Das Fundament dieses Spiels ist wirklich klasse: das Fahrgefühl ist angenehm und lässt sich wunderbar auf der Couch genießen, die Grafik ist toll, die Fahrzeugauswahl (wenn auch keine neuen Autos dabei sind)…
Aber:
Die Mikrotransaktionen haben das Spiel, so wie es jetzt aufgebaut ist, zerstört. All die Positiven Dinge, die Sebastian erzählt hat, kann ich voll unterschreiben. Und man kann wirklich viel Spaß damit haben. Nur hätte es so viel besser sein können. Eigentlich „müssen“.
Hier ist Gran Turismo 7 ein Paradebeispiel für die Folgen extremer Monetarisierung. Ähnlich wie bei Diablo wäre es schön, wenn ihr hier etwas ausführlicher darauf eingehen könntet.
Jetzt wird es etwas ausufernd…
Früher war der Aufbau in einem Gran Turismo wie folgt:
Man kauft sich für wenig Geld ein günstiges Auto aus einer Auswahl von meist mehreren Gebrauchten. Wer sich auskannte, konnte sich hier schon einen Vorteil durch die Fahrzeugwahl schaffen.
Wer wollte, konnte auch einfach kein Auto kaufen und direkt mit den Lizenzen einsteigen, um dort eines zu gewinnen.
In der Karriere konnte man frei entscheiden, welche Rennen man fahren wollte. Die Rennen waren nach Lizenz-Klasse (und damit nach Schwierigkeit) sortiert. Solange man die richtige Lizenz und ein zum Rennen passendes Auto hatte, konnte es losgehen.
Somit war der Rennfortschritt von den eignen Fähigkeiten abhängig, und mit Wissen über die Fahrzeuge konnte man den Schwierigkeitsgrad praktisch individuell wählen.
Neben Preisgeld gab es am Ende der Rennen/Cups nahezu jedes mal ein Fahrzeug zu gewinnen. Meistens waren diese etwas ganz besonderes und oft auch nicht durch Geld zu erwerben.
Dadurch, dass man sie beliebig oft gewinnen konnte, haben sie beim Verkauf den Ingame-Geldbeutel gewaltig aufgefüllt. So hat man durch eigenes Können Geld verdient, das man in Fahrzeuge und Zubehör investieren konnte.
Heute sieht es leider anders aus:
Die ziemlich linearen Café-Menüs haben die freie Karriere vergangener Titel komplett abgelöst. Ich dachte anfangs, es sei ein großes Tutorial und dann kommt die Karriere. Sebastian hat ja schon angesprochen, dass diese Café-Menüs viele Aspekte des Spiels vorstellen.
Die Frechheit des Spiels ist, dass diese Café-Menüs, und somit das gesamte Single-Player Gameplay, komplett auf Mikrotransaktionen ausgelegt sind!
Es ist nicht dass Ziel, ein Rennen zu gewinnen, oder einen bestimmten Platz zu belegen. Ziel ist es meistens, bestimmte Autos zu besitzen. Man kann diese zwar gewinnen, aber eben auch einfach mit Ingame-Währung kaufen. Oder eben mit Echtgeld.
Dies führt zu der absurden Situation, dass man die meisten „Missionen“ der Karriere abschließen kann, ohne ein einzelnes Rennen zu fahren. Nur 12 der 39 Haupt-Menüs erfordern, dass man tatsächlich fährt (wenn ich richtig gezählt habe). Und auch die DLC-Extra-Menüs sind alle reine Sammel-Aufgaben, die man auch mit Echtgeld absolvieren kann.
Der Spaß soll aus dem Besitzen virtueller Güter kommen, nicht aus dem Fahren dieser (Gameplay).
Alle Belohnungen dieser Menüs kann man nur einmal gewinnen!
Nachdem man die Menübücher abgeschlossen hat, kann man also entweder endlos grinden (und einmal am Tag typischerweise 10 000 Cr. gewinnen), oder man kauft sich eines der teuren Autos für Echtgeld. Denn schließlich ist der „Besitz“ ja das tolle, nicht das Rennen-fahren.
Das macht bei 20 Millionen Cr. für z.B. einen McLaren F1 satte 200 Euro. Für ein Ingame-Fahrzeug!
Es gibt vier Rennen, die mit großem Abstand am meisten Credits/Spielstunde bieten. Hier gewinnt man in einer Stunde etwa 1,5 Millionen Credits. Das macht dann 13 Stunden Spielzeit für ein Auto.
Der Clou ist: die Fahrzeuge rotieren im legendary Shop und sind nur jeweils ein paar Tage zum Kauf verfügbar! Fear of Missing out, anyone? Besser jetzt mit Echtgeld kaufen, als ein halbes Jahr zu warten und das Auto dann vielleicht zu verpassen…
Und viele der Autos haben gar keine Rennen, bei denen sie eingesetzt werden können.
Früher hätte es den Ferrari 330P4, von dem Sebastian erzählt hat, als Belohnung für den Sieg des Ferrari-Cups gegeben. Als nicht käufliches, aber beliebig oft zu gewinnendes (und verkaufbares) Auto. Es wäre eine Belohnung für fahrerisches Können gewesen, nicht für stupides Grinding oder den dicken Geldbeutel.
Das ist der Unterschied von „alten“ Spielen und dem, was man heute meistens bekommt.
Und das ist traurig.
Also: vielen Dank fürs lesen und nochmal ganz besonders an Sebastian fürs Vorstellen und Dom, dass er mit auf diese Reise gegangen ist (obwohl sie ihm schon viel zu lang war
).Und an euch alle: Wie steht ihr zu solchen Veränderungen? Stören sie euch auch so, oder übertreibe ich, weil z.B. ich zu sehr in Nostalgie schwelge?
P.S.: Sebastian, wenn du an dem Punkt angekommen bist, an dem du alle Menüs abgeschlossen hast, wirst du auf zwei weitere Probleme im Spieldesign stoßen:
1. Die meisten Rennen starten mitten in einem eigentlichen Rennen. Der Führende ist ewig weit weg, und du musst auf Zeit fahren und dabei anderen Gegnern ausweichen, um den ersten am Ende überholen zu können. Das ist zwar eine gewisse Herausforderung, aber kein richtiges Rennen. Und nervt irgendwann gewaltig.
2. Viele Strecken haben aufgrund der Lage eine Landesbeschränkung: Wenn du in der Karriere mit einem europäischen Sportwagen auf z.B. Trial Mountain gegen amerikanische Fahrzeuge antreten willst, hast du Pech gehabt. Da hilft nur, ein eigenes Rennen gegen die KI zu veranstalten. Mit absolut mickriger Belohnung!
Das hat vom Konzentrationslevel fast schon etwas von Souls-Bossen. Okay, Dirt 2.0 wurde nicht umsonst schon Dark Souls auf Rädern genannt. 
Kann ich nachvollziehen. Spiele aber auch mit der Automatikschaltung wie Sebastian. Bekomme es am Controller nicht hin, fühlt sich ohne das Gefühl der Kupplung und das physische Feedback im richtigen Auto irgendwie verkehrt an. 
