Feierabendbier: Nora Beyer

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bluttrinker13
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von bluttrinker13 »

Blaight hat geschrieben: 11. Apr 2023, 12:31
lolaldanee hat geschrieben: 8. Apr 2023, 16:05 Ich wiederum habe in meinem Studiengang noch nie auch nur von einem meiner Kommilitonen gehört, dass ihm irgendwelche Formulierungen, Zeilenabstände oder Schriftarten vorgeschrieben worden seien. Wahrscheinlch hätte jeder von uns seinem Betreuer nen Vogel gezeigt, und sich nen anderen gesucht, wenn sie uns mit so einem Bullshit angekommen wären.
Es gab eine LateX vorlage die man benutzen konnte, wenn man sich das leben einfacher machen wollte, und das wars ungefähr
Waaaas? Ich hab ja MINT studiert und kann nur das referenzieren, aber es gab bei mir bei allen abzugebenden Arbeiten Formalia die einzuhalten waren. Das hatte ich ja sogar in der Facharbeit in der Schulzeit.
Absolut. Soll ja auch Gewissenhaftigkeit trainieren. Und später, wenn man selber forscht und bei den Journals einreichen will, gibt es ganze Manuale zu lesen. Nicht dass das Spaß macht, aber es gehört halt dazu. Bei uns kann man laut Prüfungsordnung auch eine Note tiefer geben, wenn Formalia nicht erfüllt sind.
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tanair
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von tanair »

Andre Peschke hat geschrieben: 8. Apr 2023, 09:21
screamingblood hat geschrieben: 8. Apr 2023, 06:56 Ich weiß gerade gar nicht, wo ich anfangen soll... Als queere Person kann ich dir versichern, dass sehr wenig davon stimmt. Dass ich als "Schw...tel" bezeichnet wurde und zwei aufrechtdeutsche Deppen mir meine Queerness ausprügeln wollten, ist gerade erst ein paar Wochen her.
Nur mal vermittelnd: Tanair stellte ja eine generelle Behauptung auf, du antwortest mit einer Anekdote aus deiner eigenen Erfahrung. Das widerspricht sich nicht. Selbst wenn Tanair zB bundesweit recht hätte (dafür liefert er keinen Beleg), könntest du in einem Homophobie-Hotspot leben (nur theoretisch zur Illustration!!), oder einfach Pech haben etc. Es wurde auch nicht behauptet, Homophobie sei quasi geheilt. Er spricht durchgehend nur von einer Verbesserung im Vergleich zu früher.

Ich verstehe aber, dass das einleitende „heutzutage weniger ein Problem ist“ als „ist kein relevantes Problem mehr“ verstanden werden kann und du das als Verharmlosung empfindest.

Evtl missversteht ihr einander also nur ein wenig.
screamingblood hat geschrieben: 8. Apr 2023, 06:56 Dass du Narrative von ganz rechtsaußen als sicherlich nicht dieser Strömung zugehörige Person übernimmst, ist ein wunderbares Beispiel dafür. Genderneutrale Sprache ist nämlich keineswegs die URSACHE von Transfeindlichkeit, sondern ein Versuch, diese aufzubrechen.
Hier würde ich auch plädieren genau hinzusehen, was gesagt wurde, bevor diese These aufgestellt wird. Gesagt wurde nicht, dies sei Ursache von Transfeindlichkeit, sondern der Grund, warum es „immer mehr auf Ablehnung“ stößt. Das sagt nichts über einen vorher existierenden Sockel an Transfeindlichkeit aus.

Auch hier gilt: Es fehlt ein Beleg, dass sich die Haltung bzgl.Trans in der Öffentlichkeit seit Beginn der Genderdebatte o.ä. verschlechtert hat und andere Ursachen ausgeschlossen werden können. Da kann eine Debatte sinnvoll ansetzen.

Ich möchte nur bitten, dass besonders präzise gearbeitet wird bei potentiell „heißen“ Thesen wie jemand würde (unbewusst) rechte Narrative reproduzieren.
screamingblood hat geschrieben: 8. Apr 2023, 06:56 Ich glaube, wir brauchen mehr Podcasts mit Nora, da gibt es offensichtlich VIEL zu besprechen und aufzuklären, auch in der The Pod-Community...
Wir können alle noch viel lernen, 100%.

