Ich habe von Par`Chin "Monster Boy und das Verfluchte Königreich" gewichtelt bekommen. Vielen Dank dafür! Es hat mich über die ca. 22 Stunden (96% komplett) fast durchweg gut unterhalten.
Grob gesagt handelt es sich um ein relativ lineares Metroidvania mit einem hohen Grad an Abwechslung, ansprechender Gestalt in Bild und Ton und einer vernachlässigenswerten narrativen Einbettung.
Es handelt sich dabei um einen geistigen Nachfolger der Wonderboy-Reihe von Sega. Von den Originalen gab es in den letzten Jahren mehrere Remakes, die ich immer mal aus der Ferne interessiert beäugt hatte. Monster Boy kommt dabei aus der Feder des französischen Entwicklers "Game Atelier", wobei Soundtrack und Cutscenes im Animelook aus japanischer Hand stammen.
Das Spiel beginnt mit einem überschaubaren Arsenal an Fähigkeiten. Man kann als Junge mit blauen Anime-Haaren laufen, springen, sich bücken und mit dem Schwert schlagen. Man hat ein Schild, das man unterschiedlich ausrichten kann. Der Einstieg ist schön gemacht. Ich habe Zeit, mich an meinen neuen Körper zu gewöhnen. Ich lerne Kombinationen und wie meine Umwelt auf die Aktionen reagiert. Bspw. kann man mit einer Stampfattacke umstehende Gegner kurz zum Taumeln bringen. Nach kleineren Bewährungsproben bekomme ich dann die erste Möglichkeit einen Ausrüstungsgegenstand auszutauschen. Statt meiner leichten Lederlatschen darf ich jetzt auch schwere Stahlstiefel an die Füße ziehen. Der Gag: Wenn ich jetzt ins Wasser hüpfe, schwimme ich nicht mehr oben, sondern werde in die Tiefe gezogen und kann den Meeresgrund erforschen. Wenn ich die Luft nicht weiter anhalten kann, wähle ich im Radialmenü jederzeit einfach wieder die Lederlatschen aus und tauche auf. Jetzt kann ich die bereits durchschrittenen Bildschirme nochmal aufsuchen und nach Geheimnissen suchen.
Hier zeigt sich die große Stärke des Spiels: die Erkundungsmöglichkeiten. Es gibt an jeder Ecke versteckte Belohnungen. Hierbei bleibt das Spiel aber in aller Regel streng linear. Man findet zwar weder Gebiete noch Abkürzungen, aber immer Nützliches wie Geld oder Möglichkeiten, die eigenen Fähigkeiten zu erweitern. Manchmal erwartet einen auch die ein oder andere kleinere Herausforderung oder ein kleines Rätsel. Die Rätsel lassen sich in aller Regel gut lösen. Häufig muss man nur das richtige Werkzeug oder einen Hinweis in der Umgebung finden.
Im Laufe des Spiels wächst die Anzahl der unterschiedlichen Werkzeuge sehr stark an. Alleinstellungsmerkmal des Spiels sind die verschiedenen Monsterformen. Nach dem Freischalten, kann man zwischen den verschiedenen Monstern jederzeit fliegend über ein Auswahlrad wechseln. Die Monster haben unterschiedliche Vorteile und Fähigkeiten, der Frosch kann schnell schwimmen und das Schwein versteckte Dinge erschnuppern. Daneben gibt es noch verbesserbare Kleidung und Waffen, wobei nicht jede Tierform jeden Ausrüstungstyp tragen kann. Das Rumprobieren mit den Fähigkeiten und die unterschiedlichen Interaktionen mit der Welt habe ich als sehr befriedigend empfunden. Das Spiel hat ein schönes Elemente-System, dass sicherlich nicht so ausgefeilt ist wie bei Divinity 2 oder Zelda BOTW. Experimentieren macht aber Spaß. Inkonsistenz ist mir dabei nur selten aufgefallen.
