Axel hat geschrieben:Dann hast Du Dpaß an Deiner Vorstellungskraft, nicht aber am eigentlichen Spiel.
Da würde mich interessieren, wie man Spaß an einem "eigentlichen Spiel" hat? Erfreut man sich am Tastendrücken? Liest man genüsslich den Quellcode?
Das, was letztlich Spaß bereitet, findet doch immer zu großen Teilen "in der Vorstellung des Spielers" statt, oder nicht? Auch liebevoll händisch gestaltete Spielumgebungen werden IMO erst durch die Vorstellungskraft des Spielenden zu einer "Welt", in der man sich aufhalten kann, oder richtiger einer Welt in der man sich "aufzuhalten vorstellt". "Eigentlich" sind diese lediglich - ja was eigentlich? Verschiedenfarbige Punkte auf einem Monitor und schwingende Lautsprechermembranen, die Schallwellen verursachen? Der o.g. Quellcode? Jedenfalls keine Welten.
Zu handgemacht vs. prozedural generiert hier noch ein paar Gedanken: Dass das Verfahren der prozeduralen Generierung des Universums in NMS für viele nicht aufzugehen scheint, ist unbestritten. Sicher gab es hier schon befriedigendere händisch designte Weltraumspiele. Das heißt aber nicht, dass der "handgemachte" Ansatz zwangsläufig der prozeduralen Generierung überlegen sein muss. Ich spiel kurz mal Advocatus Diaboli contra "handgemacht" und pro prozedural generiert:
Wenn ich in erster Linie Wert auf eine von Meisterhand gefertigte durchdachte "Weltraumerfahrung" lege, wäre es nur konsequent sämtliche interaktive Elemente herauszunehmen und mich ganz auf den Designer, oder den Künstler zu verlassen. Hier wären wir eher bei Büchern oder Filmen, mir fällt als erstes Kubricks "2001 - A Space Odyssey" als absolutes Meisterwerk in den Augen vieler Filmfans ein. Für mich persönlich kommt da kein Weltraumspiel dran, WENN ich mir als Ideal eine vom Urheber des Werks genauestens durchdachte und akribisch zusammengesetzte ästhetische Erfahrung erhoffe. Mein Umhergefliege in diversen Spacesims reichte nie an die Kameraarbeit in dem Film heran, der weitgehend von meinen Aktionen abhängige Spielverlauf war nie so perfekt vom Pacing her, von dem Grad in dem Bild und Ton aufeinander abgestimmt sind, will ich gar nicht erst anfangen... Nun wird man sicherlich zurecht einwenden, dass ein Spiel eben etwas anderes ist, als ein Film, aber mir klingt der Ruf nach der "starken Hand des Spieldesigners" ein wenig am Potenzial des Mediums Spiel vorbeigedacht.
Auf einer anderen Ebene wohnt der prozeduralen Generierung nämlich IMO ein Versprechen inne, dass sich in keinem anderen Medium so gut umsetzen lässt, wie in einem Spiel: Die Abbildung von Unendlichkeit. Und dies scheint mir konzeptuell adäquat für ein Weltraumspiel. Aber sowas von! Gerade bei Auf ein Bier wird ja immer mal wieder nach "besserer" Spielekritik gerufen, u.a. auch mit dem Verweis darauf, dass es bei Kritik nicht nur um Kaufberatung im Sinne einer Spielspaßbewertung geht, sondern um eine Kritik, wie sie auf andere Kunstformen angewandt wird. Und da ist die Stimmigkeit des Konzepts von großer Bedeutung. Und hier überzeugt die Idee hinter No Man's Sky: Die Erkundung der unendlichen Weiten des Alls spielerisch erfahrbar zu machen, indem eine Spielwelt geboten wird, die tatsächlich zu groß ist, um in einem Menschenleben erschlossen zu werden. Das Gefühl - um Star Trek zu zitieren - "to boldly go where no man has gone before" dadurch zu vermitteln, dass man - dank prozeduraler Generierung - tatsächlich Orte und Dinge zu Gesicht bekommt, die noch nie ein Mensch gesehen hat, die nicht der Fantasie eines Designers entsprungen sind, sondern, die man wirklich entdeckt. Als erster Mensch ever! Das ist konzeptuell betrachtet ein Wahnsinnsversprechen, das IMO kein anderes Medium derzeit auch nur ansatzweise tätigen geschweige denn einlösen KANN! Und NMS scheitert offenbar in der Umsetzung, aber ich glaube, dass viel von der Faszination, die den Hype ausgelöst hat, mit diesem Potenzial zusammenhängt. Und dieses Versprechen kann man eben noch viel weniger durch "schöne handgemachte Ausgangsplaneten" o.ä. einlösen - das ganze Konzept wäre damit futsch.
Und einerseits gab es im Fall von NMS natürlich zahllose Warnsignale hinsichtlich der Qualität und aus pragmatischer Sicht sind bei so einem Projekt Zweifel mehr als angebracht. Andererseits wird man ja wohl davon träumen dürfen, dass prozedurale Generierung 2016 Ergebnisse hervorbring, die deutlich mehr Spielspaß bringen als Daggerfall vor 20(!)Jahren (nebenbei ist in dem Fall die konzeptuelle Schlüssigkeit nicht in dem Maße gegeben, es geht hier ja meines Wissens um ein weitestgehend bewohntes und innerhalb der Spielwelt "bekanntes" Gebiet). Naja, in Sachen NMS hatten die Skeptiker anscheinend Recht (zumindest in den Augen der Mehrheit der Kritiker), aber ich hoffe weiter auf einen schönen prozedural generierten Weltraum in einem Spiel, den es zu erkunden lohnt!