Andre
Danke Andre fürs vermitteln. Ich hatte auch geschrieben "ich denke...". Aus meinen Empfinden ist man in Deutschland (oder auch in Westeuropa) aufgeklärter gegenüber Queeren. Beispielsweise trägt man heute die Regenbogenflagge als Kapitänsbinde im Fußball und verurteilt Queer-Feindliche Angriffe. In meiner Jugend wurde die gegnerische Mannschaft oder Schiri als Schw.. beschimpft.

Aber damit wollte ich nicht schreiben, dass es gar nicht mehr vorkommt, oder gar kein Thema mehr ist.
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Jochen Gebauer
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von Jochen Gebauer »

bluttrinker13 hat geschrieben: 11. Apr 2023, 13:19Absolut. Soll ja auch Gewissenhaftigkeit trainieren. Und später, wenn man selber forscht und bei den Journals einreichen will, gibt es ganze Manuale zu lesen. Nicht dass das Spaß macht, aber es gehört halt dazu. Bei uns kann man laut Prüfungsordnung auch eine Note tiefer geben, wenn Formalia nicht erfüllt sind.
Ich würde sagen, es kommt auf die Formalia an. Wenn sie einen wissenschaftlichen Zweck erfüllen (z.B. gute Überprüfbarkeit der verwendeten Quellen), dann gehört das zum wissenschaftlichen Arbeiten dazu, ja. Wenn sie keinen wissenschaftlichen Zweck erfüllen (mir wurde gerne gesagt, meine Formulierungen seien nicht wissenschaftlich genug, weil ich mich eher aufhängen würde, als mir sperrige Passivkonstruktionen anzugewöhnen), dagegen kann man sich imho auch legitimerweise wehren. Mir würde als Student ein "Zwangsgendern" auch nicht schmecken. Nicht, weil ich das Gendern an sich schlimm fände, sondern weil das für mich in die Rubrik "kein wissenschaftlicher Zweck, sondern politisch-gesellschaftlicher Zweck" fällt und damit schlicht jedem selbst überlassen sein sollte. Ebenso umgekehrt, wenn ein Prof oder ein Arbeitgeber Gendern verbieten wollte. Das steht denen imho schlicht nicht zu, weil es über das berechtigte Interesse an allgemeinen Sprachregelungen hinaus geht.
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bluttrinker13
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von bluttrinker13 »

Jochen Gebauer hat geschrieben: 11. Apr 2023, 14:18 Ich würde sagen, es kommt auf die Formalia an. Wenn sie einen wissenschaftlichen Zweck erfüllen (z.B. gute Überprüfbarkeit der verwendeten Quellen), dann gehört das zum wissenschaftlichen Arbeiten dazu, ja. Wenn sie keinen wissenschaftlichen Zweck erfüllen (mir wurde gerne gesagt, meine Formulierungen seien nicht wissenschaftlich genug, weil ich mich eher aufhängen würde, als mir sperrige Passivkonstruktionen anzugewöhnen), dagegen kann man sich imho auch legitimerweise wehren. Mir würde als Student ein "Zwangsgendern" auch nicht schmecken. Nicht, weil ich das Gendern an sich schlimm fände, sondern weil das für mich in die Rubrik "kein wissenschaftlicher Zweck, sondern politisch-gesellschaftlicher Zweck" fällt und damit schlicht jedem selbst überlassen sein sollte. Ebenso umgekehrt, wenn ein Prof oder ein Arbeitgeber Gendern verbieten wollte. Das steht denen imho schlicht nicht zu, weil es über das berechtigte Interesse an allgemeinen Sprachregelungen hinaus geht.
Ich bezog mich auf Formatierungsrichtlinien wissenschaftlicher Gesellschaften (DGPs, APS, bei uns in der Psychologie), die eher die Regel sind, als eine Ausnahme. Auch bei Abschlussarbeiten. Sie regeln in erster Linie ein sauberes, einheitliches Format, das aber eben bis auf den Zeilenabstand durchdekliniert. Gendern fällt meines Erachtens überhaupt nicht darunter, to be sure. Es gibt aber Journale, wie die Zeitschrift für Rechtspsychologie letztens, die fordern das explizit ein. Die machen dann aber auch ein "Probanden und Probandinnen" statt nur "Probanden" draus, keine Ahnung wie diese Form heißt, ich finde sie inklusiv und habe mich dem gebeugt.