Das Spiel ist stark linear. Dadurch hat es einen sehr angenehmen Rythmus. Man schaltet in einem guten Tempo neue Fähigkeiten frei und bekommt wirklich schön inszenierte und abwechslungsreiche Gameplay-Abschnitte präsentiert. Es wechseln sich so Rätsel, Kämpfe und Geschicklichkeitspassagen ab. Für mich war das eine sehr gute Mischung. Dabei ist das Spiel die meiste Zeit eher einfach. Im letzten Drittel wird es durchaus auch anspruchsvoller. Das Spiel bleibt aber stets verzeihlich durch die gut platzierten Rücksetzpunkte.
Ich finde den Artstyle und den Soundtrack schick und passend. Manche Musikstücke fand ich auch richtig gut. Gerade das Stück, das gespielt wird, wenn man sich aus dem ersten Dorf in Richtung Wald aufmacht, passt unheimlich gut. Heiter und fröhlich beginnt man die Heldenreise.
In die Spielwelt wurde ich aber dennoch nie hineingezogen, auch wenn es den ein oder anderen stimmungsvollen Moment gab. Das lag, denke ich an mehrerlei. Zum einen waren die einzelnen Gebiete für sich genommen zwar abwechslungsreich, haben aber für mich nie ein stimmiges Gesamtkonzept ergeben. Ich hatte nie das Gefühl, dass die Welt eine Geschichte erzählt, anders als etwa ein Hollow Knight.
Und zum anderen fühlte die Steuerung nie sonderlich präzise an. Dadurch gab es, anders als bspw. in einem Celeste oder Mario immer einen gewissen Bruch zwischen Avatar und mir. Das ist sicherlich auch der großen Auswahl an unterschiedlichen Bewegungsprofilen und damit einhergehenden notwendigen Vereinfachungen geschuldet. Bspw. kann der Frosch mit Zunge an Ringen entlang schwingen. Dabei muss man diese nur ganz grob anvisieren und danach läuft das Schwingen ganz automatisch ab. Einzige Einflussmöglichkeit des Spielers dann das Abbrechen der Animation. Ferner ist der Wechsel zwischen den Monsterformen leider nicht so flüssig wie gewünscht, da die neue Form nicht eins-zu-eins den Zustand der alten übernimmt. Wenn man sich etwa gerade an einer Leiter festhält, lässt der Avatar sie nach einem Formwechsel unvermittelt los.
Großer Kritikpunkt für mich ist zuletzt, dass das Spiel etwas menülastig ist. Ich wurde so immer wieder aus dem Spielgeschehen raus gerissen, um Ausrüstung oder Monsterform zu wechseln. Häufig sogar beides hintereinander, da mit unterschiedlichen Monstern auch unterschiedliche Rüstung sinnvoll ist.
Hier bestünde mMn viel Optimierungspotential. Im Laufe des Spiels sammelt sich nämlich viel unnötiger Balast an und was man einmal an Ausrüstung oä eingesammelt hat, wird man nicht mehr los. Das bläht die Menüs unnötig mit vermeintlichen Optionen auf. Gerade im Midgame war ich zwischendurch etwas frustriert. Ich hatte schon viele Optionen freigeschaltet, aber noch nicht alles verinnerlicht und konnte noch nicht so gut Unwesentliches ignorieren. Hier hätte es sicherlich geholfen die vielen Dopplungen zu vermeiden und eine größere Eindeutigkeit der Gegenstände und Tierformen zu schaffen. Ein schönes Beispiel sind hier die Schuhe. Man behält bis zum Schluss die Lederlatschen vom Beginn. Die haben aber keinen konkreten Vorteil gegenüber den anderen Schuhen. Dann gibt es wiederum die Schuhe des Prinzen, die einen voll ausgebaut besonders schnell machen und einen Doppelsprung erlauben. Die Wolkenschuhe sind wiederum die Schuhe des Prinzen, nur dass man zusätzlich noch auf Wolken laufen kann. So hatte ich das Gefühl, dass die Menüs nur so voll gepackt wurden, damit es mehr Dinge in der Spielwelt zum Finden und Freischalten gibt.
Fazit:
Insgesamt ein ansprechendes Spiel, das mich über fast die gesamte Spielzeit gut unterhalten hat. Die große Stärke des Spiels ist der hohe Grad an Abwechslung bei gutem Pacing fast über die gesamte Spielzeit hinweg. Vielen Dank an Par`Chin!