mit cooler Story haben? Abwechslung satt und technische Gadgets bis dorthinaus? Die Dame dort hinten? Der Herr im Frack? Machen Sie's wie Feschpa-Willi, werte Herrschaften. Schlagen Sie im Sale zu, wenn's die Fledermaus nicht kommen sieht. Ich als wirklicher Muffel habe hier ein Geschenk bekommen, zu dem ich immer wieder gern zurückgekehrt bin.
Danke Feschpa-Willi!
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[Disclaimer: Ich hab das Spiel noch nicht durch, da ich im Begriff bin, ein Studium abzuschließen. Aber ich bleibe konstant am Ball!]
Lunarius
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Registriert: 13. Apr 2019, 04:39

Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von Lunarius »

Dicker hat geschrieben: 30. Jan 2023, 19:54 ...FAZIT:
Keine Empfehlung, dafür ist der Humor nicht gut genug, die Beleidigungen selten lustig, weil der passende Satzbaustein fehlt und die Varianz im Gameplay quasi nicht vorhanden. Es ist leicht verständlich (aber nur auf Englisch!) und so könnte man es mal kurz auf einer Party spielen. Aber sobald man die Grundlegende Struktur verstanden hat und einige der Beleidigungsvarianten gesehen hat, ist die Luft raus.

Trotzdem Danke an meinen Wichtel Lunarius, die Idee des Spiels ist nett und es ist definitiv mal was anderes.
Ah, zu schade das es "not your cup of tea" ist, aber war sehr schön deine Rezension zu lesen und das ist ja immerhin ja auch mal etwas :)
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Axel
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Re: Wichtel-Wertschätzungen 2022

Beitrag von Axel »

Sooo, habe mal die Links im Ausgangsposting aktualisiert!
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