Passivkonstruktionen sind im Übrigen bei uns, Psy, im wiss. Schreiben absolut verhasst und verpönt, aber wir sind auch sehr von den USA und deren Active Voice geprägt. Strunk & White! :D

Anders ist es vielleicht in punkto Minderheiten oder Ethnien. Laut APA 7 darf und soll ich in einem Paper halt nicht mehr von "Eskimo" schreiben. Finde ich auch in Ordnung. Keine Ahnung wie die das handeln würden wenn ich mich da querstellen würde. Im Zweifelsfalle können sie dich und deinen Beitrag immer kicken, da es ihr Wohnzimmer ist. Da sprechen wir auch wieder von Publikationen.

Bottom line: in Forschung und Lehre, und eben dem Studium, gibt es durchaus eine Reihe von Regeln denen man sich beugen muss (wie andere hier ja schon schrieben), außer man will wirklich auf einem unbedeutenden kleinen Hügel sein letztes Gefecht ausfechten. Gleichzeitig kann man imo immer auch wenigstens diskutieren, wenn einem was nicht schmeckt. Habe ich letztens getan als ein Editor wollte dass wir kein "I" oder "we" im Paper drinhaben, weil er das "unakademisch" fand. Habe ich mich gesträubt und ihn so genervt, dass er es fallengelassen hat. ;)
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lolaldanee
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von lolaldanee »

Die "Dann gender halt, ist ja kein Aufwand, und oh mein Gott, was für schilmme Probleme"-Fraktion teilt diese Meinung komischerweise nie, wenn irgendwo das gendern untersagt wird. Dann ist das Geschrei immer groß. Zeter! Mordio! Unterdrückung! Vorschriften sind ja grundsätzlich nur dann kein Problem, wenn sie zufällig die eigene Ideologie widerspiegeln.

Lasst doch einfach jeden schreiben wie er will, solange es verständlich ist.

Absurderweise würde ein Prof der in einer Arbeit gendern untersagt sogar noch ein wesentlich festeres Fundament unter den Füßen haben als beim Gegenteil. Man könnte sich in dem Fall wenigstens noch darauf berufen, dass man nur Arbeiten in allgemein akzeptierter Deutscher Sprache annimmt, wie sie vom überwältigenden Teil der Nutzer verwendet und gewünscht wird. Das hätte noch einen gewissen Restnutzen, da es der allgemeinen Verständlichkeit dient.

Beim Einfordern von gendern ist es wirklich nur noch ein "halte dich an von irgendwem willkürlich aufgestellte Regeln, die mir und meiner Clique zufällig gefallen".

Fürs Protokoll: 2 meiner 3 Studenten die sich damit rumschlagen müssen sind übrigens tatsächlich Ausländer. Die haben auch so schon wirklich genug Spaß ihr Zeug auf Deutsch zu schreiben, ohne, dass es ihnen auch noch unnötig mit Regeln verkompliziert wird, für die sich nur eine winzige Minderheit der Deutsch sprechenden überhaupt interessiert.
Zumindest herrscht allgemeine Einigkeit über alle Kultur und Landesgrenzen: Über 3 Kulturkreise und Muttersprachen (eine Russin, ein Grieche und ein Deutscher) hinweg sind sich meine Studenten alle 3 einig dass das alles einfach nur komplett gaga ist. Auf DIE Weise zumindest dient es der internationalen Vestständigung
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lolaldanee
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von lolaldanee »

Um mal ein konkretes Beispiel für Sexismus in der Spielebranche zu bringen:
Hab ich bis jetzt zum Glück nur einmal persönlich erlebt (und das nur indirekt). Wir hatten mal einen externen Berater bei uns in der Firma, der meinte ein paar unserer Frauen von oben herab anreden zu müssen. An dem Tag war ich krank, deshalb kann ich nur widergeben was meine Kollegen erzählt haben. Muss aber ganz schön unangenehm gewesen sein.
Nunja, der Berater wurde sofort ausgeladen, und ist am nächsten Tag nicht wieder aufgetaucht. Die Chefs haben zum Glück sofort reagiert, so soll es sein :)

