Das ist vermutlich der schlechteste journalistische Beitrag, den ich jemals gesehen habe.
Man weiß gar nicht, wo man da anfangen soll.
1. Die ganzen Aufnahmen von Shelby sind aus den Interviews vom letzten Jahr recycelt. Also absolut nichts neues. Warum ist das überhaupt in der neuen "Doku"da drin? Wahrscheinlich nur, um zur Einstimmung nochmal durch die Blume den KO Tropfen Vorwurf zu droppen. Dass an dem KO Tropfen Vorwurf absolut nichts dran ist, sollte eigentlich jeder mittlerweile mitbekommen haben. Selbst "Vorwurf" ist ja eigentlich das falsche Wort, denn Shelby wirft ihm persönlich ja eigentlich gar nichts vor (zumindest nachdem sie zurück gerudert ist in ihrer Darstellung). Auch die Interviews mit anderen Frauen aus der Row 0 deuten in keinster Weise darauf hin, dass da jemals irgendwem KO Tropfen verabreicht wurden.
Ein besonderer Fokus von Shelbys Story, die ohnehin sehr viele Lücken und Widersprüche beinhaltete, lag ja auf den Shots, die TL auf der Preparty verteilt hat. Es wurde immer impliziert, dass da irgendwas drin gewesen wäre. Es gab da einen interessenten Podcast von der WELT. Dort wurde eine der anderen Frauen aus der Row 0 interviewt, die mit Shelby dort war. Eigentlich sollte das sozusagen Shelbys Story supporten.
Aber wenn man sich das mal auf diesen Aspekt konzentriert anhört, ergibt das halt überhaupt keinen Sinn. Dem Podcast nach wurden die Shots alle zusammen auf ein Tablet gestellt und dann ging TL herum. Die Dame im Podcast sagt sogar noch, dass sie den Shot einfach abgelehnt habe.
Dass da alle Shots mit KO Tropfen versetzt sind, kann man ja wohl ausschließen. Sonst wären ja pro Konzert 10-20 Frauen oder so davon betroffen gewesen. Wie will man jetzt also, wenn da 10 Shots oder so auf dem Tablett stehen, die Damen sich die Shots selbst nehmen bzw einfach ablehnen können, gezielt nur eine zuvor ausgewählte unter KO Tropfen setzen? Das ergibt einfach keinen Sinn, wenn man sich mal überlegt, wie das konkret und gezielt zuverlässig funktionieren soll auf diese Weise.
Ironischerweise wäre das Ganze ohne den KO Tropfen Part wahrscheinlich nie so durch die Decke gegangen. Und auch hier wird es jetzt wieder eingebracht. Es ist aber, nach allen Informationen, die man als außenstehender Betrachter so sammeln konnte, einfach Quatsch.
2. Die Story von "Cynthia" ist auch nicht neu. Die stand auch in zwei der großen Paywall Artikel letztes Jahr drin. Dort wurde auch erwähnt, dass sie wohl an Endometriose leidet, weshalb es "relativ normal" ist, dass sie nach dem GV blutet. Diese Info wird hier gekonnt unterschlagen, nur die Blutung wird erwähnt. Dadurch entsteht bei einem uninformierten Zuschauer der Eindruck, die Blutung hänge konkret mit der Härte des GV bzw mit dem Vorgehen von TL zusammen. Das ist einfach bösartiges Framing seitens der Journalisten an dieser Stelle.
3. Die "russische Musikmanagerin" ist einfach die Frau von Peter Tägtgren. Das wird natürlich mit keiner Silbe erwähnt.
Peter Tägtgren hatte zusammen mit TL das Projekt "Lindemann" gemacht. Er war für die komplette Musik zuständig, hat auch bei den "schlimmen" Musikvideos mitgemacht und war natürlich auch bei den Live Auftritten und Touren dabei. Im übrigen war er auch zusammen mit TL ui den Groupies in Unterwäsche in dem Disco Ball bei dem Konzert in Hannover, was ja auch nochmal extra hervorgehoben wird (also das Tragen der Unterwäsche).
Man hat also jetzt die Frau von diesem Mann sozusagen als "Kronzeugin". (Wobei sie ja wohl außer einer geschlossenen Umkleidekabine eigentlich irgendwas konkretes gar nicht gesehen hat). Und diese Frau sitzt jetzt da mit dem moralisch erhobenen Zeigefinger und fragt sich, "warum da eigentlich keiner was sagt?".
Ja Hmmm... Vielleicht sollte sie das erstmal ihren eigenen Mann fragen, warum da keiner was sagt? Und vielleicht hätten die Journalisten vom NDR ja sie auch mal dazu fragen können, wie ihr Mann da eigentlich verstrickt war als zweiter, gleichwertiger Partner des Lindemann Projekts? Da hätte man wenigstens mal was wirklich neues erfahren können aus dieser Doku. Aber anscheinend geht es hier nicht darum, generell den "Machtmissbrauch" und alle Beteiligten zu hinterfragen, sondern nur darum, TL persönlich fertig zu machen. Anders kann man sich das nicht erklären, dass ihr hier vollkommen unkritisch eine solche Bühne geboten wird.
Eine neutrale Quelle ist das jedenfalls nicht wirklich, zumal Tägtgren und Lindemann sich wohl im Streit getrennt haben. Also möglicherweise ist sie ohnehin nicht sonderlich gut auf TL zu sprechen.
Aber all das erfährt der uninformierte Zuschauer in dieser "Doku" nicht. Selbst im zugehörigen Tagesschau Podcast, wo es eigentlich um die Hintergründe der Recherche gehen sollte, wird diese Verstrickungen komplett unterschlagen. Im Gegenteil: Da wird wieder von einer "russischen Musikmanagerin" gesprochen, die für TL bei seinem "Solo Projekt" gearbeitet hat. Dass Lindemann ein Solo Projekt war, ist ja nicht nur gelogen, es wirkt noch wie eine zusätzliche Vertuschung davon, dass man gerade die Frau des zweiten Mannes des 50/50 Projektes interviewt hat.
Den Journalisten ist vermutlich selbst bewusst, wie lächerlich das wirkt, wenn ausgerechnet diese Person mit erhobenem Zeigefinger da sitzt. Da verschweigen wir das mal lieber. Anders kann man das echt nicht erklären, dass es selbst im zugehörigen Podcast null erwähnt wird.
Im Podcast wird sogar noch extra erwähnt, wie schwer es war ein Interview mit einer Russin zu bekommen wegen der Reisebeschränkungen nach Russland. Nunja, Peter Tägtgren ist Schwede. Ich gehe mal davon aus, dass sie eher die meiste Zeit bei ihm verbringt als umgekehrt (wobei das jetzt Spekulation ist meinerseits, aber die Instagram Postings deuten darauf zumindest hin).
4. Die Aufnehmen der "Rammstein" Aftershow Party stammen von einer gemeinsamen Tour mit mehreren Bands, unter anderem KoRn, wenn ich es richtig im Kopf habe. Das betrifft also wenn dann auch alle an der Tour beteiligten Bands und nicht nur Rammstein. Aber es geht wohl eben nicht um die Sache an sich, sondern um das fertig machen einzelner Akteure. Also wird auch das einfach unterschlagen.
5. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser "Doku" von u.a. Daniel Drepper kurz vor Veröffentlichung seines Buches.... Also das hat schon ein Geschmäckle. Zumal der inhaltliche Mehrwert quasi null ist. Die Hälfte war bereits bekannt und die andere Hälfte bringt keine neuen Erkenntnisse und ist journalistisch noch dazu extrem fragwürdig, indem man Informationen über Interviewpartner bewusst verschweigt.