Bezeichnenderweise war dieser Berater selbst NICHT teil der Spieleentwicklerszene sondern aus der "normalen" Industrie. Ich kann wahrheitsgemäß behaupten, persönlich noch keinen Spieleentwickler getroffen zu haben, der ein richtiges Arschloch ist. Schön :)
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Jochen Gebauer
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von Jochen Gebauer »

lolaldanee hat geschrieben: 11. Apr 2023, 15:22 Die "Dann gender halt, ist ja kein Aufwand, und oh mein Gott, was für schilmme Probleme"-Fraktion teilt diese Meinung komischerweise nie, wenn irgendwo das gendern untersagt wird. Dann ist das Geschrei immer groß. Zeter! Mordio! Unterdrückung! Vorschriften sind ja grundsätzlich nur dann kein Problem, wenn sie zufällig die eigene Ideologie widerspiegeln
Ist das so? Hast du die Anwesenden Pro-Gender-Menschen einfach mal danach gefragt? Vielleicht überraschen die ja deine Vorurteile? :mrgreen:
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Felidae
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von Felidae »

Ich wüsste grade schlicht keinen Fall, wo das Gendern tatsächlich untersagt worden wäre. Ich kenne nur die verzweifelten Versuche jener, die sich zwar ständig über die "Verbotskultur" und "cancel culture" aufregen, das gendern dann aber tatsächlich verbieten zu wollen.
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Jochen Gebauer
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von Jochen Gebauer »

Felidae hat geschrieben: 11. Apr 2023, 20:04 Ich wüsste grade schlicht keinen Fall, wo das Gendern tatsächlich untersagt worden wäre. Ich kenne nur die verzweifelten Versuche jener, die sich zwar ständig über die "Verbotskultur" und "cancel culture" aufregen, das gendern dann aber tatsächlich verbieten zu wollen.
Wird gewiss nicht ganz wenige Schulen geben, in denen Lehrer das Gendern mit Punktabzug strafen, weil es nicht der Grammatik entspricht.
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Felidae
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von Felidae »

Jochen Gebauer hat geschrieben: 11. Apr 2023, 20:05
Felidae hat geschrieben: 11. Apr 2023, 20:04 Ich wüsste grade schlicht keinen Fall, wo das Gendern tatsächlich untersagt worden wäre. Ich kenne nur die verzweifelten Versuche jener, die sich zwar ständig über die "Verbotskultur" und "cancel culture" aufregen, das gendern dann aber tatsächlich verbieten zu wollen.
Wird gewiss nicht ganz wenige Schulen geben, in denen Lehrer das Gendern mit Punktabzug strafen, weil es nicht der Grammatik entspricht.
Wenn dem so ist - sollen sie. Mein Erregungspotential ist da tatsächlich vergleichsweise wenig ausgeprägt.
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von Rigolax »

Felidae hat geschrieben: 11. Apr 2023, 20:09
Jochen Gebauer hat geschrieben: 11. Apr 2023, 20:05
Felidae hat geschrieben: 11. Apr 2023, 20:04 Ich wüsste grade schlicht keinen Fall, wo das Gendern tatsächlich untersagt worden wäre. Ich kenne nur die verzweifelten Versuche jener, die sich zwar ständig über die "Verbotskultur" und "cancel culture" aufregen, das gendern dann aber tatsächlich verbieten zu wollen.
Wird gewiss nicht ganz wenige Schulen geben, in denen Lehrer das Gendern mit Punktabzug strafen, weil es nicht der Grammatik entspricht.
Wenn dem so ist - sollen sie. Mein Erregungspotential ist da tatsächlich vergleichsweise wenig ausgeprägt.
Dazu las ich einen Fall im Spiegel, aber der Artikel ist paywalled (mittlerweile; bei mir): https://www.spiegel.de/panorama/bildung ... 1e285d6107 Als Blindzitat via Google-Snippets: "Wenn Schüler in Arbeiten Genderzeichen verwendeten, werde ihnen dies beim ersten Mal als orthografischer Fehler angestrichen, Wiederholungen würden als Folgefehler vermerkt." -- Finde ich fragwürdig. Gendern, auch mit Genderzeichen, würde ich als Lehrer wohl, wenn überhaupt, nur unter Protest als Fehler ankreiden. Ich verstehe den "pädagogischen" Nutzen schon gar nicht, außer man kommuniziert halt, dass es nicht dem amtlichen Regelwerk der deutschen Rechtschreibung (aktuell) entspricht, aber es ist ja quasi Gewohnheitsrecht und damit quasi gemeinhin doch einfach okay. Ich finde dieses sklavische Beharren auf formelle Korrektheit ohnehin nicht gut; zu einem gewissen Grad sinnvoll, dass nicht jeder schreibt, wie ihm_ihr die Nase gewachsen ist wie zu Mozarts Zeiten, aber gleichsam auch ziemlich kleingeistig, wenn vor allem dann Literatur von Goethe besprochen, ja gehuldigt wird, der auch afaik teils geschrieben hat, wie ihm der Gesichtserker gewachsen war. Klar, zu einem gewissen Grad sollte man Kindern/Jugendlichen "korrekte" Schreibweise einbläuen, aber bei so manchen Sachen, meh. Gerade was so Groß-/Kleinschreibung angeht, da blickt wirklich doch niemand mehr durch und dann wird der Duden noch rangeholt, um die "Wahrheit" (TM) rauszufinden, dabei ist das im Endeffekt auch nur ein Postulat, weil es mehr oder weniger Willkür ist (vieles kann man zwar logisch herleiten, aber oftmals ist es schlicht im Endeffekt definitorische Beliebigkeit).

Und bzgl. Ausländer, wie schon Jean Paul sagte über "das Zusammenfügen der deutschen Doppelwörter":
Aber, Himmel, können wahre Kronenvereine und Verträge auf verschiedenere Weisen geschlossen werden als diese Wortvereine? Wenn man inzwischen bei einer solchen außerordentlichen Mannigfaltigkeit von Leittönen, womit ein Bestimmwort ins Grundwort übergeht und übertönt, bei den Sprachlehrern nach der Regel, welche den jedesmaligen bestimmten Leitton festsetzt, die Frage tut, so haben sie in ihren Büchern (wie z. B. Adelung) gar nicht an die Frage gedacht, sondern nur bloß die einzelnen Beispiele des Gebrauchs aufgeführt, es aber völlig uns und – was noch jämmerlicher ist – dem Ausländer überlassen, durch Sprachübung die dreißigtausend Doppelwörter unserer Sprache unter die verschiedenen Fahnen ihrer Regimenter richtig einzureiben.
https://www.projekt-gutenberg.org/jeanp ... pp100.html

Oder um es mit Mark Twain zu sagen: "The Awful German Language"! Meinetwegen darf auch der Dativ dem Genitiv sein Tod sein und das Deutsche mehr wie das Niederländische werden grammatikalisch. Das wird aber ein wenig off-topic.
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Ironic Maiden
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von Ironic Maiden »

Rigolax hat geschrieben: 11. Apr 2023, 21:03 Dazu las ich einen Fall im Spiegel, aber der Artikel ist paywalled (mittlerweile; bei mir): https://www.spiegel.de/panorama/bildung ... 1e285d6107 Als Blindzitat via Google-Snippets: "Wenn Schüler in Arbeiten Genderzeichen verwendeten, werde ihnen dies beim ersten Mal als orthografischer Fehler angestrichen, Wiederholungen würden als Folgefehler vermerkt." -- Finde ich fragwürdig. Gendern, auch mit Genderzeichen, würde ich als Lehrer wohl, wenn überhaupt, nur unter Protest als Fehler ankreiden.
Als Deutschlehrerin fühle ich mich bemüßigt, hier mal ein paar Vorstellungen geradezurücken. Nehmen wir mal an, ich würde in einer Oberstufenklausur "falsches" Gendern anstreichen. Für mein Beispiel ist auch egal, ob ich jetzt anstreiche, dass gegendert oder dass nicht gegendert wird. Das wäre in jedem Fall beim ersten Mal ein Ausdrucksfehler. Alle weiteren Verwendungen wären Folgefehler, und würden damit zwar markiert, aber würden nicht in den Fehlerindex einfließen. Der Fehlerindex - viele erinnern sich jetzt - errechnet sich aus (Zahl der Fehler x 100) : Zahl der Wörter.

Meistens ist es so, dass es ab einem Fehlerindex von über 3 insgesamt 1 Punkt Abzug auf die Endnote gibt. Ab einem FI von 6 einen Abzug von 2 Punkten. Und häufig war es das auch schon.

Wenn ich Arbeiten korrigiere, komme ich nicht selten auf Fehlerindices im zweistelligen Bereich. Ja, auch in der Oberstufe an einem Gymnasium. In den meisten Klausuren hat mindestens ein Drittel der Schüler*innen Abzüge auf die Note. Und zwar nicht wegen "Luxuskram" wie Gendern. Sondern weil sie elementare Dinge wie Groß- und Kleinschreibung nicht beherrschen. Oder nicht in der Lage sind, nach einem Komma zwischen "das" und "dass" zu unterscheiden. In der letzten Zeit habe ich - auch in der Oberstufe - immer mehr Schüler*innen, die nur noch vereinzelt Punkte am Satzende setzen. Ob da jetzt jemand "richtig" oder "falsch" gendert, egal wie man das möchte, wird niemandem eine Note versauen. Das ist im Zweifelsfall einer von ungefähr zwanzig Fehlern pro Seite.

Ich kann angesichts der Debatte über Gendern in Schulen nur lachen. Es ist wirklich nicht so, als wäre das unser Hauptproblem oder als würden gerade Generationen von Kindern ihre Bildungschancen wegen ideologischer Debatten verlieren. Ich hatte hitzige Diskussionen mit Eltern, die es für unzumutbar hielten, dass ich von ihrem zwölfjährigen Sohn erwarte, dass er Substantive groß schreibt. (Am Gymnasium.)
Ich würde mich bei Korrekturen gerne mehr mit Gendern beschäftigen, aber so wie es momentan läuft, bin ich oft schon froh, wenn ich überhaupt verstehe, was in den Klausuren gemeint ist.
In Wirklichkeit bin ich Janna und podcaste hier ab und zu. Und in echt bin ich auch nicht so grün und flauschig wie auf dem Profilbild. Man kann mich auch auf Bluesky finden.
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von Rigolax »

Ironic Maiden hat geschrieben: 12. Apr 2023, 00:53 Als Deutschlehrerin fühle ich mich bemüßigt, hier mal ein paar Vorstellungen geradezurücken.
Na ja, es ist nicht solange her, dass ich Abitur gemacht habe. Das ist mir zumindest alles bewusst. ;)

Dass es für Zwölfjährige unzumutbar wäre, Substantive groß zu schreiben, denke ich nicht, ich denke aber schon, dass es nicht mehr zielführend ist, zu erwarten, dass Kinder wie frühere Generationen die "korrekte" Schreibweise erlernen bzw. zu den Zeitpunkten, wo das früher verlangt war. Das entspricht meines Erachtens nicht mehr deren legitimer Lebensrealität bedingt durch die fortgeschrittene Digitalisierung, es ist auch für sie legitim gefühlt nicht mehr so wichtig. So viel wie etwa in Chats kommuniziert wird, wo sich nicht daran gehalten wird -- das gab es früher nicht so; man schreibt weniger handschriftlich; viele lesen weniger, vor allem Literatur. Ich denke, "korrekte" Rechtschreibung ist ein Skill, der schlicht nicht mehr so gefragt ist und ein Stück weit sogar an Stellenwert verlieren sollte imho. Natürlich sind wir aber in der Situation, dass die Erwartungshaltung der älteren Generation nicht schnell genug mitkommt, also noch auf "korrekte" Schreibweise bestanden wird. Ich würde etwa Groß-/Kleinschreibung abschaffen bzw. optional machen, quasi dann wie im Englischen. Gibt allgemein viel wichtigere Fähigkeiten.
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Ironic Maiden
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von Ironic Maiden »

Rigolax hat geschrieben: 12. Apr 2023, 01:17 Ich denke, "korrekte" Rechtschreibung ist ein Skill, der schlicht nicht mehr so gefragt ist und ein Stück weit sogar an Stellenwert verlieren sollte imho. Natürlich sind wir aber in der Situation, dass die Erwartungshaltung der älteren Generation nicht schnell genug mitkommt, also noch auf "korrekte" Schreibweise bestanden wird. Ich würde etwa Groß-/Kleinschreibung abschaffen bzw. optional machen, quasi dann wie im Englischen. Gibt allgemein viel wichtigere Fähigkeiten.
von mir aus kann man das ja gerne so machen wenn das gesellschaftlich so gewünscht ist als lehrerin setze ich ja nur um was gesellschatlich so gefordert wird. und das meine ich auch völlig unironisch mein leben wäre viel leichter wenn ich nicht nachmittage mit seelenzersetzendem fehleranstreichen und fi ausrechnen verbringen müsste. finde es zwar estwas ironisch dass in einem forum wo schon noch wert auf rechtschreibung gelegt wird zu schreiben, aber von mir aus kann man das so machen das schreiben geht dann auch schneller.
In Wirklichkeit bin ich Janna und podcaste hier ab und zu. Und in echt bin ich auch nicht so grün und flauschig wie auf dem Profilbild. Man kann mich auch auf Bluesky finden.
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von Rigolax »

Ironic Maiden hat geschrieben: 12. Apr 2023, 01:30 von mir aus kann man das ja gerne so machen wenn das gesellschaftlich so gewünscht ist als lehrerin setze ich ja nur um was gesellschatlich so gefordert wird. und das meine ich auch völlig unironisch mein leben wäre viel leichter wenn ich nicht nachmittage mit seelenzersetzendem fehleranstreichen und fi ausrechnen verbringen müsste. finde es zwar estwas ironisch dass in einem forum wo schon noch wert auf rechtschreibung gelegt wird zu schreiben, aber von mir aus kann man das so machen das schreiben geht dann auch schneller.
jo ich meine die verständlichkeit leidet dadrunter nicht so sehr, es gibt selten ambige fälle, aber das die sind im grunde nicht die rede wert und die könnte man ja ausnahmsweise großschreiben oder es umformulieren. und die allermeisten der hier mitlesenden wissen vermutlich, wie man korrekt schreibt, wenn man muss, also besteht auch nicht eine große gefahr, dass sich quasi schlechtes wissen verbreitet, i guess. andererseits würde ich es nicht empfehlen, weil leute einen vermutlich oft nicht so ernst nehmen, wenn man so schreibt, und den podcastern hier würde es vermutlich auch nicht gefallen, wenn man immer so schreibt, weil das ein schlechts außenbild abgibt, auch gerade wenn man öfter postet. aber ansonsten wäre ich dabei!
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von Mauswanderer »

Rigolax hat geschrieben: 12. Apr 2023, 01:17 Ich würde etwa Groß-/Kleinschreibung abschaffen bzw. optional machen, quasi dann wie im Englischen. Gibt allgemein viel wichtigere Fähigkeiten.
Welche Fähigkeiten würden zukünftige Generationen denn gewinnen, wenn sie auf Groß-/Kleinschreibungsregeln (die es übrigens auch im Englischen gibt, dort sind sie auch nicht optional) verzichteten?
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von Yeto »

Zum Thema, wo darf nicht gegendert werden, auch im Schulkontext: Schulbücher. Diese müssen nämlich zugelassen werden und da es keine offizielle Vorgabe vom Rat für Rechtschreibung gibt, würden Schulbücher, die z.B. ein Gendesternchen verwenden, nicht zugelassen werden. Das ärgert vielleicht den ein oder die andere SchulbuchredakteurIn, aber eine große Aufregung habe ich bisher noch nicht darüber vernommen.
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Blaight
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von Blaight »

Jochen Gebauer hat geschrieben: 11. Apr 2023, 14:18
bluttrinker13 hat geschrieben: 11. Apr 2023, 13:19Absolut. Soll ja auch Gewissenhaftigkeit trainieren. Und später, wenn man selber forscht und bei den Journals einreichen will, gibt es ganze Manuale zu lesen. Nicht dass das Spaß macht, aber es gehört halt dazu. Bei uns kann man laut Prüfungsordnung auch eine Note tiefer geben, wenn Formalia nicht erfüllt sind.
Ich würde sagen, es kommt auf die Formalia an. Wenn sie einen wissenschaftlichen Zweck erfüllen (z.B. gute Überprüfbarkeit der verwendeten Quellen), dann gehört das zum wissenschaftlichen Arbeiten dazu, ja. Wenn sie keinen wissenschaftlichen Zweck erfüllen (mir wurde gerne gesagt, meine Formulierungen seien nicht wissenschaftlich genug, weil ich mich eher aufhängen würde, als mir sperrige Passivkonstruktionen anzugewöhnen), dagegen kann man sich imho auch legitimerweise wehren. Mir würde als Student ein "Zwangsgendern" auch nicht schmecken. Nicht, weil ich das Gendern an sich schlimm fände, sondern weil das für mich in die Rubrik "kein wissenschaftlicher Zweck, sondern politisch-gesellschaftlicher Zweck" fällt und damit schlicht jedem selbst überlassen sein sollte. Ebenso umgekehrt, wenn ein Prof oder ein Arbeitgeber Gendern verbieten wollte. Das steht denen imho schlicht nicht zu, weil es über das berechtigte Interesse an allgemeinen Sprachregelungen hinaus geht.

Das ist eben die Frage, was erfüllt einen wissenschaftlichen Zweck? Sind 1,5 Zeilenabstand, Arial Schriftgröße 12 tatsächlich sinnvoll? Ich finde nein. Ich habe alles immer mit LaTeX geschrieben und mir war Grauwert immer wichtiger als eine exakte Schriftgröße. Ein Dozent hat immer darauf bestanden, dass zwischen Zahl und Einheit eine Leerstelle gehört (genauer gesagt eine halbe, ein Spatium), also nicht 20cm sondern 20 cm. Das mag kleinlich erscheinen, aber ein konsistent formatiertes Schriftstück, ist für mich viel besser erfassbar als ohne diese Formalia.

Beim Gendern ärgert mich, dass mehrheitlich darüber diskutiert wird inwiefern das ein woker Zwang ist und weniger darüber diskutiert wird, inwieweit man mit dem Gendern tatsächlich Barrieren in unserer Wahrnehmung überwinden können, die uns das generische Maskulin aufbaut. Ich sehe das daher als Chance etablierte Glaubenssätze zu hinterfragen, auch wenn sie nur implizit sind.
Master_Studie_Anne
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von Master_Studie_Anne »

Hier nur mal eine kleine Auswahl mit schnellem Googeln, die aufzeigt, dass inklusive Sprache (nicht immer unbedingt klassisches Gendern á la Schüler*innen) viele Vorteile bringt und z.B. das generische Maskulinum manchmal einfach schwierig ist:

https://psycnet.apa.org/record/2015-14261-001
https://www.quarks.de/gesellschaft/psyc ... was-nicht/ (hier wird auch auf die erstgenannte Studie zurückgegriffen)
https://www.apa.org/ed/precollege/psn/2 ... d%20people.

Als Linguistin überrascht es mich immer noch, dass die Wirkung von inklusiver Sprache überhaupt noch hinterfragt wird. Dass es individuell unterschiedliche Meinungen zur Durchführung gibt, ist klar. Aber dass generell bezweifelt wird, dass das etwas bringt? Erstaunlich.
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Blaight
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Re: Feierabendbier: Nora Beyer

Beitrag von Blaight »

Master_Studie_Anne hat geschrieben: 12. Apr 2023, 11:46
Als Linguistin überrascht es mich immer noch, dass die Wirkung von inklusiver Sprache überhaupt noch hinterfragt wird. Dass es individuell unterschiedliche Meinungen zur Durchführung gibt, ist klar. Aber dass generell bezweifelt wird, dass das etwas bringt? Erstaunlich.

Mein Eindruck ist, dass das typisch ist für privilegierte Gruppen, die Ihre Privilegien nicht anerkennen können/wollen und dann beißreflexartig alle Änderungen am Status Quo ablehnen.
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